Horrorvorstellungen = Zwangsgedanken?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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InaK

Horrorvorstellungen = Zwangsgedanken?

Beitrag von InaK »

Hallo ihr Lieben,

nun muß ich euch mal wieder eine Frage stellen, die mir schon länger keine Ruhe mehr läßt.

An "schlechten Tagen" habe ich öfter die Vorstellung, meiner Tochter etwas anzutun. Ich kann es garnicht beschreiben, so schrecklich finde ich diese Gedanken! Wenn ich sie abends ins Bett bringe und sie schreit, weil sie nicht schlafen möchte ... das macht mich wahnsinnig! Dennoch würde ich ihr NIE etwas antun! Außerdem muß ich dazu sagen, daß es mir momentan echt gut geht und ich meine Tochter (im Moment) mit ganz anderen Augen sehe! Manchmal kommt sogar ein Fünkchen Liebe durch. ;)

Auch wenn ich bisher oft das Gefühl hatte, daß sie mir egal ist (was sie natürlich nicht ist!), habe ich doch Angst, daß ihr etwas passiert und dann kommen die schrecklichsten Bilder vor meine Augen. Wenn sie z.B. mit meinem Sohn tobt, dann stelle ich mir vor, daß sie stürzen könnte und sich arg weh tut, daß sie verblutet usw. Dann bekomme ich echt Panik ... Aber diese Gedanken habe ich nicht nur bei ihr, sondern auch bei meinem Sohn. Dann passiert ein Unfall mit irgendeinem Kind, ich lese das in der Zeitung oder sehe es im Fernsehen und dann kommt das Bild, daß es sich dabei um meine Kinder handeln könnte. Vor ein paar Wochen war ich mit meinen Eltern und den Kindern im Tiergarten, auf dem Rückweg regnete es in Strömen und man sah so gut wie nichts mehr. Meine Kinder fuhren mit meinem Papa und ich fuhr mit meiner Mutter (als Beifahrer) und ich hatte echt Panik! Ich sah Bilder vor mir, daß das Auto von der Straße abkommt und dann sah ich meine toten Kinder .... Schrecklich!

Ich habe solche Gedanken öfter, aber ich kann sie nicht einordnen!?

Liebe Grüße, Ina
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Ina!

Also ich würde das schon als Zwangsgedanken einordnen. Ich habe/hatte das auch so in der Art. Natürlich macht man sich als Mama auch Sorgen um seine Kinder, grad wenn man was im Fernsehen sieht. Aber wenn diese Gedanken immer wieder kommen, ohne dass man sie beeinflussen kann bzw. nicht unterdrücken kann, sind das Zwangsgedanken. Du "musst sie zwanghaft" denken.

Auch dass "Angst haben, deiner Kleinen was an zu tun" sind solche Zwangsgedanken. Ganz typisch: von diesen bekommt man dann Angst und Panik! Kenne ich alles leider auch. ZG sind oft ein Symptom der PPD. Mich haben sie auch immer zur Verzweiflung gebracht und mich in richtige Panikattacken versetzt. Denn NIE im Leben könnte ich so was tun. Werden wir auch nicht! Diese Gedanken sind Ausdruck unserer Angst, aber sie kommen auch durch, weil der Serotonin Spiegel im Gehirn durcheinander geraten ist. Ein bestimmtes Hirnareal, kann dann solche "unnützen" Gedanken nicht mehr filtern und sie kommen durch. Das ganze ist hochkompliziert, aber auch interessant. Ich habe genau nachgelesen, was sich da abspielt, wenn man ZG hat.

Durch mein Medikament und meine Psychotherapie sind sie aber sehr viel besser geworden und oft habe ich tagelang nicht einen. Nur an schlechten Tagen kommen sie durch - wie bei dir. Ein Tip: Nicht versuchen sie zu unterdrücken, denn dann werden sie nur stärker. Lass sie kommen, denk sie zu Ende (ich weiß, das tut unglaublich weh) und lass sie wieder gehen. So werden sie immer weniger! Es braucht Zeit und viel Kraft, aber so kannst du sie besiegen! Es gibt auch ein gutes Buch dazu: "Der Kobold im Kopf" (gibts bei Amazon) da sind auch gute Tips zur Selbsthilfe enthalten!

Liebe Ina, das wird wieder. Du hast eh schon tolle Fortschritte gemacht!!! Wenn ich dir sonst noch helfen kann, lass es mich wissen!

Ganz liebe Grüße
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Petra

Re: Horrorvorstellungen = Zwangsgedanken?

Beitrag von Petra »

Hallo Ina,

ob es Zwangsgedanken sind oder andere Gewaltvorstellungen kann dir nur dein Therapeut sagen! Ich bin durch meine Therapie darauf gekommen dass ich sowohl ZG habe aber auch posttraumatische Erinnerungen die mit Gewalt gegen mich zu tun hatten. Meine ZG tauchen immer in Situationen auf die nicht gefährlich sind und in denen ich keine Wut oder ähnliche negative Stimmung gegen mein Kind habe. D.h. wenn ich Grund hätte genervt zu sein weil Nicolas nicht schlafen will kommt nie ein ZG, wenn ich aber mit ihm kuschle kommt ein ZG in dem ich mir denke dass ich verrückt werden könnte und ihm in dieser liebevollen Situation etwas antun will! Und genauso wie bei Marika folgt dann eine Panikattacke... Diese Ängste um die Kinder, dass ihnen etwas schreckliches passsiert hatte ich auch sehr stark! Ihnen folgten dann die Zwangsgedanken! Ich weiß jetzt nicht mehr ob du schon in Therapie bist, habe leider nicht soviel Zeit dass ich nachlese! Aber wenn du schon bist, dann sprich diese Ängste und Vorstellungen unbedingt an! Es kann dir sehr gut geholfen werden dass sich diese Ängste und Gedanken nicht zu sehr festsetzten!


Alles Liebe

Petra
Erika

Beitrag von Erika »

Hallo,
ich leide seit 3 Monaten unter ZG,weiss ganz genau wie das ist,oft habe ich mich gefühlt wie kurz vor der Tat.Seit ich Citalon nehme und zur Psychotherapie gehe ist viel besser geworden,ijetzt habe ich keine Angst dass ich was schreckliches tue sondern nur Angst von diesen gedanken.Wenn ich z.b Angst habe dass ich meine Tochter vom Balkon runter werfe dann gehe ich dort hin mit ihr und seehe dass gar nicht pasisert.Alles Gute!
Erika
InaK

Beitrag von InaK »

Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für eure Worte.

ich weiß selbst nicht was in dem Moment, wo ich solche Gedanken/Ängste habe, mit mir los ist. Denn es ist wie bei jedem anderen: Ich sollte mich doch freuen! Vorallem, da ich im Moment richtig gut mit meiner Tochter klar komme. Aber sobald dann irgendetwas nicht so läuft wie es "sollte" (sie kneift mich aus Versehen oder sie weint und bockt), dann denke ich wieder so negativ. Oder es ist so situationsbedingt, daß ich z.B. einfach auf dem Sofa liege und mich zudecke und sie sitzt neben mir und dann denke ich, ich könnte sie jetzt mit der Decke ... Schrecklich. Ich lenke mich dann ab, was wahrscheinlich falsch ist, so wie Du schreibst - Marika.

Petra, ich mache noch keine Therapie. Den nächsten Termin bei meiner Ärztin habe ich Anfang Dezember, bis dahin sind bei ihr keine Termine mehr frei, und dann werde ich sie mal wg. so einer Therapie fragen.

Das Schlimme ist, daß ich das alles so schlecht zuordnen kann - da es nicht richtig akut ist. Wenn ich lese wie schlecht es euch anderen Frauen geht, dann denke ich meine PPD ist zu harmlos um eine PPD sein zu "können". Mir ging es nie so richtig schlecht, daß ich garnichts mehr machen konnte. Ich habe "nur" diese negativen Gedanken und diese Gefühlskälte. Okay, in letzter Zeit habe ich vermehrt "ZG" und diese schlimme Angst, daß etwas passiert ... aber ich komme durch den Alltag.

Liebe Grüße, Ina

Liebe Grüße, Ina
Petra

Beitrag von Petra »

Liebe Ina,

bei mir war die PPD auch nie mit einer Depression verbunden, durch die ich nichts mehr machen konnte. Ich habe auch in meiner schlimmsten Phase immer Kinder, Haushalt und vieles andere gut bewältigen können. Ich habe auch "nur" ZG und Ängste.

Diese Situationsbezogenen Gedanken (dein Beispiel mit der Decke) kenne ich. Ich glaube dass man schon automatisch bei jeder Gelegenheit zwangsdenkt! Bei mir ist es oft so dass ich mich richtig kontrolliere ob ich bei einem bestimmten Gegenstand eh nicht schon wieder einen Zwangsgedanken hervorrufe.

Wenn du so einen Gedanken denkst, denke ihn zu Ende mit allen Konsequenzen die auf dich zukommen würden. (Beispiel: du erstickst dein Kind mit der Decke>>>was passiert mit deiner Tochter>>was passiert mit dir>>usw.) Das ist sehr schmerzhaft und brutal, ich weiß aber so kommst du auch ein Stückchen weiter WARUM du so denkst! Du wirst deine wirkliche Angst spüren und alles leichter zuordnen können! Der nächste Schritt bei ZG ist dann, zu versuchen die Gedanken ziehen zu lassen, also nicht mehr zu Ende denken, sondern sie wie viele andere Gedanken auch einfach vorbeiziehen zu lassen und ihnen keine Bedeutung schenken. Denn jeder Mensch hat negative Gedanken, nur wir reagieren mit Angst auf diese und so entwickelt sich der Zwang.
Mit der Zeit wirst du merken dass dich die ZG nicht mehr so stark belasten, sie dir nicht mehr soviel Angst machen, weil du weißt dass du nie deiner Tochter etwas antun würdest! Die ZG werden auch immer seltener und nicht in so heftiger Form kommen! Ich weiß, wenn man gerade mittendrin ist glaubt man sie hören nie wieder auf und das versetzt einem in Panik!
Mein Therapeut hat mit gesagt dass ZG auch immer etwas mit schlechtem Gewissen zu tun haben. Ich bin bei mir darauf gekommen dass das stimmt! Vielleicht ist es auch für dich ein Ansatz weiterzukommen?

Also liebe Ina, wenn dich wieder ein ZG plagt, denke ihn zu Ende! Er kann dir nichts anhaben, du hast die Macht über ihn!

LG Petra
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallöchen, ich nochmal!

Petra, du hast wie immer den Nagel auf den Kopf getroffen!!!!

Genau so ist es, liebe Ina! Du schaffst es, versuch es einfach mal. Und bei nächster Gelegenheit, wirklich deinen Arzt drauf ansprechen!

Ganz liebe Grüße an Euch!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Nora

Beitrag von Nora »

Hallo Ina,

ich habe zwar keine ZG, aber ich kenne das auch, daß sobald etwas nicht so gut läuft mit meinem Sohn, daß ich dann in eine negative Stimmung abrutsche. Das kommt daher, daß ich so gerne alles unter Kontrolle haben möchte, da mir das Sicherheit gibt. Aber mit einem Kind funktioniert das eben nicht mehr und letztlich kann man nie wirklich alles im Griff haben. Das ist so etwas, was ich langsam lerne und das ist manchmal nicht einfach.
Du schreibst: Das Schlimme ist, daß ich das alles so schlecht zuordnen kann - da es nicht richtig akut ist. Wenn ich lese wie schlecht es euch anderen Frauen geht, dann denke ich meine PPD ist zu harmlos um eine PPD sein zu "können".
Bitte bewerte Deine Situation nicht so. Das klingt so ein bißchen wie: ich darf mich nicht so anstellen, weil die anderen hat´s doch viel schlimmer erwischt. Das sehe ich nicht so. Jeder Mensch ist anders und jeder fühlt anders. Und für Dich ist das, was Du durchmachst sehr schlimm und Dir geht es nicht gut - und dazu hast Du alles Recht der Welt. Die PPD hat viele Formen und bei Dir sind ZG + Gefühlskälte am stärksten vertreten. Bei mir waren/sind es allgemeine Angstzustände, Panikattacken, Schlafstörungen, totale Teilnahmslosigkeit, Unfähigkeit zu Handeln und am Anfang die Gefühlskälte (vor allem gegenüber meinem Sohn).
Möchtest Du vielleicht nicht noch versuchen, bei einem anderen Arzt einen früheren Termin zu bekommen? Bis Dezember ist es echt noch lang. Überleg es Dir mal, ja?

Liebe Grüße
Nora
Petra

Beitrag von Petra »

Hallo!

Ich nochmal! Heute hab ich mal Zeit zu schreiben, das muß ich gleich ausnützen!

@Marika, dankeschön;)

@Ina, deine ZG könnten auch durch das schlechte Gewissen dass du deiner Tochter gegenüber hast, weil du deine Liebe zu ihr nicht so offen zeigen kannst, entstanden sein. Ich will jetzt nicht Hobbypsychologe spielen, aber dir helfen ein bißchen weiter zu kommen damit sich die Gedanken nicht so festsetzen! Ich kann dir nur sagen, dass du eine super Mama bist! Weil du weißt dass du an dir arbeiten mußt um deiner Tochter Liebe zu geben! Du bist wirklich auf dem richtigen Weg und es wird bergauf gehen! Diese negativen Gefühle und Gedanken werden sich umwandeln in Liebe, Zuneigung und Zärtlichkeit! Das mußt du dir immer wieder sagen!!! Nora hat recht, bis Dezember ist es noch lange und egal welche Form der PPD man durchmacht, es ist keine einfacher als die andere!


LG Petra
susi69

Beitrag von susi69 »

Hallo Ihr Lieben,
ich habe die gleichen Probleme wie Ihr auch. Es ist einfach besch.....

Aber ich muß dazu sagen, daß es schon wesentlich besser geworden ist, seitdem ich diese Sache langsam begreife. Aber trotzdem gibt es Tage, an denen es wieder ganz arg ist und man sich überhaupt nicht sicher ist, ob man gefährlich ist.

Ich habe auch versucht zu ergründen, wann es besonders schlimm ist. Wenn ich mit meinem Sohn kuschel oder wenn er nicht bei mir ist. Das ist immer so 50/50. Kann ich nicht so genau sagen. Aber gr4ößtenteils ist es so, daß ich Angst habe, mit ihm zusammen zu sein (vor allen Dingen allein). Da ist keiner dabei, der etwas verhindern könnte. Obwohl das großer Blödsinn ist, weil ich NIE etwas tun werde. Aber ich gebe mir große Mühe und deshalb sind die Gedanken schon etwas abgeschwächt. Ich habe auch Angst Gefühle zuzulassen. Ich unterdrücke sie einfach. Dabei geht es mir vielmals besser, wenn ich einfach mal losheule. Ist schon komisch.

Aber!!!!! Ich suche immer noch nach dem WARUM????

Was mich vielleicht ein Stückchen weiter gebracht hat, ist die Aussage von Petra- das schlechte Gewissen!!!!!!!

Ich bin seit Jahren selbständig, habe "zwischendurch" meinen süßen Sohn bekommen und ihn immer in den Hintergrund geschoben. Wollte oder wollte auch nicht Ende des Jahres die Selbständigkeit aufgeben (nun mache ich es - hurra!), um mehr für meine Familie da zu sein. Es ging gedanklich immer hin und her. Für und wieder, aber keine Entscheidung für das Eine oder Andere. Im Urlaub dann, Sohnematz war nicht mit, bekam ich eine schlimme Angststörung (Verlassensängste, Depression etc. - hängt noch ein bisschen aus meiner Kindheit an - bei uns gab es nur Todesfälle, bei denen ich schon mit 3 Jahren anwesend sein mußte; außerdem litt ich sehr unter Einsamkeit). Dann ging das mit den negativen Zwangsgedanken los. Und so weiter und so weiter.......


NUN, was meint Ihr. Trotz meiner Angststörung udn den negativen Zwangsgedanken möchte ich ein 2. Kind. Ist das verrückt?

Ich bin Einzelkind und wollte das "Martyrium - Einzelkind" meinem Sohn ersparen. Außerdem brauche ich Leben in der Bude.
Ich sage auch dazu, daß ich jetzt nicht die "Übermutter" bin. Habe immer mehr an mich selbst gedacht (karrieremäßig - nicht freizeitmäßig). Will immer ein Stückchen Unabhängigkeit.

Ich würde mich auf Eure Meinungen freuen. Das hilft sicher wieder ein Stückchen weiter.

LIebe Grüße
Eure Susi
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