Angst vorm Zusammenbruch oder Muss ich immer perfekt sein?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Antworten
dackel

Angst vorm Zusammenbruch oder Muss ich immer perfekt sein?

Beitrag von dackel »

Hallo Ihr Lieben!

Ich bin ja neu hier, meine Geschichte steht in der Vorstellungsrunde.

Bei mir ist es gerade wieder so, dass ich totale Angst vor einem Zusammenbruch habe. Ich wache schon morgens panisch auf und habe Angst vor dem Tag. Oft zittere ich am ganzen Körper.

Nun frage ich mich: Warum habe ich so eine Angst davor? Fast alle (gesunden) Mütter, die ich kenne, sind schon mal heulend zusammengebrochen. Der Unterschied ist nur: Diese bewerten solch eine Situation anders als ich. So nach dem Motto: Bin halt fertig, das passiert allen Müttern mal.

Ich hingegen denke: Oh Gott, jetzt ist es aus, jetzt musst du in die Klinik, es wird nie wieder besser, mein AD wirkt nicht mehr etc.

Ich möchte so nicht mehr denken!!! Ich möchte mir einen Zusammenbruch ERLAUBEN. Ich möchte frei sein, nicht mehr perfekt sein müssen, mich lieben und trösten können. So wie ich es bei meinem Kind tue.

Wie schaffe ich das??
Carolin

Beitrag von Carolin »

hey du,

ich weißwas du meinst.

aber glaube mir,du empfindest es nur als so schlimm. ich kenne viele die von stress hyperventilieren.

WIR, und das ist das problem, bewerten alles was mit uns passiert zu stark.

jeder mutter und auch jeder frau geht es mal so wie uns. nur weil sie es nicht täglich haben ist es für die nicht so schlimm.

gib dir zeit, setz dich nicht unter druck und gönn dir viel gutes und vor allem auszeiten.

ich weiß, leichter gesagt als getan, aber es muss sein. du bist wahrscheinlich auch eine perfektionistin. das macht es noch schlimmer. alles immer sauber haben wollen, jeden tag top fit sein, am besten noch vollzeit arbeiten gehen können usw.

das sind unrealistische gedanken.irgendwas kommt immer zu kurz wenn man so denkt.

ich habe auch noch nicht realisiert das ich nun 2 kinder habe, mein mann viel auswärts arbeiten ist usw.

du hast schon morgens diese panik weil du angst vor dem tag hast, stimmts?

wie geht es mir heute, was erwartet mich usw.das macht dich gedanklich fertig.
kann aber auch hormonell bedingt sein.schilddrüse, sexualhormone usw.

mir geht auch nichts schnell genug. ich habe den ganzen tag zeit,trotzdem meine ich alles husch husch machen zu müssen.so wie vorher. das geht mit kindern nicht.

und glaube mir, es gibt keine frau die das alles schafft.

das meint man, ist aber keineswegs realistisch.

ich habe z. b.eine freundin mit nem kind von einem jahr!
sie macht alles prima. dachte ich. bei der sieht das immer aus als würde sie den ganzen tag nichts tun. und jetzt weiß ich, es ist auch ein wenig so.sie macht sich nichts aus den dingen die mir wichtig sind.

ich habe dann auch noch so ein ausgeprägtes helfersyndrom. ich kann nicht nein sagen. egal wer was von mir will, ich steh parat.

setz dich bitte nicht unter druck, dann dauert es noch länger. du kennst dich natürlich nicht so,das ist ja das schlimme.

dafür dauert diese krankheit einfach zu lange.

unternimm alles was irgendwie machbar ist.

ein tip:besorg dir bitte mal eine cd über progressive muskelentspannung nach jacobsen.

wenn du aufstehst und direkt so zittrig und unruhig bist, dann legst du dich
auf sofa und legst die cd ein. versuch dich auf diese entspannungsmethode zu konzentrieren.

du wirst merken das du anschließend ruhiger bist. danach tief durchatmen und langsam den tag beginnen lassen. sollten dann wie bei mir gedanken kommen wie was mach ich jetzt als erstes und das und das muss ich auch noch machen und rufe stop!

das lernt man mit der zeit.

ich weiß, damit bekämpfst du die ursache leider nicht, aber die symptome sind irgendwann nicht mehr so schlimm.

was schießt dir denn in kopf wenn du so zittrig wirst?

lieben gruß, carolin
dackel

Beitrag von dackel »

Liebe Carolin!

Erstmal vielen Dank für deine liebe Antwort!

Wenn ich morgens aufwache fangen meine Gedanken sofort an zu kreisen: Werde ich den Tag ohne Angst überstehen? Was, wenn ich nicht alleine in der Whg. bleiben kann wegen der Panik? Kann ich mein Kind versorgen und mich ihm widmen? Kann ich den Termin überhaupt wahrnehmen, den ich gleich habe?

Puh, da muss man ja Panik kriegen... Die Muskelanspannung habe ich auch probiert, dafür bin ich aber noch zu ungeduldig. Ich fahre im Moment etwas besser mit Meditation.

Mir ging es auch schon einige Wochen besser, da hatte ich nicht diese Gedanken morgens und tagsüber. Und jetzt bin ich traurig weil es wieder da ist. Aber ich weiss ja, dass es Schwankungen gibt.

Habe jetzt auch mein AD etwas erhöht.

Liebe Grüße
Carolin

Beitrag von Carolin »

hast du organisch alles klären lassen?

schilddrüse,sexualormone usw?

ganz wichtig!

lieben gruß, carolin
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 10684
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Hallo Alex!

Alles was Carolin schon so toll geschrieben hat, kann ich total zu 100 % unterstützen.

Du hast du eh schon so toll selber die Antwort gegeben: Du erwartest zu viel von dir, erlaubst dir nicht die kleinste Schwäche, schon gar keine Angst oder Panik. Somit erhöhst du den Druck auf dich noch weiter - Ergebniss: Schon am Morgen sind Angst und Panik ganz stark. Ich kenne das auch noch sehr gut von mir, in der Anfangsphase der PPD. Das "Morgentief" war immer unglaublich schrecklich. Es ist auch typisch für depressive Erkrankungen, dass es einem am Morgen meist sehr schlecht geht, da der Serotoninspiegel über Nacht an seinen niedrigsten Stand gelangt. Im Laufe des Tages geht es dann meist besser.

Alle Enstpannungstechniken sind da super und haben mir sehr geholfen. Versuch sie wirklich so oft es geht zu machen. Wie du schon geschrieben hast, hat dich wohl eine dieser gemeinen Schwankungen eingeholt. Aber sie geht wieder vorbei!!! Vielleicht wären für dich auch alternativ die Bachblüten eine kleine Hilfe - z.B. die "Rescue Tropfen" (Notfalltropfen)? Du bekommst sie fix fertig gemischt in der Apotheke und kannst sie in akuten Angst-und Paniksituationen aller paar Minuten nehmen (immer 5 Tropfen direkt auf die Zunge), bis die Attacke abklingt.

Liebe Alex, sich vermeintliche "Schwächen" zu zugestehen, ist gerade für uns so schwer, da wir dann immer denken, wir sind Versagerinnen. Ich habe das aber gelernt, besonders auch durch meine Therapie. Es fängt ganz klein an... z.B. mal bewußt den Abwasch jetzt NICHT zu machen, sondern lieber ne halbe Stunde ausruhen und später wieder drann gehen. Oft haben wir dann so ein komisches drängendes Gefühl in uns, dass uns sagt... "ne, erst der Abwasch, dann vielleicht ausruhen..." Das muss man echt lernen und das ist viel schwerer als es klingt - aber es fängt wirklich im Kleinen an. Irgendwann hatte ich dann auch gelernt, mir zu "erlauben" genervt, gereizt und wütend zu sein, ohne dass ich mich als Versagerin gefühlt habe. Es ist ganz wichtig zu lernen, auch die "negativen" Emotionen und Regungen zu zu lassen, sie gehören genau so zu uns und haben die absolute Berechtigung in unserem Leben, wie das Positive in uns. Das hat mir meine Kinesiologin mit auf den Weg gegeben und dieser Satz hängt ganz groß bei uns am Kühlschrank... damit ich ihn immer wieder lese.... :wink:

P.S. Es gibt noch eine Bachblüten Essenz, die den Perfektionnismus mildern soll - und noch ein paar schreibe ich dir auf, dir mir spontan für dein Befinden einfallen (Bachblüten sind mein großes Hobby... :wink: ), vielleicht magst du dir ja mal so eine Mischung machen lassen:

- Rock Water (Quellwasser): mildert perfektionistisches Verhalten
- Star of Bethlehem (Doldiger Milchstern): tröstet bei akutem oder vergangenem Kummer (diese Essenz ist wirklich Balsam für die Seele)
- Withe Chestnut (Roßkastanie): hilft bei Zwangsgedanken, das Gedankenkarusell im Kopf zu stopen
- Mustard (Ackersenf): hilft depressive Stimmungen zu lindern
- Wild Rose (Heckenröschen): gibt Lebensfreude


So eine individuelle Mischung macht auch jede Apotheke und diese nimmt man dann regelmässig 5x5 Tropfen am Tag. Du kannst sie paralell zu deinem AD nehmen - es gibt keine Wechselwirkung. Mir haben Bachblüten immer sehr geholfen. Die Rescue Tropfen fände ich in deinem Fall sehr angebracht!

Weiterhin alles Gute und Kopf hoch, es wird wieder!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Astrid

Beitrag von Astrid »

Hallo Alex,

auch ich konnte mich morgens vor Angst kaum bewegen. Das Essen und Atmen fiel mir schwer. Einen dicken Stein hat man auf der Brust, und der Tag ist wie ein riesiger Berg vor einem.

Ich hatte meinen Tag sehr stark strukturiert, um überhaupt hindurch zu kommen. Allerdings war eine Abweichung von dieser Struktur dann für mich eine Katastrophe. Beispiel: ich bin jeden morgen wie eine Verrückte mit dem Kinderwagen geschoben, um die innere Unruhe/ Panik/ Angst, loszuwerden. Wenn es jetzt an einem Tag dann so sehr regnete, dass ich wußte ich kann mit dem Säugling nicht raus, wußte ich nicht was machen, bin in Tränen ausgebrochen und war fertig mit der Welt. Hatte Angst mit dem Kind und meinen gedanken alleine zu sein.

Dieses morgentief ist typisch für eine depression. ich kann Dir nur raten, versuche unter Leute zu gehen, auch wenn es dir noch so schwer fällt. ich weiss, man will sich am liebsten verkriechen, aber das ist echt gefährlich.

beim Perfektionismus kann ich nicht mitreden. Ich bin davon verschont geblieben. Aber denk dran es interessiert deine Besucher garantiert nicht, ob alle Wäsche gebügelt ist, oder ob Du heute schon alles erledigt hast, was Du dir vorgenommen hast. Mir hat es geholfen zu denken, ich habe heute zwar kein Marathon gelaufen, aber ein paar Schritte habe ich gemacht. Eine Depression saugt einem soviel Kraft ab, man läuft ja die ganze Zeit mit einem "Bleiband" rum. alles ist schwer und anstrengend. Du bist krank- also schone dich auch, sei lieb zu dir und achte auf dich, dass würdest Du bei einer "sichbaren" Erkrankung, wie einem Beinbruch oder selbst einer Grippe dir auch gestatten.

Glaube an die Heilung! Sie kommt! Halte durch...

astrid
dackel

Beitrag von dackel »

Ihr seid so lieb, vielen Dank!

Ich hab noch eine Frage zu den Bachblüten:

In welcher Zusammensetzung muss man die denn mischen lassen? Von allem gleich viel? Dann lasse ich das nämlich mal machen.

Ich hab mir heute morgen immer wieder gesagt: Ich erlaube mir, Angst zu haben! Dann wurde es auch etwas besser.

Ich kenne das ja auch schon von meiner Reha, die ich wegen meiner Angststörung mal gemacht habe.

Puh, manchmal ist es so schwer, sich nicht unter Druck zu setzen... Naja, das werden wir schon noch lernen. Schliesslich lohnt es sich...für unsere Kinder. Und uns!
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 10684
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Hallo,

ja, der Apotheker nimmt von jeder Essenz immer gleich viel für jede Mischung. Du brauchst nur zu sagen, welche Essenzen du in deiner Mischung haben möchtest und bekommst dann ein 30 ml Fläschchen mit dem fertigen Elexier.

Viel Glück wünscht dir
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
dackel

Beitrag von dackel »

Hallo Ihr Lieben!

Mir geht es jetzt schon einige Tage etwas besser. Habe mir die Bachblütenmischung von Marika machen lassen, habe mein AD auf 25 mg erhöht und nehme jetzt auch ein Schilddrüsenhormon ein wegen einer leichten Unterfunktion.

Aber das beste ist: Ich hab irgendwie das Gefühl, dass ich mir selbst geholfen habe. Ich habe mir Marikas Rat zu Herzen genommen und einfach die negativen Gefühle wie z. B. Angst versucht, zuzulassen. Morgen im Bett habe ich mir immer gesagt, ich darf ruhig Angst haben. Das hat geholfen. Ich habe zwar noch Angst aber nicht mehr so stark :-)

Mal gucken, wie es weitergeht :wink:

Liebe Grüße
Astrid

Beitrag von Astrid »

Hallo Alex,

schön zu hören. Drücke Dir ganz fest die Daumen, das es aufwärts geht.

Liebe Grüße

Astrid :-)
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 10684
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Hallo!

Auch ich freue mich sehr für dich, dass du dich besser fühlst.

Du hast auch wirklich ganz tolle Maßnahmen dafür gesetzt - du hast einfach alles richtig gemacht!!!

Ich halte dir fest die Daumen, dass es so weiter geht!

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Antworten