Psychologe fürs Kind?

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mama2006

Psychologe fürs Kind?

Beitrag von mama2006 »

Hallo,

es ist schwierig, hier im Forum so ein Problem in aller Kürze darzustellen, aber ich wollte einfach mal um Rat fragen.

Mein Sohn geht seit September letzten Jahres in einen städtischen Kindergarten. Seltsamerweise gab es von Anfang keine richtige Chemie zwischen der Leitung und mir bzw. meiner Familie (Oma und Opa). Ständig wurde an ihm rumkritisiert, er entwickle sich nicht, orientiere sich nur an den schlimmen Kindern, verwende Ausdrücke, nässt ein etc.

Das letzte Gespräch hierzu hatten wir vor einem halben Jahr. Ich muss dazu sagen, dass mein Sohn zu Hause seit fast einem Jahr sauber ist (auch nachts) und wirklich nur in die Hose macht, wenn er es im Spiel vergisst, aber eigentlich so gut wie gar nicht mehr. Ausdrücke dürfen bei uns zu Hause gar nicht verwendet werden und die Entwicklung sehen wir alle in der Familie eher positiv. Auffällig ist auch, dass er nach den Sommerferien (wo er 3 Wochen nicht hinging), offensichtlich sehr friedlich, sehr ausgeglichen und ruhig war und sich - u. a. auch sprachlich weiter entwickelt hatte. Das sagten uns sogar die Erzieher.

Jetzt, nach ein paar Wochen, kommen sie wieder auf mich zu und wollen ihn von einem Psychologen beobachten lassen!! Ich war erstmal total geschockt, mittlerweile bestehe ich sogar darauf, weil ich glaube, dass es möglicherweise sogar an der Einrichtung liegt. Es ist, als würden wir über zwei verschiedene Kinder sprechen. Natürlich hat er bei uns zu Hause auch mal seine Phasen, aber wir bewerten das nicht über und meist geht das dann auch wieder vorbei.

Wütend macht mich nur, dass man heutzutage immer gleich mit nem Therapeuten kommt und die Kinder nicht einfach Kinder sein lässt. Und bloss weil er vielleicht nicht ganz ins Raster passt?

Als Mutter macht man sich ja dann immer gleich Vorwürfe und plagt sich mit schlechtem Gewissen. Aber vielleicht liegts ja auch wirklich an denen.

Wie seht Ihr das?

Danke.
Geli
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Beitrag von Geli »

Hallo Mama2006,

bei unserem Sohn war es früher so, dass es genau umgekehrt war. Im Kiga war er unscheinbar, zurückgezogen und eher schüchtern und zuhause hat er aufgetrumpft. Wir waren auch total erstaunt, als sie uns das so sagten. Aber sie waren da sehr rücksichtsvoll und wir haben eingehend darüber gesprochen. Er war halt in Großgruppen zurückgezogen. Und je nach dem, welcher Freund bei ihm zuhause zu Besuch war, konnte man auch verschiedene Charaktere bei ihm beobachten. Er war sehr wechselhaft und man hatte immer das Gefühl, er hat kein eigenes Selbst.

Vielleicht ist dein Sohn im Kiga eher an denen orientiert, wo er meint, da wäre es lustig und da wäre er jemand, wenn er Ausdrücke benutzt usw. Kinder finden das ja dann immer komisch und lachen. Unser Sohn konnte das auch. Er hat da manchmal so den Pfeffi gemacht (je nach dem, wer zu Besuch war), dass er gar nicht gemerkt hat, wie die Erwachsenen das sehen. Er sah das aber wie sein Selbstwertgefühl bestätigt. Bei anderen Kindern wiederum brauchte er das nicht. Mit denen konnte er ganz toll spielen. Wir selbst sahen eigentlich auch eine normale Entwicklung.

Ich schreibe dir das mal so, dass du siehst, wie verschieden ein Kind sich geben kann. Auch heute in der Schule ist er ganz anders als z.B. allein mit uns, bei seinem Sport oder mit Freunden. Aber insgesamt hat er sich schon selbst besser gefunden. Er ist nicht mehr so sehr krass verschieden. Nur in der Schule. Da ist immer noch die Großgruppe und das ist ihm nichts.

Wir sind damals mit ihm nicht direkt zu einem Psychologen gegangen, sondern erst einmal zu einer Beratungsstelle des Kreises für Kinder, Jugendliche und Eltern. Das war auch kostenfrei und die Pädagogen dort haben sich sehr gut ausgekannt und uns einiges erklärt. Trotzdem sind wir später noch in die Kinderklinik (SPZ - Sozialpädiatrische Zentrum) zu einer speziellen Untersuchung von Kopf bis Fuß. ADHS usw. Das hat dazu geführt, dass festgestellt wurde, dass er eine Hörwahrnehmungsstörung hat. Also keinen Hörfehler, sondern eine Verarbeitungsstörung von Gehörtem zum Gehirn. Sie empfahlen uns ein Elterntraining und für unseren Sohn Motopädie.

Die Jugend-/Kinderberatung bot auch Psychomotorikkurse mit Warteliste an. So hat er dann vor 1 Jahr begonnen, diesen Kurs zu besuchen. Sehr toll finde ich. Kleine Gruppe, verständnisvolle Pädagogen usw. Diese Psychomotorik macht er heute noch.

Parallel haben wir aber Termine bei einem Osteopathen gemacht. Er hat damals mit 3 Behandlungen eigentlich nur seine Wahrnehmung bzw. seine Verarbeitung sehr verbessert. Die Osteopathen spüren ja mit ihren Fingerspitzen die Blockaden der Rückenmarksflüssigkeit zwischen den einzelnen Knochenplatten des Kopfes und Wirbeln auf. Auch der 1. Halswirbel saß nicht richtig. Durch ganz sanftes Stimulieren werden die Blockaden gelöst - wie Minimassage mit den Fingerspitzen. Die Behandlung hat sehr gut geholfen. Ab der Zeit kann ich sagen, ist bei ihm auch einiges, was wir so oft zu ihm gesagt haben, angekommen. Vorher war es manchmal so, als würde er es einfach nicht raffen.

Außerdem hat er noch von meinem Heilpraktiker, der sich u.a. auch mit Bachblüten beschäftigt, eine Mischung zusammengestellt bekommen.

Sein Verhalten wurde besser. Aber er ist schon eine empfindsame Seele. Man merkt ihm seine Gefühle sofort im Verhalten an. Jedes halbe Jahr gehen wir noch zum Osteopathen zur Mobilisierung. Wegen Wachstum sollte man das wohl dann öfter tun. Es tut ihm auch gut und er geht gerne hin. Wir hatten wirklich das Glück, dass die Erzieherinnen so einfühlsam waren und wir auch schon diese auffallende Verhalten (je nach dem) bemerkt hatten.

Beobachte noch einmal genau deinen Sohn. Frag auch mal andere Mütter in dem Kiga, wie sie die Erzieherinnen so sehen. Sie können ja auch nicht erwarten, dass alle Kinder folgsam nach deren Pfeife tanzen. Kinder sind doch kleine charaktervolle Persönchen. Und vielleicht ist es ja auch wirklich so, dass dein Sohn sich da nur nicht so folgsam verhält und etwas Unruhe hineinbringt, weil es ihnen nicht in den Kram passt. Erzählt dein Sohn schon mal, wie es war im Kiga? Ist er schon mal traurig oder besonders wütend? Wie ist er bei anderen (Großeltern, Freunden usw.)? Normalerweise werden Beobachtungsbögen ausgefüllt. Und nicht nur einer vom Kiga, sondern auch von Euch. Damit geht man dann zum Psychologen, SPZ o.ä.

Ich würde die ganze Sache mal noch beobachten und auch noch einmal ein vernünftiges Gespräch mit den Erzieherinnen suchen. Und evtl. gehst du auch erst einmal - wenn überhaupt - zu einer Beratungsstelle. Aber da müsstest du ja auch schon wirklich wissen, warum du kommst. Und wenn du schon so nichts auffälliges sonst an deinem Sohn bemerkst, sind es evtl. doch nur die Erzieherinnen. Wie ist denn da so die Stimmung? Was sagen andere Mütter? Berichte noch mal wieder, wie es weitergegangen ist.
Lieben Gruß von mir

* Auszeit als Ausgleich - fühlen, was tut mir gut *
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"Mögen gute Tage deinen Weg begleiten, freundliche Menschen dir begegnen, und die Sehnsucht führe dich zum Ziel."
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2014: Depression, Medikament Opipramol, seit 07/15: Escitalopram
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