Erster Termin bei der Psychotherapie

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Liebe Nina,

die Experten werden sich zu deinen Fragen ganz gewiss noch äußern, da bin ich sicher, aber ich versuche mal zu beschreiben, welches Verständnis ich von meiner Therapie habe.

Zuerst möchte ich dir aber sagen, dass ich es ganz toll finde, dass du wohl an eine Ärztin geraten bist, die sich deiner Probleme annimmt und dir hilft! Auch wenn sie wohl in erster Linie TP macht, heißt das aber noch lange nicht, dass sie dir keine Ratschläge in VT geben kann. War ja erst deine erste Sitzung. Meine Psych und ich mixen sozusagen. Bei mir gab es TP doch einiges aufzuarbeiten, aber in den ersten Sitzungen haben wir versucht Lösungen zu erarbeiten, wie ich meine akuten Probleme lösen kann. Meine Ängste und die Panik musste ich in den Griff bekommen. Ich habe TP erst mal dicht gemacht, weil ich akut die Angst bekämpfen wollte. Lernen, wie ich meine Gedanken wieder umpole. Nicht ausweichen, sondern ihnen sozusagen „Einen schönen guten Morgen wünschen, seid Ihr auch schon wieder da“. So in dieser Richtung. Ist ja nur ein einfaches Beispiel, aber mir half es oft. Und vieles mehr natürlich. Für mich gehörte das zur VT. Auch ganz normale Fragen „wie es mir heute gerade, gestern, etc. geht/erging“, was ich erlebt habe an Ängsten, brachten uns fast immer direkt auf Themen, die schon mal eine ganze Sitzung einnahmen. Hatte ich ein aktuelles Problem, dass mich beschäftigte, redeten wir darüber und erarbeiteten Strategien. Ich hab ihr auch mal gesagt, dass ich so was (was sie vorschlug) nicht kann, sie solle sich etwas anderes einfallen lassen. Grins. Da lachte sie und sagte, dass ich mich unterschätze. Ich könne mehr und so weiter. Sie lässt eben nicht locker. Solche Typen mag ich. Nicht drängen, aber anschubsen.

Erst als sich meine Ängste gelegt haben, hat sie versucht ganz langsam ins TP zu gehen. Aber langsam, weil es mir damals noch schwer fiel und ich oft anfing zu weinen.

Als wichtig empfinde ich aber zunächst den aktuellen Zustand zu bekämpfen. Einfach formuliert: was nützt es in der Vergangenheit zu graben, wenn es a.) vielleicht da nichts gibt und b.) wenn es notwendiger für den Patienten ist, sich zunächst seinen akuten Problemen wie Angst, Panik und ZG zu stellen. Natürlich gehört auch eine erste Anamnese dazu, was sie ja getan hat. Sie kennt dich ja noch nicht und kann daher nicht wissen, ob du vielleicht unterbewusst eine Sache aus der Vergangenheit aufarbeiten musst. Erst dann kann sie sich in weiteren Sitzungen darauf konzentrieren, mit dir gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, wie du dich zb deinen ZG stellen kannst. Was dir dann hilft,… das musst du selbst herausfinden, aus den Gesprächen sozusagen herausfiltern und das aktiv zu Hause auch ausprobieren. Hast du für zu Hause auch Bücher? Hier im Forum wurden viele genannt. Sehr gute Bücher mit sehr hilfreichen Ratschlägen, die man sich daheim selbst „anerziehen“ kann, wenn sie helfen.

Ich habe es in meinen einfachen Worten formuliert, weil mein Fachwissen nicht ausgereift ist. Jetzt kommen hoffentlich die Experten. Aber auch jede Therapie ist unterschiedlich. Einer muss etwas aufarbeiten, der andere braucht eine VT. Und diese unterscheiden sich auch immer, weil wir alle eben verschieden sind. Wenn es dir hilft, dann rede erst du und bestehe auch ruhig mal darauf auf einem Thema weiter zu „herumzubohren“, wenn du eine hilfreiche Lösung für dich noch nicht entdeckt hast. Weißt du, selbst über meine Art der Therapie könnten die einen oder anderen lächeln und sagen „was für ein Schmarn“, aber mir hilft es eben.

Habe ich jetzt Müll erzählt? Ach Kacke, ich bin den letzten Tagen wieder so was von unsicher. Das kenne ich gar nicht von mir.

Hey, kleine Nina, mache dir zu Beginn nicht so viele Gedanken über den Auslöser. Wenn dir das wichtig erscheint, na dann musst du es eben doch tun und es mir ihr besprechen, aber ich würde wirklich daran arbeiten, wie zunächst die kleinen Biester im Kopf besser in Griff zu kriegen sind und dann langsam darauf aufbauen.

GlG von einen sehr unsicheren, aber doch ganz fröhlichen AmoebeMS
Leuchtkäfer

Therapie

Beitrag von Leuchtkäfer »

Hi Nina,

das klingt doch ganz gut, was Du schreibst. Es ist so wichtig, daß die Chemie stimmt zwischen Dir und der Therapeutin.

Ich sehe das im Moment so wie Amoebe (das ist doch kein Quatsch, was Du schreibst!). Mir ist es wichtig, die vorhandenen Probleme praktisch in den Griff zu bekommen. Bei den Überlegungen, wie das klappen könnte kommen wir unweigerlich teilweise auf mögliche Ursachen zu sprechen und wollen uns darum auch noch kümmern.
Ich habe Zwangsgedanken, daß andere meine Gedanken lesen können und sehen, was für eine schlechte Mutter ich bin. Wir suchen dann sowohl gedanklich als auch im Verhalten Strategien, in dieser Situation mit den Gedanken umzugehen. Z.B. die Situation aushalten, nicht gleich wieder nach Hause gehen. Mir sagen, daß ich ja keine Gedanken lesen kann, warum sollen es die anderen dann können und so. Das versuche ich dann in der Woche anzuwenden.

Morgen mehr, hier kommt Besuch
Leuchtkäfer
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Nina!

Ich habe eine Kombi aus tiefenpsychologischer und Verhaltenstherapeutischer Therapie gemacht. Im tiefenpsychologischen Teil haben wir meine Vergangenheit - angefangen von der Kindheit an - angeschaut und ich konnte sehen und verstehen lernen, WIE meine zwanghafte, ängstliche Natur zustande gekommen ist. Es braucht mehrere Faktoren dazu - eine davon ist die genetische Anglage, dann kommen noch die Erlebnisse von frühester Kindheit dazu usw. usw. - es ist eine Folge von vielen verschiedenen Dingen, die zuletzt dann bei uns zur PPD bzw. zu den ZG geführt hat.

Im Verhaltenstherapeutischen Teil dann habe ich aktive Übungen gelernt, wie ich den ZG beikommen kann. Ich habe gelernt, sie auszuhalten und mußte auch richtig schriftliche Übungen machen zu Hause, die dann in der nächsten Sitzung gesprochen wurden.

In einer Verhaltenstherapie ist der Schwerpunkt ganz klar im "Hier und Jetzt" um aktiv gegen die ZG anzugehen - sprich sie zu "zähmen"... :wink:

Die Tiefenpsychologie sucht nach den URSACHEN, nach dem WARUM!!! Für ZG ist einmal gaaaaaaanz wichtig die Verhaltenstherpie um Strategien zu erlernen, die ZG wieder zu "verlernen". Aber auch der tiefenpsychologische Teil war für mich seeeehr wichtig um zu verstehen, warum ich überhaupt eine zwanghafte Persönlickeit habe.

Da mein Therapeut Psychiater mit therapeutischer Ausbildung ist (also eben auch SCHULMEDIZINER ist), hat er das ganze nicht so vom "spirituelen" Standpunkt - also das innere Kind, das noch nicht soweit ist und aus Eifersucht ZG entwickelt hat - gesehen. Die klassiche Verhaltenstherapie geht davon aus, dass ZG aus UNSICHEREIT, ANGST VOR KONTROLLVERLUST und ÜBERTRIEBENEM PERFEKTIONISMUS enstehen, was auch logisch ist. Auch im Buch von Lee Baer wirst du den Grund "Eifersucht" und "inneres Kind" nicht finden. Das ist die klassiche Verhaltenstherapie, die mir sehr, sehr,sehr geholfen hat.

Ich persönlich kann jetzt mit der Ausführung deiner Thera nicht sooo viel anfangen. So wie ich die ZG erlebt habe, was ich über sie erfahren und studiert habe... das alles spricht eindeutig GEGEN EIFERSUCHT. Und ich kann mir das bei dir nicht wirklich vorstellen. Aber du alleine entscheidest, ob du vertrauen hast zu ihr und ob du dich wohlfühlst.

Das spirituelle "innere Kind" ist mir zwar schon bekannt und durchaus auch überlegenswert - aber im Zusammenhang mit ZG erscheint es mir nicht wirklich die richtige Art zu sein, ihnen beizukommen.

Ach Nina, ich fürchte, ich habe dich jetzt verunsichert... hab ich sicher. Aber das ist meine ehrliche Meinung und Erfahrung mit ZG und den verschiedenen Therapieformen. In wirklich ernsthaften und neuesten Studien, Publikationen usw. kommen ZG NIE im Zusammenhang mit Eifersucht oder anderen negativen Emotionen gegenüber dem Baby vor. Im Gegenteil - die guten Eigenschaften, wie Fürsorge (übertriebene!) Angst und Angst vor Versagen dem Kind gegenüber stehen bei ZG im Vordergrund!

Also - ein klares NEIN von mir auf deine Frage, ob "die kleine eifersüchtige Nina" der Auslöser deiner ZG ist. Vom tiefenspychologischen Standpunkt aus ebenfalls ein klares NEIN!!! Die spirituell angehauchten Theras sehen das natürlich anders - aber ich kann diese Meinung nicht teilen, da meine Erfahrung eine andere ist und dein Inners anscheinend auch nicht befriedigt mit dieser Erklägung ist....oder???? Spiritualität mag ich zwar - aber nicht im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen und schon gar nicht im Zusammenhang mit ZG!

Was meinst du dazu?
Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
AmoebeMS

Nachtrag

Beitrag von AmoebeMS »

Ja, ich gebe zu, das Thema "Eifersucht" fiel mir ebenfalls auf, aber wir waren schließlich nicht in der Sitzung dabei und konnten nicht jedes gesagte Wort verfolgen. Vielleicht magst du, liebe Nina, mal berichten, ob das Thema Eifersucht von deiner Psych aus der Luft gegriffen kam und/oder ob es auch von dir thematisiert wurde.

Daher kann Marikas Ansicht nicht verunsichern, sondern ist eher eine berechtigte Frage.

LG AmoebeMS

P.S. LG an deine Mami!!! Hoffe es geht ihr gut. Sie kann gerne weiter hier mitmachen, sofern sie es mag und Zeit hat. Solche wie sie werden (und auch dich) werden gebraucht.
mici

Beitrag von mici »

Hallo Nina,

ich freue mich auf jeden Fall für Dich, dass Du eine Therapeutin gefunden hast, der Du Dich gerne anvertraust. Das ist, finde ich, für´s erste das wichtigste an diesem Tag! Darüber hinaus kann ich nur sagen, dass ich mich mit ZG überhaupt nicht auskenne, diese zum Glück auch nicht selber erlebt habe, dass ich aber finde, dass es nach der ersten Stunden noch ein bisschen früh ist, zu sagen, worin der Auslöser für die ZG besteht und welche Ursachen in der Kindheit zu suchen sind.
Was ich in meiner Therapie gelernt habe (4 Jahre Psychoanalyse) ist Geduld! Es braucht seine Zeit, bis eine Therapie Früchte trägt, bis sie Wahrheiten ans Licht bringt, bis sich die Dinge für Dich klären. Und ich habe auch gelernt, dass nicht alles in einem eindeutigen Kausalzusammenhang steht. Vonwegen schlechte Kindheit gehabt ergo ZG! Oder misshandelt worden ergo misshandelt man selber. Oder traumatisches Geburtserlebnis gehabt ergo PPD. Es ist alles ein großes Netz an miteinander verflochtenen Gefühlen, Erwartungen, Erfahrungen etc., die nicht alle in einem Ursache-Wirkung-Verhältnis miteinander stehen. Insofern würde ich Dir wünschen, dass Du das Verhältnis zu Deiner Therapeutin so für Dich gestalten kannst, dass Du dort gerne hingehen magst, dass Du Dich dort für einige Zeit aufgehoben fühlst, weil Du verstanden wirst und weil Du Stück für Stück Dich selber kennenlernst.
Ich fürchte, wenn Du höhere Erwartungen nach schnelleren problemlösungsorientierten Ergebnissen hast, könntest Du schnell enttäuscht werden.

Herzlichst,

MICI
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallöchen,

das ist gut - sprich die Thera einfach nochmal an, damit sie das mit der "Eifersucht" verständlich nochmal vermitteln kann.

Das allerwichtigste ist, das DU DICH WOHL FÜHLST bei ihr, ihr vertraust. Nur so kannst du dich öffnen und so wirst auch eine erfolgreiche Therapie haben. Es ist schon wichtig, zu erkennen, woher das ganz rührt, so lernt man sich besser kennen und findet schlußendlich auch den Schlüssel zur Genesung. Vor allem kann man im finden er Ursachen auch viele krankmachende Verhaltensmuster erkennen, die man sonst so gar nicht sehen würde. Die Verhaltenstherapie (das sind auch die Übungen im Buch von Lee Baer) helfen dann, die Strategien die man theoretisch auch im psychologischen Teil kennen gelernt hat - UMZUSETZEN. Aber da bist du bereits dran, grad auch mit dem "Kobold im Kopf"!

Ich habe mir jetzt vorgestellt gehabt, dass deine Therapeutin diese "Eifersucht des inneren Kindes" als DEN Auslöser der ZG und schlußendlich der Depression ansieht, was therapeutisch so nicht haltbar ist. Aber jetzt hast du es ja genauer erklärt und wirst sie eh nochmal fragen.

Liebe Nina, ich finde deine Einstellung, deine Arbeit an den ZG GOLDRICHTIG!!!! Und genau deshalb hast du bereits in dieser kurzen Zeit so große Fortschritte gemacht. Sagst du uns dann, was deine Thera gesagt hat zum Thema "Eifersucht"?

Ganz liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Leuchtkäfer

Beitrag von Leuchtkäfer »

Hey Nina,

das klingt doch sehr gut. Super, wie Du das gleich umsetzen konntest, was Ihr besprochen habt. Das ist doch toll, daß Du schon merkst, daß es was bringt.
Ich habe tatsächlich immer von Woche zu Woche so eine Arte Hausaufgabe, was ich wie gegen bestimmte Gedanken und Gefühle machen soll. Das ist gut, weil ich dann das Gefühl habe, aktiv was zu tun.

Also, weiterhin viel ERfolg, das wird, ich freue mich für Dich.

Grüße von Leuchtkäfer
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