Wenn nur noch das Hauen gegen die Wand hilft

Austausch alltäglicher Sorgen oder Freuden

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Deria

Wenn nur noch das Hauen gegen die Wand hilft

Beitrag von Deria »

Guten Tag aus dem hohen Norden,

ich melde mich mal mit einem Anliegen.

Ich bin von Natur aus ein Mensch, der Geduld erst lernen musste.
Ich ging in ein Geschäft und bat um ein Geduldsspiel - aber SOFORT!
Das bin ich.

Ich kann gut zuhören und Menschen, die ich sehr lieb habe, denen höre ich besonders gerne zu. Es gibt aber Menschen in meiner Umgebung, die tun so, als ob ich nur Ohren für sie habe.
Und dann knallt das immer, weil ich nicht früh genug sage: stopp!

Wie passiert das immer wieder? Ich spüre meine eigenen Grenzen so gut wie nie. Ich lasse alle drüber latschen und wundere mich hinterher nur:
warum geht es mir so schlecht?
Ich hatte eine Freundin, seit 5 Jahren, mit der ging ich regelmäßig schwimmen. Leidet wie ich an Depressionen und ist wie ich eine Über-Mutter (behandeln unsere Kinder wie Kleinkinder - manchmal).
Ich habe in den letzten Monaten soviel von ihr und ihrem Leben mitbekommen, sollte ich manche Monologe wortgetreu wiedergeben, ich könnte es.

Ich will doch aber "lieb" sein. Kennt ihr das auch?
Das ihr selber innerlich schon k*tzt und denkt: halt die Fr*sse! - immer noch lächelt und nickt und zustimmend "Ja, du hast Recht" und tröstest und in den Arm nimmst....
..und selber so bedrüftig seid?
Den Spieß nicht umdrehen, der Freundin auf den Schoß hopsen und sagen: tröste mich, halt mich fest, ich brauch das jetzt (mal ganz übertrieben dargestellt)...
Im Leben würde ich das nicht tun.

Und dann passiert, das nur noch ein Wort, eine Geste mich so dermaßen aus der Haut fahren läßt, das die Scherben in alle Welt verstreut sind und ich auch keinen Bock mehr habe, etwas zu kitten.
Dann platze ich vor Wut und Enttäuschung.
Denn im Gegensatz zu meiner Ex-Freundin, der ich mein Ohr lieh über Monate hinweg, hörte ich von ihr nie ein einziges: sag mal, wie geht es dir?!

Wie macht ihr das? Kriegt ihr die Kurve und benennt euer Befinden?
Einfach so drauf los oder fragt ihr nach, bei anderen, erzählt ihr "freiwillig" auch wenn der/die andere das nicht hören will...
Gibt es auch unter euch Menschen, die ihr verloren habt, weil das Gefühl ausgenutzt zu werden so gravierend stark wurde?

Wie halte ich Freundschaften? Es kommen dann immer meine Selbstzweifel hoch, das ich denke: ich bin aber auch echt ein Oberhonk.
Von mir will im Grunde kaum jemand etwas wissen.
Dabei würde ich auf die Frage: mensch, wie geht es dir denn? - antworten: "Och, geht so, und dir?"
Sich selber so unwichtig nehmen, so klein machen...

Und was hat das mit der Überschrift zu tun?
Ich bin grad völlig geladen, weil die drei Kinder nebenan, deren Wohnzimmer grenzt an mein Zimmer (wir haben alle drei hier ein eigenes Zimmer) und die haben - sage und schreibe - eineinhalb Stunden nur geschrien und geheult - und Mutti sagt nichts.

Da habe ich mit einem Buch gegen die Wand gehauen.
Ich bin ja die Geduld in Person, aber, mir wird grad vieles einfach zu viel.

Danke für's Lesen.
Lg
Deria
P.S. Feebie, du gehörst nicht dazu, das sage ich schon mal vorweg!
Feebie

Beitrag von Feebie »

Liebe Deria,

du kennst mich ja sehr gut, daher brauche ich hier nicht viel über mich zu schreiben.
Ich möchte nur soviel sagen, das ich auch schon das ein oder andere Mal das Gefühl hatte, ausgenutzt worden zu sein, oder auch nicht mehr von dem anderen wahrgenommen worden zu sein.
Und ich kenne es, das dann nur noch eine Kleinigkeit reicht, damit man den großen Schnitt macht, weil es einfach reicht.

Ich habe dann aber für mich festgestellt, das ich mich vor dem großen Supergau schon lange Stück für Stück von denen distanziert hatte. Plötzlich nimmt man wahr, das der andere nie nach einem fragt. Oder wenn man dann ungefragt von sich berichtet, man unterbrochen wird und das Thema ganz schnell wieder bei der anderen Person landet. So geht das dann Wochen oder Monate, und im Unterbewußtsein hat man immer wieder registriert, das man nicht wahr genommen wurde.

Ich denke, das macht es einem dann plötzlich "so einfach" den Schlußstrich zu ziehen. Eigentlich hat man sich schon vor Wochen von der Person "verabschiedet", wartet aber, bis es dann gar nicht mehr geht. Dann wundert man sich plötzlich über seine eigene Courage und vielleicht bezweifelt man dann auch mal seine Entscheidung, so wie du, aber im Endeffekt ist es ein langer Weg bis zum Bruch. Es war nicht die eine Kleinigkeit, die dafür gesorgt hat, sondern ein schleichender Prozess, bis einfach das Fass überlief.

Mach´ dir nicht so viele Gedanken. Du bist ein gaaanz lieber Mensch und warum deine Freundschaften nicht halten, das weiß ich leider nicht. Vermutlich bist du zu gutmütig und liebevoll und über kurz oder lang, nutzen das viele aus. Und du bemerkst dann irgendwann, das du dabei auf der Strecke bleibst.

Ich drück dich jedenfalls ganz doll und auf meinen Schoß darst du immer hüpfen.*drück*

Hab´ dich lieb´!
Feebie
Ylaina

Beitrag von Ylaina »

Also ich kenne das sehr gut, zu lange zu lieb sein. Ganz klar.

Gegenmaßnahmen habe ich durch zwei Sachen erreichen können: zum Einen durch meinen Klinikaufenthalt. Da gab's sowohl die Gruppengespräche, bei denen jeder immer am Anfang die Möglichkeit hatte zu sagen, wie es ihm geht. Und da habe ich gelernt nicht zu sagen: 'Jaja, danke, geht schon', sondern selbst wahrzunehemen, wie's wirklich geht. Ich bekam die Möglichkeit ( :!: ) im Gespräch bei mir zu bleiben, wie alle anderen auch.

Jeder hatte seine Zeit, jeder hat gesehen der andere bekommt Raum, für jeden war dieser Raum füllbar. Und so hab ich gelernt den Raum zu nutzen.

Zudem gab's Rollenspiele und dort wurde fast bei allen klar, die unter Depressionen litten, sie lassen sich zu lange zu viel gefallen, weil sie Angst haben ausfallend zu werden, wenn sie mal was sagen. Das war wirklich phänomenal, wir hatten alle das gleiche Problem ( egal, ob mit Mutter, Vater, Freundin...). Wenn man dann mal anders reagiert hat, hat man immer von der Gruppe gespiegelt bekommen man habe gar nicht so extrem reagiert, wie man befürchtete. Das war ebenso durch die Reihe so. Die Reflexion der Gruppe war immer: es war nicht zu heftig, es war verständlich und gut so.

Also das hat mir sehr sehr geholfen. Ich sage jetzt viel häufiger 'mir geht's nicht so gut'. Ich sage es häufiger auch auf diese 'Lapidarfragen', ich sage es auch, wenn ich das Gefühl habe gegen eine Mauer anreden zu müssen.
Aber auch noch nicht immer!! Das muss man üben. Ich hatte das Glück dazu auch Raum zu bekommen, das hat mir wirklich geholfen das Nachfühlen zu lernen und da ein wenig Routine reinzubekommen, wie es sich anfühlt bei sich zu bleiben.

Hör nicht auf es zu versuchen.

Dann gibt's noch eine andere Sache: ich habe nur drei Freundinnen und eine Bekannte. Eine davon kenne ich seit 12 Jahren und erst seit 2, 3 Jahren haben wir endlich als Freundinnen Vertrauen gefasst, weil wir beide sehr empfindsam sind. Wir mochten uns immer, so richtig richtig sind wir jetzt erst befreundet. Und bei ihr hab ich das Glück, wir dürfen beide immer alles sagen und es wird zugehört.
Die andere kenne ich seit ich 14 bin, die kann sehr liebevoll aber auch sehr einehmend sein, wir treffen uns selten.
Bei der anderen Freundin muss ich auch immer wieder kämpfen und sie ist mir auch nicht sooo nah, aber es ist in Ordnung.
Und bei der einen Bekannten war's letztens so, dass sie mir zu 'schwer' wurde und ich hab mich zurückgezogen. Damit lebe ich dann eben auch.

Ich hab eben nicht tausende Freundinnen, ich hab eben auch nur die eine wirklich. Bei der kann ich aber sein, wie ich bin und werde in meinen Gefühlen wirklich ernst genommen. Und da stecke ich viel rein, von dieser einen bekomme ich aber eben auch sehr viel zurück.
Vielleicht schütze ich mich so auch. Ich habe die eine gefunden, anderen öffne ich mich da nicht so und höre ihnen eben auch nicht so zu...und geb nicht so viel.
Sie wird natürlich auch die Patentante vom Baby. :wink:

Also, ich kenne das auch und denke zum Einen muss man das Einfordern üben, dann wird's aber auch leichter. Und anderseits ganz ehrlich ich denke ich hab halt auch hohe Ansprüche an Freundschaft, da kommen nicht viele mit... und ich akzeptiere das selbst und drücke es aber auch aus.


Soviel mal heute dazu...muss jetzt meine Telenovela anschauen gehen und wieder in's Bett zum Schonen... :wink:

Liebe Grüße
Verena
Leuchtkäfer

Beitrag von Leuchtkäfer »

Liebe Deria,

ich kenne das auch. Ich denke immer, ich bin als Freundin eh ungenügend und deswegen höre ich meist nur zu und sage selbst wenig (Persönliches). Bei Belanglosigkeiten bin ich eine Quasselstrippe.
Keine meiner Freundschaften ist bisher mit einem großen Knall zuende gegangen, sie ist immer irgendwie feide im Sand verlaufen.

Es ist so, wie Verena schreibt. Ich habe Angst, zu deutlich, kränkend wenig einfühlsam zu sein oder eigene Bedprfnisse zu haben, deswegen kritisiere ich meine Freunde nie. Das mßte ich aber mal, damit eine echte Beziehung entstehen könnte. Das merke ich jetzt, wo ich mehr oder weniger alleine da steh.

Ich will auch immer lieb sein und am liebsten von allen gemocht werde, weiß aber, daß das nicht geht. Ich mag ja auch nicht alle. Deswegen verbiege ich mich oft und nehme dinge hin, die mir nicht behagen.

Ich habe das schon öfter geschrieben. Ja, ich wünsche mir einen Menschen, der mich gazn fest in den Arm nimmt, bei dem es sich gut anfühlt und bei dem ich weinen und mich trösten lassen kann. Traue mich aber auch nicht.

Mir passiert es aber auch, daß mir Kontakte zu eng werden. Daß ich mich mit (früheren) Freunden am liebsten nicht merh treffen würde, weil ich mich mit ihnen unwohl fühle. Auch da gelingt es mir nicht mch abzugrenzen. Es gibt außer meinem Mann keine Person bei der ich mich traue, zu zeigen wie ich bin. Mit allen Ecken und Kanten. Ich sitze dann quasi immer neben mir und passe auf, daß ich mich angemessen verhalte.

Ich hoffe, daß mir die PPD hilft, das auch ein bißchen zu lernen.

Ich hoffe, der Roman kam nicht zu egoistisch rüber, sondern hilft Dir, ein bißchen einzuordnen, wie wir das machen.

Liebe Grüße von Leuchtkäfer


P.S. Wie hoch im Norden bist Du denn?
Hope

Beitrag von Hope »

Hallo

Ja ich leide mit dir mir geht es da nicht anders, da ich erst im okt 08 hier nach Ostfriesland gezogen bin habe ich keine freunde, eine familie haben wir kennengelernt und auch umziehn geholfen ein paar mal zum tee warnwer auch da und sie dann auch bei mir, aber das ist leider noch nicht so das ich sagen kann es ist meine freundin, ich habe eine die wohnt aber über 500km von mir weg, da ist es auch nicht so einfach. Aber die entäuschungen in meinem leben warren groß was die freuntschaft betrift, die eine war so krass die is nich mal zu meiner hochtzeit gekommen weil es dann mal nich um sie ging, neja und das ich ihr dann den kopf gewaschen habe und alles raus gelasen habe was mich in den 12 jahren freuntschaft so angekotz hatt , ja seit dem ise geschichte, ich war immer für sie da immer, neija und die andere sogenante beste freundin hatt mir damals meinen freund ausgespant und is nun mit dem verheiratet. Seit diesen vorfällen sage ich was ich denke, ich fall auch schon mal mit der tür is haus, aber etweder mann akzeptiert mich so wie ich bin oder mann läßt es halt, bei soner krankheit wie wir haben is es das beste immer raus damit was aufm herzel drückt^^ Ich drücke euch eifach alle mal weil ihr immer so lieb seit :-)

Lg Hope
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Hallo Deria,

ich musste gerade erst mal laut lachen als ich deinen Beitrag las. Sei mir bitte nicht böse deshalb, aber ich habe Phantasie und die setze ich gerne ein und stellte mir deine Lage vor. Ich muss immer noch grinsen.

Habe nach langer Zeit vorhin eine Freundin auf dem Spielplatz getroffen. Glaubst du, ich habe etwas von mir erzählt? Nein, es war ein einziger Monolog von ihrer Seite aus. Später traf ich eine andere Mutter. Da wollte ich dann etwas über das letzte Wochenende loswerden, doch ich hatte gar keine Chance!!! Wieder ein Monolog. Und wenn ich seinen Satz in meine Richtung schleuderte, dann wurde darauf nicht reagiert. War wohl bei dir ähnlich, oder?

Gerate ich eigentlich immer an die falschen „Typen“ von „Freundinnen“? Oder bin ich nicht selbstbewusst genug? Das Letzte bezweifle ich, um ehrlich zu sein. Aber ich bin nicht so Ich-bezogen wie wohl gaaaaaaaaaaanz ganz viele andere. Ich nehme und ich gebe. Und ich hoffe inständig, dass ich endlich mal an jemanden gerate, bei dem ich das Gefühl habe, dass alles im Gleichgewicht ist. Toi toi toi.

Wie halte ich Freundschaften? Das ist wirklich eine sehr gute Frage. Ich denke, dass die Seelenverwandtschaft einfach irgendwie vorhanden sein muss. Du wirst in manchen Situationen dann wütend. Kann ich verstehen! Aber hoffentlich doch erst nach (!) dem Gespräch, oder? Wütend auf wen eigentlich? Auf die Person oder auf dich selbst? Eigentlich kann man Gespräche ja lenken, oder? Im Härtefall sogar mal die Frage stellen: warum fragst du eigentlich nicht nach mir? Du, das habe ich mal gemacht. Das Ergebnis davon werde ich besser nicht preisgeben. Ist zu niederschmetternd. Aber es war damals sehr wichtig für mich!

Ich finde so etwas auch extrem schwierig, besonders bei Personen, die man wirklich gerne mag, die aber leider einem auch teilweise etwas „leid“ tun und man ihnen helfen möchte, obwohl man doch eigentlich will, dass einem selbst geholfen wird, gell? Nach einiger Zeit habe ich eigentlich immer gemerkt, wer mir auch zuhört und wer nicht. Bei den Personen, die nicht zuhörten, habe ich dann stets versucht sie nachzuäffen, d.h. wie du mir, so ich dir. Das kann ich echt gut. Aber auch nur wirklich dann, wenn ich im Alltag nicht allzu häufig mit ihnen konfrontiert werde und meine Jungs sich nicht auch noch ausgerechnet die Söhne und Töchter der betreffenden Personen als beste Freunde aussuchen. Kam schon mal vor. Ich leide immer noch. Hihi.

LG AmoebeMS

P.S. Ist dein Buch wenigstens noch heil geblieben??? :lol: :lol: :lol:
Ylaina

Beitrag von Ylaina »

Kurzer Nachtrag: ich denke übrigens, es ist ganz schön schwer echte Freunde zu finden.
Wo es ein Geben und Nehmen gibt.
Das wollte ich mit meinem Monolog vorher übrigens auch sagen. :lol:
Selbst bei der Frau, bei der ich mich so richtig wohllfühle und die ich schon lange sehr sehr gerne mag hat es 12 Jahre gedauert, bis wir beide soweit waren. Und sie ist eben die einzige, der ich so vertraue, mit der es wirklich 'funktioniert'.
Aber andererseits denke ich eben auch die Eine genügt vollkommen!
Alles andere sind auch Freundschaften oder Bekanntschaften, aber von denen lasse ich mich weder benutzen noch mach ich mich zu 'abhängig' von ihnen.
Und dann gibt es noch Euch... 8) :wink:

Schönen Abend :wink:
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Ja, Verena,

egal ob es 12 Jahre waren oder 30! Hauptsache eine ist da!
Das wünsche ich mir, das wünsche ich jedem!
Ylaina

Beitrag von Ylaina »

Da kann ich nur sagen: Amen ( ...im wörtlichen Sinne... 'so sei es')!
Deria

Beitrag von Deria »

Vielen Dank erst mal an euch, das ihr mir hier so aufmunternd geantwortet habe und als ich mich nochmal las, dachte ich: ja, das bin ich auch...ich kann auch in schlimmen Situationen noch etwas gewinnen..oder niemals verlieren, nämlich meinen Humor...

Was in meinen Beschreibungen noch fehlt, das ich mich sehr einsam fühle.
Mein Mann (ihr wißt ja, liebste Ehemann von Welt, grad heute kennen wir uns 25 Jahre) geht arbeiten, meine Tochter in der Ausbildung und nun kommt's, worum ihr Mütter mt kleinen Kindern lange noch träumt: ich habe den ganzen Tag Zeit! Das kann sich niemand vorstellen, wie langweilig das manchmal ist.

Aber, das ist es nicht, was mich so einsam fühlen läßt, sondern grad das Gefühl: wäre ich doch nett gewesen, dann wäre das nicht passiert.
Ich habe eine gute Freundin, mit der habe ich auch mal zusammen gewohnt. Die hält mir echt die Stange - und das schon seit 28 Jahren!
Da kann ich auch mal kiebig werden oder ihr etwas Unnettes ans Ohr kauen - die nimmt mir das nicht übel.
Oder meine Freundin aus USA, mit der ich mich seit 29 Jahre schreiben (Besuche sind eher selten), da ist Seelenverwandschaft, das stimmt.
Da kann ich dann auch mal hinweinen und mal sagen, das es mir nicht gut geht.
(Nur im Vertrauen, sie ist ja sehr gläubig und das ist oft ein kleiner Haken an der Freundschaft)...

Ja, ich finde es schwer, mir Raum zu nehmen und zu sagen: hey, hör mir bitte zu, mir geht es nicht gut. Ich meine, wenn ich z.B. jemanden anrufe und bitte, können wir uns sehen? Dann ist das ein Hilferuf. Und dann trifft man sich auch und - komisch - ich bin dann wieder diejenige, die leer und hungrig nach Hause geht.

Warum fällt es uns nur so schwer?
Meine Therapeutin, die ich so gerne mag, die all die Jahre auch sehr mütterlich zu mir war, ist die Einzige, die mir - gefragt - eine Umarmung gibt. So eine Umarmung, die mich trägt und hält und mir Kraft gibt.
Lassen wir andere nicht so sehr an uns heran? Sind wir distanzierter?
Vielleicht habe auch andere ihr Schwierigkeiten mit mir?
Vielleicht sagen die auch, ohhh, die Deria, die ist aber echt nicht auszuhalten.

Ich wünsche mir auch eine Freundin, mit der ich einfach nur mal blödeln kann. Es geht doch gar nicht immer darum, um unsere Probs zu kreisen.
Früher - ja, da bin ich z.B. mit einer Freundin zu C&A während unseres Weihnachtsbummels und haben Hüte aufgesetzt und uns total beömmelt.
Die Leute haben geguckt, aber, wir hatten SPASS!
Dieses Mädchen-Gekicher von damals, dieses "dumm Tüch" was wir so angestellt haben: ich bin da auch heute noch offen für....

Aber, nun mal noch so, was mich grad bedrückt.
Ich erlebe immer wieder, das Menschen sich von mir zurückziehen und auf anderer Ebenen mit anderen aber durchaus kommunizieren.
Beispiel: ich kenne jemanden aus einem Forum, wir haben uns auch schon zweimal besucht.
Im Moment geht es ihr nicht gut: nach drei SMS'n und 2 Mails von mir, in der ich fragte, was los sei und ob ich helfen könnte oder einfach "nur da sein"....schrieb sie kurze SMS, "Will nicht reden, bin sprachlos, geht mir nicht gut!"
Okay.
Akzeptiere ich ja. Das sie aber fröhlich in diesem Forum postet und dort ihr Qualen läßt (ich weiß das durch Zufall) bzw. dort auch fröhlich den "Sekt-Thread" nutzt....dann frage ich mich:
Wer bin ich für die?
Auch da platzt mir grad die Hutschnur und ich würde am liebsten...

Ich glaube, ich habe für mich erkannt, das ich oft Freundschaften (kann ich die so benennen?) cancel mit einem Schrecken! Wirklich. Das baut sich auf und dann knallt das.
Diese Ex-Freundin hat sich mal die Haare gefärbt, sollte blond sein, war aber eher blond-orange-grün...erst Monate später konnte ich sie wiede richtig anschauen, weil es so so so so so pottenhäßlich aussah, ich traute mich nicht, ihr das zu sagen.

Können Freundschaften "nur" funktionieren, wenn man ehrlich miteinander ist? Sind das die langen Freundschaften, die eben auch mal ein "ey, du siehst echt scheiße aus mit den Haaren, färb die bloß um" aushalten und die Bestand haben?
Ich glaube, das könnte hinkommen.

Lg
Deria
Feebie

Beitrag von Feebie »

Hallo Deria,

ja, ich glaube ganz sicher das Freundschaften ein "Oh gott, wie sehen denn deine Haare aus!" aushalten. Ehrlichkeit ist schon wichtig, aber das ist eine eigenen innere Einstellung, Ich sage Leuten, wenn mir etwas nicht an denen gefällt. Der äußere Eindruck ist doch auch wichtig und ich möchte die dann nur darauf aufmerksam machen, das was evtl. nicht stimmt. Ich meine das nett, daher erlaube ich es mir auch. Und ich selbst finde es auch nett, wenn mir jemand sagt, das ich da gerade mit einer vollgesapperten Schulter herumlaufe, weil mein Sohn mir irgendwann im Laufe des Tages seinen Keks da rein gekaut hat. In so einem Moment bin ich natürlich erstmal peinlich berührt, weil ich nicht weiß, wie lange ich schon damit rum laufe. Und dann denke ich an all die Personen, die mir im Laufe des Tages begegnet sind und die NICHTS gesagt haben. Das finde ich z.B. nicht nett.

Ich will damit sagen, das du aus Höflichkeit nichts zu den Haaren gesagt hast, aber vielleicht hätte sie es nett gefunden, wenn da mal jemand gesagt hätte: "Nee, das geht nicht, so kannst du nicht rumlaufen." So hat sie sich vielleicht jetzt monatelang gewundert, warum ihr keiner mehr ins Gesicht guckt. :wink:

Und deine "Freundin" aus dem Forum möchte dir vielleicht nur nicht zur Last fallen? Könnte doch sein das sie es gar nicht böse meint, sondern dich einfach schonen will. Dort können alle anderen ihr Engagement untereinander aufteilen und ihr helfen. Wenn sie dich anruft, weiß sie, das sie gerade ausschließlich dich damit belastet.
Ich poste ja hier auch mehr, als das ich dich anrufe. Einfach weil ich weiß, das du auch dein Päckchen zu tragen hast und nicht meines auch noch bei dir abladen will. Natürlich weiß ich das du absolut und vollkommen für mich da wärst, aber es reicht und hilft es zu wissen, ich muss es nicht noch ausnutzen.

Ich will damit nur sagen, das du vielleicht nicht so hart mit allen ins Gericht gehen sollst. Weder mit den anderen, noch mit DIR. Mir scheint, du bist momentan sehr sehr wütend. Auf was? Ich weiß es nicht!
Vielleicht wäre es hilfreich es heraus zu finden...

Wo genau sitzt der Dorn? Oder die Erbse die piesackt?

LG und knuddel und Umärmelung,
Feebie
Ylaina

Beitrag von Ylaina »

Mein erster Gedanke zu dieser einen Forums-Freundin von Dir: Dir hat sie die Wahrheit geschrieben, das andere ist der Versuch nicht unterzugehen in ihrer eigenen Sprachlosigkeit. (?!) Dann lieber belanglose Sektlaune. Vor den eigenen Gefühlen weglaufen, weißt doch wie es funktioniert?! :wink:

Ansonsten denk ich braucht es für eine Freundschaft sehr wohl die absolute Offenheit ja.
Aber ich glaube es braucht auch den Zufall (nennen wir es mal so), dass man auf irgendwelchen Ebenen gleich tickt.
Zum Beispiel was Glaube angeht. Da haben meine Freundin und ich auch sehr ähnliche, wenn nicht sogar gleiche Ansichten. Sowas trägt sehr zur Stabilität bei. Klar geht es auch ohne, aber die Freundschaft, die dann auch 'Austicker' verträgt, die wird in meinen Auen eben von sehr viel Ähnlichkeit getragen.

Und ich denke auch ich bin sehr wählerisch, wie ich ja schon schrieb. Also auch distanziert, auf jeden Fall. Wer meine Freundin sein will, der muss sich bewähren, ganz klar. Mich zu öffnen, davor kann ich viel Angst haben. Aus Angst zurückgewiesen zu werden oder mißverstanden. Und dazu bin ich zu sensibel und finde das total richtig so auch. Weil wenn, dann gebe ich als Freundin auch sehr viel. Deshalb darf ich auch ganz genau prüfen.
Anderseits traue ich mich wenig mich anderen zuzutrauen. Da geht es in meiner Therapie auch oft drum, ja. Zuzumuten. Bei dem, was in mir manchmal abgeht, was ich kaum aushalte, wieso sollte ich das anderen zumuten, die können ja weglaufen....Ja, auch diesen Mechanismus kenne ich sehr wohl.

Und das mit dem um die Probleme kreisen kenne ich auch. Da bin ich mit meiner Freundin aber auch wieder so auf einer Ebene, dass wir immer wieder versuchen mal nicht über Probleme zu reden, sondern was Schönes zu machen. :wink: Wir reden aber beide eben gerne viel und gerne und haben es eben auch oft nötig. Wir gehen aber auch mal Klamotten zusammen kaufen oder sitzen lachend am Essenstisch bei einem Tee.

Ich glaub echt, es ist wichtig sich den Raum zu nehmen seine Ansichten und Gefühle klar zu machen. Um zu sehen, wie sehr man mit Anderen 'gleichschwingt'. Um von dort aus eine Beziehung reifen lassen zu können in der dann alles Platz hat: Ehrlichkeit, Geborgenheit, Zickereien, Lachen und Weinen.
Und das Raum nehmen kann man jeden Tag üben.
Auch wenn man nur mal gegen eine Wand schlägt denk ich da grad so :wink: :wink:
Gast

Beitrag von Gast »

Hi Deria,

ich habe mich in Deinem Eingangsposting sehr wieder gefunden, mir ging es nicht nur in Freundschaften oft so, dass ich für alles herhalten musste, dass aber meine Probleme nie von Interesse waren. Irgendwann kam dann der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, und das war es dann. Ich habe mich auch schon von Kolleginnen ausgenutzt gefühlt, da ist es nicht so leicht, die Freundschaft ad acta zu legen, denn berufsmäßig muss man ja miteinander auskommen.

Bisher habe ich Dich hier im Forum als sehr hilfsbereite und sehr einfühlsame Frau erlebt, die anderen genau das sagen kann, was sie im Moment gerade brauchen. Das ist eine spezielle Gabe, es ist gut möglich, dass Du deshalb eben auch Menschen anziehst, die Dir selber vielleicht nicht gut tun. Generell komme ich persönlich immer öfter zu der Erkenntnis, dass es im Grunde nicht möglich ist, die Beziehungen zu Menschen, die mit uns oder mit denen wir in Kontakt treten, zu lenken. Wir haben das einfach nicht in der Hand, wie ein anderer Mensch nun reagieren wird.

Wenn ich an die Beziehungen denke, in denen ich alles gegeben habe und wo ich mich am Ende so missbraucht gefühlt habe, dann werde ich auch sehr traurig, aber wenn Menschen nicht in der Lage sind, zu geben, was ein anderer braucht, dann liegt das an denen und nicht an Dir. Du bist ganz bestimmt nicht so, bei Dir ist nichts falsch.

Lg
Angela
Deria

Beitrag von Deria »

Ihr Lieben,

nun bin ich grad mal gerührt...vielen Dank für eure Worte und auch die Rückmeldung bezgl. meines Wesens.
Ja, so bin ich und ich bin auch stolz darauf. Ich bin weder oberflächlich noch doof, noch kalt...ich verstelle mich nicht, wenn ich jemanden mag, mich jemand im Herzen berührt, dann bin ich da - mit Haut und Haaren.
Ich kann in einen Raum kommen mit 20 Leuten und ich erkenne sofort, wer schlechte Laune hat...muss allerdings dazu sagen, das ich die Gabe habe Auren (die Aura der Menschen) zu sehen.
Aber, das ist ja nicht der Punkt.

Ja, ich fühle mich ausgenutzt, wobei ich nicht einmal behaupten kann, das das absichtlich passiert. Es ist so, das ich meine Grenzen sehr, sehr spät spüre und dann ist das Fass schon voll.
So ist es aber auch, das ich Grenzen anderer kaum sehe und somit dann oftmals völlig unverständlich reagiere. Selbst meine kleine Schwester hat das schon erfahren müssen. Ich finde was ganz toll und sie sagt: halt, stop!

Obwohl ich mich niemandem aufdränge, weder belehrend noch zu mütterlich bin. (Hach, und ich möchte doch alle unter meine großen Flügel nehmen und behüten und beschützen...)

Nachdem ich mit Feebie noch telefoniert habe, stellten wir fest, das ich echt 100% agro bin und ich nicht fassen kann, worauf und warum.
Natürlich gibt es ganz viele Dinge, die mich so werden lassen, doch auch hier bin ich mein eigener Herr meiner Gedanken und baue mir jetzt ein Schutzschild.
Das ich mit Dingen abschließen muss/soll/kann/darf, das Dinge unwiderbringlich vorbei und nicht aufholbar sind.
Das wir nur dieses eine Leben haben und ich noch soviel tun möchte.
Hier sei gesagt, nicht nur für andere *g*

Nun gut, es hat mir geholfen, wie ihr damit umgeht, was euch in Freundschaften wichtig ist, wie ihr empfindet und ich werde mich selber einmal hinterfragen. Ich gebe schnell auf, wo ich merke, da nutzt nichts mehr - ich habe Herzblut "da-chrreiinnnn" (O-Ton mein kleiner Neffe)
getan und mein Herz ist dann leer.
Festzustellen, wo lohnt es sich zu kämpfen, zu klären.
Manche müssen eben gehen, sie begleiten uns eine Zeit, sind wichtig und doch hinterlassen ganz wenige nur tiefe Spuren in meinem Herzen.

Ich war heute mit einer Frau, dich ich während meiner Tagesklinik im April kennengelernt habe, frühstücken. Wir haben zwei Stunden lang gesabbelt. Ernst, lustig und ganz warm. Das wir uns verabschiedeten und dachte: ja, das machen wir mal wieder.
Das war schön. Mein Anspruch wird nicht sein: das ist jetzt meine neue Freundin, nein, aber, ich bin gespannt, wie es sich entwickelt.
Und ich halte mich zurück. Wo ich was Nettes, Hilfreiches zu sagen habe, sage ich es, mehr nicht.

Mal schauen, ob's klappt.

Deria
Antworten