Alles zu viel...

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

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Annee

Alles zu viel...

Beitrag von Annee »

hallo kann mir jemand sagen ob das mit einer Depression zu tun hat?
Folgendes. Ich bin am Ende, mir geht es schlecht. Ich weiß nicht wie ich die große Tochter aus dem Kindergarten abholen soll, ob ich das schaffe. Es ist alles so anstrengend. Die kleine (7 Monate) schläft gerade mal ihre halbe Stunde.
Ich bin zur Zeit unausstehlich und agressiv. Seit Ende September habe ich einen Infekt nach dem anderen und es wird nicht besser. Das war die letzten zwei Jahre zuvor auch so (immer von September bis März). Das ist doch kein Leben. . .
ich könnte nur noch heulen und quäle mich durch den Tag. Mein Mann hat auch keinerlei Verständnis und reagiert, in seiner Hilflosigkeit mir gegenüber mit Agression oder er lässt mich einfach links liegen oder behandelt mich schlecht. Dann entschuldigt er sich wieder... von Liebe keine Spur mehr.
Ich bin so traurig... und alleine.
Jetzt schreit die Kleine schon wieder, nie habe ich Zeit ...
Nora

Beitrag von Nora »

Hallo Annee,

es ist immer sehr schwer aus der Entfernung genau zu sagen, was das sein kann. Zunächst hört es sich für mich so an, als ob Du total erschöpft und überlastet bist. Was ich sehr gut verstehen kann. 2 Kinder sind ja auch echt eine Herausforderung und wenn da keine Untersützung vom Mann oder der Familie da ist, ist das doppelt schwer. Wie lange ist den Dein Zustand schon so? Hast Du vielleicht auch Zwangsgedanken, Panik und/oder Angstattacken? Wie stehst Du gefühlsmäßig zu einen Kindern? Es wäre durchaus denkbar, daß sich bei Dir eine PPD entwickelt hat. Aber das kann ich so nicht beurteilen. Auf jeden Fall solltest Du Dir Hilfe holen. Hast Du einen guten Hausarzt mit dem Du über Deine Situation sprechen kannst? Wie steht es mit Freunden oder der Verwandschaft? Kannst Du da Unterstützung erwarten?

Herzliche Grüße
Nora
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Uli W.
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Wohnort: Bayern (Fürstenfeldbruck)

Beitrag von Uli W. »

Liebe Annee!
Erstmal herzlich willkommen hier bei uns! Hier bist Du mit Deinen Problemen auf jeden Fall richtig und wenn Du ein bisschen mitgelesen hast, hast Du sicher schon festgestellt, dass Du absolut nicht damit alleine bist.
Was Du schreibst sieht auf jeden Fall nach einer Belastungsdepression aus: Alles wird zuviel, Du fühlst Dich ausgelaugt, bist traurig, müde und aggressiv. Eine PPD kann jederzeit im ersten Jahr nach der Geburt eines Kindes auftreten. Wie lange fühlst Du Dich schon so down?
Die gute Nachricht: Es kann Dir auf jeden Fall geholfen werden. Geh zu Deinem Hausarzt oder zu einem guten Homöopathen und schildere ihm mal Deine Symptome. Entweder hilft Dir bereits hochdosiertes Johanniskraut oder Du entscheidest Dich für eine Behandlung mit Antidepressiva. Dazu solltest Du aber zum Psychiater oder Neurologen gehen.
Homöopathisch ist auch sehr viel möglich, Deine Symptome erinnern mich sehr an meine eigene zeitweilige Befindlichkeit, alles deutet auf das typische Frauenmittel Sepia hin. Das sollte aber beim HP mit einer ausgedehnten Anamnese festgestellt werden.
Auch hormonelle Ursachen, die immer nach einer Geburt eine Rolle spielen könnten, sind denkbar (Progesteronmangel/Östrogendominanz). Dazu kann ich Dir die Seite www.hormonselbsthilfe.de empfehlen. Lass Dich auf keinen Fall mit künstlichen Hormonen wie in der Pille oder Hormonspirale enthalten, behandeln, das kann Deine Symptome noch verstärken.
Ansonsten solltest Du versuchen, Dein Umfeld ein bisschen einzuspannen. Hast Du die Möglichkeit, Dir von Familienmitgliedern, Freundinnen etc. helfen zu lassen ( Kinderbetreuung, KIGA-Fahrten, Behördengänge...) und Dir in dieser Zeit öfter selbst was Gutes zu tun ( ein bisschen Sport, lesen, entspannen...).
Vielleicht hast Du mal Lust, mir eine PN zu schicken, ich bin auch aus Bayern!
Jetzt hab ich Dir furchtbar viel geschrieben, hoffentlich wirds Dir nicht zuviel!
Ich wünsch Dir, dass Du so bald wie möglich gute Hilfe findest. Komm zu uns ins Forum wann immer Du willst!
Ganz ganz liebe Grüße von Uli
Annee

Danke ihr Lieben...

Beitrag von Annee »

für Eure Antworten...
doch leider ist das alles nicht so einfach. Hab mit Mühe und Not geschafft die Große aus dem KIGA zu holen. Bind Schweißgebadet.
Schweißgebadet bin ich schon den ganzen Tag.
Hab jetzt einen Grippialen Infekt müsste eigentlich im Bett liegen und habe leider keine Möglichkeit dazu, denn die Kinder fordern mich.
Meine Kinder tun mir auch Leid, denn ich bin doch dann sehr gereizt und eigentlich möchte ich ihnen so viel geben.
Mein Mann ist beruflich sehr eingespannt und wenn ich ihm sage, dass er nie da ist, rechnet er mir seine Arbeitszeiten vor... ich fühle mich von ihm einfach alleingelassen und unverstanden.
Vor einer Woche hatte ich Magen-Darm.. und zuvor und immer noch Dauer-Nasen-Nebenhölen-Entzündung, dieser ständige Druck im Kopf immer schlapp und kaputt und Schweißausbrüche, bin in Behandlung bei einer Heilpraktikerin, da ich die letzten zwei Jahre immer Antibiotika dafür bekommen hatte und dies langfristig auch keinen Erfolg gebracht hat.
Mit Freunden und sozialen Kontakten sieht es im Moment auch wieder mal schlecht aus, denn wenn es mir schlecht geht, ziehe ich mich zurück, denn da habe ich keine Kraft für andere. (Ich war früher immer eine die für alle da war, aber das kann ich zur Zeit einfach nicht mehr).
Ich schaffe doch gerade mal den Alttag.
Und wenn ich dann an meine äußersten Grenzen stoße und agressiv gegenüber meinem Mann werde (seine Aussage des öfteren: reiß dich doch ein bißchen zusammen! Wenn der wüßte wie ich mich täglich zusammenreiße und was das Kraft kostet) Wer so brüllen kann dem kann es nicht schlecht gehen, sagt er dann auch noch, und ich bin noch verzweifelter. Hört er denn nicht meine Hilferufe, ich kann nicht mehr.
Dann denke ich wieder, dass ich einfach nicht mehr da sein möchte, dann wäre das nicht mehr so anstrengend.
Aus meiner Familie würde das keiner verstehen, denn man schafft ja immer alles...
Habe mein Lebenlang (schon als Kind) meine Sorgen mit mir selbst ausgetragen und die Fasade aufrecht erhalten.

Liebe Grüße
Annee
Carlotta

Beitrag von Carlotta »

Hallo Annee,
also, wenn Du krank bist, gehörst Du eigentlich ins Bett, auch, wenn Dein Mann viel arbeiten muss. Kannst Du denn mal "normal" mit ihm reden, ich meine, er muss doch sehen, dass es Dir nicht gut geht? Natürlich kannst Du in solchen Situationen weder für Deine Kinder noch Freunde da sein, so wie Du es beschreibst, kannst Du Dich ja gerade mal durch den Tag schleppen. Hast Du Deine Familie, Mutter etc in der Nähe? Auch, wenn es schwer fällt, ihnen zu sagen, dass es Dir nicht gut geht, einen Versuch ist es wert. Vor allem, wenn Du dadurch ein bisschen entlastet bist. Und wenn es geht, versuche doch noch mal, mit Deinem Mann zu reden, ganz sachlich, beschreibe, wie es Dir geht und das es mit so Sprüchen vom Zusammenreissen nicht getan ist. Melde Dich wieder, ja? Liebe Grüße Charlotte
meiki

Beitrag von meiki »

Liebe Annee!
Kann mich etwas wiederfinden in deinen Zeilen.Keine Oma oder ähnliches, die die Kinder mal stundenweise nehmen, kaum soziale Kontake, wenns mir schlecht geht - auch den Spruch kenn ich: du bist noch lange nicht an deinen Grenzen, wenn du dich so aufführen kannst.
Trotzdem: Rede immer wieder mit deinem Mann, erkläre ihm deinen Zustand (auch zum hundertsten mal) und vor allem: versuche, dich selber anzunehmen, wie du (momentan)bist!! D.h. nimm dir Hilfe, fordere sie ein (auch wenn es anfangs irrsinnig viel Kraft kostet, aber es zahlt sich aus); mein Tipp ist immer: ein Babysitter, den man bezahlt(schützt vor weiteren Verpflichtungen) und der dir die Kinder ab und zu mal abnehmen kann; und wenn er nur für 1 Stunde mit den Kids rausgeht oder so was. Hilft dir das?
Liebe Grüße
Meiki
Christina

Beitrag von Christina »

Liebe Annee,
du hast jetzt schon einige Antworten auf deinen Beitrag bekommen aber ich möchte dir trotzdem auch noch gerne meine Meinung dazu schreiben. Sowie es sich für mich darstellt hast du schon eine Depression. Ich bin jetzt kein Fachmann aber das was du beschreibst klingt danach. Ich kann das gut beurteilen da ich die allergleichen Symptome hatte wie du sie hast als ich noch "drin" steckte. Anscheindend hast du sie auch schon eine Weile verschleppt da dein Körper schon Reaktionen zeigt. Die körperlichen Symptome wie deine ständigen Infekte usw. sind ein Wahrsignal die dir deine Seele aufzeigt. Da du die Signale deiner Signale nicht wahrgenommen hast will sie dir nun so zeigen das du dir dringend Hilfe suchen sollst. Nimm sie ernst und lass dir helfen. Du schreibst du bist schon in Behandlung bei einer Heilpraktikerin. Das ist ja schon mal sehr gut. Weiss die auch von deinen seelischen Nöten? Wenn nicht solltest du unbedingt mit ihr darüber reden. Deine Seele wird mit sehr vielem nicht alleine fertig und braucht dringend Hilfe. Ich bin auch schon seit langem in Behandlung bei meiner Heilpraktikerin. Sie ist ausgebildet in klassischer Homöopathie, Kinesiologie, systemischer Beratung und noch ein paar andere Dinge. Wenn deine HP auch so hervoragend ausgebildet ist bist du ja in sehr guten Händen, wenn nicht solltest du vieleicht noch nach einer anderen umgucken die auch so eine Ausbildung hat. Die können viel mehr die Seele heilen und sind bei unseren Krankheiten besser geeignet als HP´s die "nur" eine klassische Ausbildung haben.

Wir alle hier verstehen dich sehr gut und sind dementsprechend besorgt und dich und deine Gesundheit. Also komme gerne wieder und berichte wie es dir ergangen ist.

Alles Gute
Lg
Chris
Nora

Beitrag von Nora »

Guten Morgen, liebe Annee,

ich war früher auch so eine, die immer alles alleine mit sich ausgemacht hat, jedes Problem selbst gelöst hat und für andere immer da war. Bis ich an der PPD erkrankt bin. Da konnte ich nicht mehr. Es ist mir sehr schwer gefallen, mir selbst einzugestehen, daß ich es nicht alleine schaffe und noch viel schwerer war es für mich, andere um Hilfe zu bitten. Ich dachte, die lehnen mich jetzt ab, halten mich für einen Versager, etc.... Aber heute bin ich so froh, daß ich um Unterstützung gebeten habe und ich habe auch die Erfahrugn gemacht, daß einige sogar ganz positiv darauf reagiert haben und hatte das Gefühl, die freuen sich richtig, jetzt mal für mich da sein zu können.
Ganz wichtig ist es jetzt, daß Du Dir Hilfe holst - und zwar von mehreren Seiten. Es gibt die Möglichkeit, über die Krankenkasse eine Haushaltshilfe zu beantragen. Ich hatte das auch und mir hat das sehr geholfen. Dafür mußt Du zu einem Arzt gehen - am besten zu einem Psychologen/Psychotherapeuten, der sich mit PPD auskennt. Der kann dann ein medizinsichen Gutachten für die KK erstellen und die Notwendigkeit klarmachen. Wenn du da Fragen zur Abwicklung hast, kannst Du mich gerne ansprechen - ich kenn den Formularkram. Außerdem hat er die Möglichkeit, Dir eine Therapie anzubieten und auch Medikamente zu verschreiben. Ganz wichtig ist auch, daß Du Deine Familie - speziell Deinen Mann - mit einbeziehst. Hab keine Angst davor. Es wird Dir besser gehen und Du kommst da raus. Nur alleine und ohne Hilfe wirst Du es wahrscheinlich nicht schaffen. Ich habe auch keine Familie in der Nähe, die mir hätte helfen können, also habe ich die Hilfe von Ärzten angenommen und bin sehr froh darüber. Hab keine Scheu und sei nicht zu stolz anderen zu sagen, wie schlecht es Dir geht. Du mußt nicht "durchhalten" und schon gar nicht die Fassade aufrechterhalten. Das hast Du viel zu lange getan. Ich weiß nicht, wo Du lebst, aber hier auf der Website gibt es Adressen von Ärzten, die Dir helfen können. Schau mal, ob da nicht jemand in Deiner Nähe ist.
Auf Deinem Weg unterstützen wir Dich hier alle sehr gerne! Also nur Mut und frag uns, was immer Dir auf dem Herzen liegt.

Ganz herzliche Grüße
Nora
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