ich möchte mich vorstellen und erzähle euch im folgenden meine geschichte.
kurz über mich
meine name ist nadine. ich bin diplom-sozialpädagogin in elternzeit. ich habe im mai letzten jahres meine wunderschöne tochter emily bekommen.
Die schwangerschaft mit meiner tochter emily,war ein furchtbarer graus für mich. 16 wochen lang war mir übel und ich konnte nicht aufstehen, so ausgehebelt hat mich das ganze.
nach 16 wochen endete zwar die übelkeit, aber es wurde noch schlimmer. ich wurde dicker und dicker (den grund dafür fand ich erst viel später heraus)und wurde von meinem umfeld geärgert und gehänselt, weil ich so dick wurde. insgesamt nahm ich mehr als 30 kg zu und konnte nichts dagegen tun. ich ging jeden tag 10 km walken und schwimmen, aß sehr bewusst, aber der zähler der waage stieg noch weiter. zur entbindung hatte ich 92kg! für mich war das schlimm, das schlimmste was mir passieren konnte. ich lebte in einem für mich völlig entstellten körper gefangen (so empfand ich das). ich hoffte und betete das ich das gewicht wieder los werden würde.
emily war ein sternengucker-kind. sie hat gesessen. die ganze schwangerschaft, trug ich sie ganz nah an meinem herzen (das hatte meine hebamme mal gesagt, das fand ich so schön). ich sollte einen kaiserschnitt bekommen. am 08.05. sollte meine tochter geplant zur welt kommen, jedoch hatte die kleine maus anderes vor, sie wollte in dieser nacht um 2 plötzlich auf die welt. ich bekam wehen, musste mit dem RW ins krankenhaus gefahren werden.
dort bekam ich einen wehenhemmer, weil die ärzte mich erst am morgen operieren wollten. 10 stunden lang bekam ich sehr hoch dosierten wehen-hemmer und war mir selbst überlassen. ich erlebte die entbindung als den absoluten horrortrip und dieser krönte meine horrorschwangerschaft.
die entbindung war für mich nichts schönes, eher ein zur-schlachtbank-geführt-werden. Ich hatte die schlimmste angst meines lebens, vor all dem, und ich fühlte mich so allein und einsam. es war grauenhaft. nach der entbindung war niemand da, außer meinem mann und der war die ganze zeit total distanziert. ich hatte ein baby auf den bauch gelegt bekommen und wusste erst einmal nicht wo hinten und vorne ist. alles schien außer kontrolle. als die narkose nachließ bekam ich höllische schmerzen und bat um ein schmerzmittel. ich bekam etwas, von dem ich mich total benommen fühlte und dachte ich würde ohnmächtig werden.(heute weiß ich, dass dies meine erste panikattacke war) ein arzt kam und behandelte mich wie eine verrückte. ich war völlig aufgelöst, aber anstatt hilfe bekam ich ein becherchen mit 2 baldrian-tabletten hingestellt.
wenn ich das heute schreibe, bin ich immer noch vollkommen fertig und die tränen kommen mir.
wenn ich jetzt in mich rein höre, ich hab das gefühl, dass dies alles ein trauma für mich war.
zuhause angekommen, versuchte ich mich mit meiner situation abzufinden. glücklich war ich zu keinem zeitpunkt nach der geburt. das immernoch hohe gewicht machte mir noch zu schaffen. ich fand aber einen weg, ich begann mir die kleine maus in eine babytrage zu setzen und jeden tag zu walken. ich war die ganze zeit draußen mit ihr. ich habe sie fast 5 monate getragen. die kilos purzelten und es ging mir besser. aber das gefühl zu meinem kind.....ich hatte mir das irgendwie anders vorgestellt. ich hatte auf irgendwas tiefes, intensives, eine magische bindung gehofft...doch das kam nie. am liebsten hätte ich sie mir weg gewünscht. ich wollte wieder mit meinem mann allein sein. ich fühlte mich fremdbestimmt. grausig.
ich muss noch etwas dazu sagen: ich leide seit 8 jahren unter einer autoimmunerkrankung -hashimoto thyreoditis-die bis zur schwangerschaft aber nicht erscheinung trat. mein hausarzt meinte als ich von der ss berichtete, dass ich meine schilddrüsenhormone absetzen solle. das scheint der erste schritt in die dann folgende misere gewesen zu sein. ich rutschte in die unterfunktion (obwohl ich stets blutkontrollen machen ließ) und mein hausarzt hatte offenbar kein detailwissen über meine krankheit. er ließ mich unbehandelt mit einer unterfunktion und ich hatte noch keine ahnung von alledem. der unterfunktion habe ich auch die stimmungsveränderung und vorallem das gewicht zu verdanken.
nach der schwangerschaft keimte der hashimoto wieder auf und ich startete in eine schlimme überfunktion (die mein hausarzt wieder nicht erkannte) um nach 3 monaten in eine tiefe unterfunktion zu rutschen.
etwa um diesen zeitpunkt herum bekam ich schwindel und ohnmachtsgefühl, benommenheit, unwirklichkeitsgefühle und so weiter und so fort. nachdem ich nach einer panikattacke (wusste ich wieder nicht was das ist) einen notarzt kommen lies, der mir niedrigen blutdruck bescheinigte, ging ich wieder zur blutentnahme. ergebnis ich hatte eine schlimme unterfunktion und dosierte meine medikamente hoch. um 75 mg. seitdem ist nichts mehr beim alten.
ich bekam angst vor den symptomen, die angst manifestierte und chronifizierte sich. ich hatte angst allein daheim zu sein, ich wusste nicht wie ich den tag rum kriegen soll, ich konnte nicht mehr einkaufen, nicht mehr autofahren, nichts normales mehr. es folgte ein ärztemarathon. bis heute leide ich. meine umfeld nimmt mich inzwischen nicht mehr richtig ernst "ich solle mich mal zusammen reißen"
ich nehme inzwischen hochdosierte schilddrüsenmedikamente. antidepressiva habe ich verschrieben bekommen, genommen habe ich sie nie. ich hatte mehr angst vor den medikamenten als vor meiner angst. ich hoffe immer noch, dass meine schilddrüse ursächlich für die angstproblematik ist. in dieser woche werde ich nocheinmal eingehend untersucht. sollte sich dann nichts großschrittiges ergeben, werde ich mich in behandlung begeben. ich weiß nicht ob dies ein sonderfall ist, aber ich leide wohl unter eine schilddrüsen-fehlfunktion und zusätzlich unter einer postpartalen depression oder psychose oder unter einer posttraumatischen belastungsstörung. ich weiß leider garnichts mehr. das hier geht seit 7 monaten so. meine tochter ist nun 10 monate alt und ich liebe sie jetzt jeden tag mehr. die angst hat sich etwas gebessert und je weniger ich mich im angstkarussel drehe, je mehr kann ich endlich mein kind sehen. es ist manchmal als wenn ich aus einem nebel treten würde.
noch immer aber ist jeder tag ein kampf für mich, was mich viel kraft kostet. kein tag an dem ich nicht vor dem antidepressiva stehe und denk:"komm jetzt nimm es, vllt hilft es ja".
doch ich nehme es nicht. ich war auch schon in der psychiatrie. jedoch hatte ich gehofft, dass dort andere betroffene frauen sind, dem war nicht so. es handelte sich um eine normale psychiatrische station, dort wurden nur bei bedarf die zimmer in kinderzimmer umgeräumt. das hat mich zu sehr abgeschreckt.
ich muss dazu sagen, dass ich vor meiner tochter, eine erfolgreiche, sportsüchtige, perfektionistische frau war, die sich immer über leistung definierte und ein sehr aktives leben geführt hat. ich habe einen helfenden beruf studiert, die arbeit geliebt und später noch eine fitnesstrainerausbildung angehängt. heute nutzt mir all das nichts mehr.
davon ist nicht mehr viel übrig, leider. ich kann nicht zurück an meinen alten arbeitsplatz, musste mich nun arbeitslos melden. ich habe eine wunderschöne, liebe kleine tochter und stehe vor den scherben meines alten lebens. anstatt die perspektive zu wechseln und zu sagen "hey jetzt kannst du dich ganz neu erfinden", weine ich meinem alten leben hinterher und schaue jeden tag von morgends bis abends auf die uhr und hoffe, dass der tag bald rum geht.
am donnerstag habe ich einen termin in einer großen spezialklinik und da warte ich nun seit 4 monaten drauf (schlimm, dass man so lange warten muss-unmenschlich ist das). ich hoffe dass die ärzte mich dort nochmal auf den kopf stellen und mich ricgtig einstellen. dann geb ich der sache noch ein paar Tage, sollte es dann nicht erheblich besser werden, werde ich mich doch psychiatrisch und psychologisch behandeln lassen, denn ich liebe meine tochter und meinen mann und ich hab mich auch mal gemocht und jeder weitere tag in meinem kleinen angstkarussell ist ein verschwendeter tag.
nie hätte ich gedacht, dass es mich mal so aus der bahn wirft.
vielen dank, dass ich bei euch sein darf.

