etwas verspätet

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christina

etwas verspätet

Beitrag von christina »

Hallo,

Ich bin etwas verspätet, bei mir ist die ganz schlimme Phase der PPD schon länger her, ich würde sagen, dass ich es seit ca 2 Jahren überwunden habe, trotzdem beschäftigt es mich immer noch sehr, da ich damals sehr hilflos und alleine damit war, niemand hat es erkannt, ich selber schon garnicht. Ich habe mich damals dazu breit schlagen lassen, zu einem Paartherapeuten zu gehen, meinem Mann zu liebe, da er meinte mit unsere Beziehung stimmt was nicht, selbst der Therapeut hat das eigentliche Problem nicht erkannt, er hat uns nach ein paar Monaten nach Hause geschickt weil er selber nicht mehr weiter wusste. Als mein Mann und ich per Zufall nach fast 2 Jahren durch eine Sendung drauf gekommen sind, das das Problem eine PPD ist, war ich einerseits erleichter zu wissen, dass ich nicht komplett irre bin, sondern, dass es einen Grund dafür gab warum mir mein Leben sinnlos erschien, ich mein Kind nicht richtig lieben konnte und ich nur noch eine art Zombie war.
Auf der anderen Seite hat es mich sehr schockiert, dass ich mit der richtigen Behandlung vielleicht schon nach wenigen Wochen oder Monaten eine richtige Mutter- Kind Beziehung und ein normales Leben hätte haben können, wenn es nur irgend jemand erkannt hätte.

Ich habe eine wunderbare 5 jährige Tochter, die ich inzwischen zu lieben gelernt habe, trotzdem habe ich manchmal angst, dass sie einen Schaden davon getragen hat, da die Zeit, als ich ein gefühlskalter Eisblock war fast 3 Jahre lang ging, und auch jetzt fällt es mir manchmal noch schwer nicht in alte Muster zurück zufallen.Da ich jetzt über ein zweites Kind nachdenke, frage ich mich manchmal ob ich angst haben muss, dass es beim zweiten wieder passiert, obwohl ich mir das nicht wirklich vorstellen kann.

Ich bin sehr froh, dass ich diese Seite gefunden habe, inzwischen weiss ich, dass PPD eine Krankheit ist und dass ich nicht die einzige bin, die plözlich aus heiterem Himmel nicht mehr die selbe war, aber ich habe noch nie mit Leuten gesprochen, die das tatsächlich erlebt haben.Dabei kann ich niemandem einen Vorwurf machen, da ich früher selbst Leute mit Depressionen belächelt habe und mir immer gedacht habe, die sollen sich nicht so anstellen, weil ich mir einfach nicht vorstellen konnte, wie jemand so wenig lust auf das Leben haben kann, während ich vor Lebensenergie fast übergelaufen wäre.

Von Anfang an nach der Geburt meiner Tochter (2005) ging es mir nicht sonderlich gut, sie war mir irgendwie fremd, sie hatte so einen wachen Blick und ich hatte immer das Gefühl sie durchschaut mich, ausserdem habe ich mich gefragt ob sie mich überhaupt liebt. Ich habe mir viele Sorgen gemacht, da ich alles richtig machen wollte. Nach ca 3 Monaten fing es dann an richtig schlimm zu werden, ich hatte auf nichts mehr lust, konnte mich nicht meht konzentrieren (ziemlich ungünstig kurz vor dem Studienabschluß), war nur noch müde, gereizt und wollte nicht allein mit dem Baby sein.
Nach ca 2 Jahren ist es dann langsam besser geworden, seit wir 2008 in ein anderes Land umgezogen sind, ist es entgültig vorbei gegangen. Ich bin meinem Mann unendlich Dankbar, dass er durchgehalten hat und mich trotz allem nicht verlassen und uns nicht aufgegeben hat, und das obwohl er mehr als zwei lange Jahre nur mit dem Schatten meiner Selbst zusammen gelebt hat, ohne eine Diagnose zu kennen.

Tut mir leid, dass ich gleich so viel schreibe, ich weiss nicht so recht wo ich anfangen oder aufhören soll bei diesem Thema.
Ich habe sicher in Zukunft noch einige Fragen, ich versuche mich dann kürzer zu fassen ;-).

Lg
Christina
Qwerty

Beitrag von Qwerty »

Liebe Christina,

gerade habe ich Deine Geschichte gelesen und bin wirklich schockiert. Es tut mir leid, dass Du so lange so viel ganz alleine durchmachen musstest. Unglaublich, dass es niemand erkannt hat und dass Du dich da ganz alleine durchkämpfen musstest. Ohne zu wissen was los ist und wahrscheinlich mit dem Gefühl irre zu werden und eine schlecht Mutter zu sein. Wie Du schon schreibst, hättest Du die schlimme Zeit wohl viel viel schneller überstanden wenn man die Krankheit damals erkannt hätte und Du geeignete Hilfe bekommen hättest.
Du kannst wirklich froh sein, dass Du Deinen Mann hattest und hast. Hast Du denn irgendwann (später, als Du per Zufall entdeckt hast, was mit Dir los ist) Medikamente genommen oder eine Therapie gemacht?
Drei lange Jahre warst Du - wie Du schreibst - ein Zombie und gefühlslos. Aber Du hast Dich trotzdem durchgeschlagen. Darauf kannst Du auf jedem Fall stolz sein. Ich kann gut nachvollziehen, dass Du dich fragst, ob Deine Tochter einen Schaden davon getragen hast. Ich denke, dass Deine Tochter Deine Stimmung unbewusst sicherlich irgendwie mitbekommen hat, aber ich glaube nicht, dass sie einen unheilbaren Schaden davon getragen hat. Du hast Dich in dieser Zeit so gut es Dir möglich war um sie gekümmert, warst für sie da und hast Deine "Mutterpflicht" erfüllt, auch wenn Du dabei wenig oder nichts empfunden hat oder wenn es Dir keine Freunde gemacht hat. Deine Tochter hat aber trotzdem gemerkt, dass die Mama da ist, wenn sie sie braucht. Du hast die Liebe Deiner Tochter gegenüber vielleicht nicht gespürt, aber ich denke, dass sie in irgendeiner Form schon da war, auch wenn sie sich vielleicht aus Deiner Sicht "nur" als Fürsorge geäußert hat.
Und dann ist da natürlich auch noch der Papa, der diese Krankheit nicht hat und sich voller Freund und voller Liebe, ohne Belastung seiner Tochter widmen konnte. Das hat Deine Tochter auch gespürt.
Sie hat immer beide Eltern gehabt und die Eltern haben zusammengehalten, sie hat also eine richtige Familie gespürt, die auch in schlechten Zeiten zusammenbleibt.
Wenn Du über ein zweites Kind nachdenkst und bislang noch keine Therapie gemacht hast, würde ich an Deiner Stelle mit einer Therapeutin über Deine Vergangenheit sprechen, darüber wie es Dir heute geht und welche Ängste Du im Hinblick auf ein zweites Kind hast. Ich denke, dass es wichtig ist, eine Art Fangnetz aufzubauen, bevor Du schwanger wirst oder auf jedem Fall bevor das zweite Kind kommt.
Gut ist auch, dass Du Dich hier angemeldet hast. Hier gibt es ja auch Frauen, die nach einer PPD ein zweites Kind bekommen haben.
Wenn ich Deinen Beitrag lesen, denke ich dass das meine Worte sind. Auch ich habe vor meiner Erkrankung Leute mit eine Depression nicht verstanden und der Meinung war, sie sollen sich nicht anstellen. Habe gedacht, dass sie nur Aufmerksamkeit haben wollten. Jetzt weiss ich besser....
Auch ich hatte nach der Geburt meines Kindes das Gefühl oder ich war mir eigentlich sicher, dass mein Kind mich komplett durchschaut und weiss, dass Mama nicht ganz dicht ist. Ich war mir sicher, dass mein Kind merkt, dass es nur vom Papa geliebt wird.
Auch ich wollte alles perfekt machen, habe Bücher gelesen und mich mit anderen Müttern besprochen. Wahrscheinlich habe ich dadurch versucht, die Situation irgendwie im Griff zu bekommen. Ich fühlte mich so machtlos, so komplett ohne Kontrolle auf mich, mein Leben. Mit dem Baby alleine konnte ich anfangs auch nicht sein, ich hatte echt Panik davor, ohne dass mir klar war warum genau, denn es war kein Schreibaby und sehr pflegeleicht.
Die akute Phase hat bei mir (dank AD) zum Glück "nur" ca. 4 Monate gedauert. Die furchtbare Panik und Unruhe war dann so gut wie weg. Lustlos, antriebslos und gelangweilt habe ich mich danach aber noch lange gefühlt. Jetzt, gut 20 Monate nach der Geburt, habe ich das Gefühl, dass ich so langsam zu mein altes Ich zurück finde. Meine Ärztin ist auch der Meinung, dass ich mich gerade stabilisiere. Komplett die Alte bin ich noch nicht, aber ich bin zuversichtlich, dass ich irgendwann 100% gesund bin. Ich schätze, dass ich heute zu 90% gesund bin. Aber, wie gesagt, ist die Tendenz steigend. Langsam steigend, aber immerhin steigend und das macht auch Mut. Es ist eine langwierige Sache, das muss man akzeptieren und versuchen, sich irgendwie damit zu arrangieren. Und das klappt mit der Zeit natürlich immer besser. Dazu kommt dann auch, dass man sich immer mehr an die Situation mit Kind gewöhnt und die extrem anstrengende Anfangszeit mit Kind vorbei ist.
Wo seid ihr denn eigentlich hingezogen, dass es Dir dort heute so gut geht??? Ist da noch eine Wohnung frei :lol:

LG
Qwerty
christina

Beitrag von christina »

Liebe Qwerty,

Vielen Dank für deine Antwort!
Schön, dass du auf einem guten Weg bist zu 100% gesund zu werden :-), ich drück dir die Daumen, ich bin da zuversichtlich, bei mir hat es ja sogar ohne Behandlung halbwegs funktioniert. Ich bin auch nicht mehr ganz die Selbe wie früher aber, nicht nur im negativen Sinne, denn ich bin durch das ganze auch reifer geworden und bekomme alles mögliche besser auf die Reihe, was mir manchmal fehlt ist die Unbeschwertheit mit der ich früher durch das Leben gegangen bin.
Ich denke auch man wächst mit der Zeit automatisch immer mehr rein in das ganze Mutter dasein, das alleine hilft schon ein bisschen, dass es leichter und besser wird. Eigentlich finde ich es auch gar nicht so abartig, dass man damit nicht gleich zurecht kommt, wenn sich das komplette Leben von heute auf morgen ändert, und man hat vorher einfach keine realistische Vorstellung davon, wie es sich wirklich anfühlt die ganze Verantwortung für einen kleinen Menschen zu tragen, und das 24 stunden, 7 Tage die Woche und ohne Ende in Sicht, ich glaube das hat mich total erschlagen, vielleicht auch weil ich für mich selbst noch nicht so richtig die Verantwortung übernommen hatte.Es ist eigentlich ein Wunder, wie viele das ohne Probleme überstehen.

Für mich war ein Kind zu haben immer ein riesen grosser Traum, das war wie ein grosses Ziel in meinem Leben, das ich erreichen wollte, ich glaube ich war die glücklichste Schwangere die ich kenne. Als es dann da war, war auf einmal alles leer und schwarz und ermüdent.Ausserdem war ich damals noch nicht mit dem Studium fertig, hatte keine Eltern in der Nähe und auch mein Mann (übrigend damals noch Freund) musste schliesslich auch ab und zu mal arbeiten gehen. Auf der anderen Seite wollte ich mein Kind niemandem geben, trotz kaum vorhandener Gefühle dem Kind gegenüber.Das war ein total zwiespältiges Gefühl, ich hatte auch Zwangsgedanken, wie z:B dass es mir nichts ausmachen würde, wenn mein Kind einfach sterben würde, aber auf der anderen Seite hatte ich panische Angst vor dem plötzlichen Kindstod, wenn ich das so schreibe, merke ich wie krank ich eigentlich im Kopf war.
Im ersten Jahr habe ich anderen Müttern und Freundinnen gegenüber oft Andeutungen gemacht, dass ich das alles super anstrengend finde und nur noch müde und gestresst bin, die Mütter haben mir zwar immer bestätigt, dass es oft anstrengend ist aber sie im Grunde so froh sind ihre tollen Kinder zu haben, die waren irgendwie trotzdem so fürchterlich zufrieden und glücklich, dass ich es kaum ertragen konnte und ich habe dann immer schnell hinzugefügt, dass es ja auch schön sei, aber in wirklichkeit hab ich nichts schönes dabei gesehen. Genauso wenn Freunde angerufen haben, ich habe irgendwie immer so bedrückt und fertig gewirkt und auch gesagt, dass es sehr anstrengend ist, selbst durch das telefon habe ich den Schock der Leute gespürt und deren Erwartung, dass ich jetzt vor Glück strotzen muss, um deren Weltbild nicht zu zerstören habe ich dann auch meinen Freunden die heile Welt vorgespielt.
Ich weiss, die meisten Leute versuchen es zu verbergen, weil man sich schämt, man will und kann es sich ja oft noch nicht einmal selbst eingestehen, dazu kommt, dass ich schon immer sehr gut darin war meine Gefühle zu verstecken und ich habe das in dieser Zeit bis ins letzte Detail perfektioniert, ich habe meine Gedanken vor mir selber weggeschoben und verdrängt, hab mir eingeredet, dass ich mir das alles nur einbilde und mein Kind natürlich liebe. Allerdings konnte ich es im engsten Familienkreis nur bis zu neinem Gewissen Grad verbergen, zu mehr hat mir dann doch die Kraft gefehlt.

Nein ich bin nie in Therapie gewesen oder habe Medikamente genommen.
Zu dem Zeitpunkt als ich darauf gekommen bin, ging es mir ja schon etwas besser und ich hatte ausserdem panische angst vor Medikamenten, ich konnte es noch nie leiden, die Kontrolle über meinen Körper oder Verstand zu verlieren, deshalb habe ich früher eigentlich auch nie richtig Drogen ausprobiert oder mich komplett weggesoffen.
Ausserdem hatte ich angst zusätzlich zum Schwangerschafts speck dann noch mehr zuzunehemen. Und vielleicht war auch mein Glaube an die Therapeutenwelt etwas erschüttert, auf Grund der eher negativen Erfahrung mit dem Paartherapeuten, ach ja er hat mir mal irgend so ein Johanniskraut mitgegeben, als er mal zwischendurch die Vermutung hatte ich könnte depressiv sein, aber für Johanneskraut war mein Problem wohl doch etwas zu gross. Auch habe ich bis auf diese Sendung zu dem Zeitpunkt nichts darüber gehört oder gewusst und ich kam mir immer noch sehr allein damit vor und hatte auch nicht das Gefühl, dass mir irgendwer oder was helfen kann.

Wir sind zur zeit in den Emiraten, ich glaube ausschlag gebend war nicht das Land an sich (sogar ganz sicher nicht, denn hier gibt es nur Sand und Wüste;-), sondern die Tatsache, dass ich von dem Ort weg kam an dem es mir so lange schlecht ging, dazu kam, dass ich mit dem Studium fertig war und erstmal keinen Druck hatte arbeiten gehen zu müssen, somit hatte ich plötzlich sehr viel Zeit mich um meine Tochter und mich selbst zu kümmern.
Wie bist du darauf gekommen, dass du eine PPD hast? hattest du davon gehört oder hat es jemand anderes bemerkt?

Lg Christina
Qwerty

Beitrag von Qwerty »

Liebe Christina,

Du wohnst in den Emiraten… das ist ja spannend! Wie ist es, dort als Frau zu leben? Gibt es große Einschränkungen? Geht Deine Tochter dort in den Kindergarten? Hast Du deutsche Freunde dort? Wie lange wollt ihr noch bleiben? Fragen über Fragen… :roll:

Du wolltest wissen, wie ich drauf gekommen bin, dass ich eine PPD habe. Ich hatte zwar vorher nichts darüber gelesen, aber meine beste Freundin hatte eine PPP und eine PPD. Auch wenn es meine beste Freundin ist, habe ich sogar von ihr gedacht, dass sie sich anstellt und nur Aufmerksamkeit wollte. Sie hat auch sehr sehr lange damit gekämpft und konnte auch körperlichen Gründen keine ADs nehmen, sie hat die nicht vertragen bzw. extrem schlecht darauf reagiert. Sie musste das Ganze als auch – wie Du – ohne „Hilfsmittel“ durchstehen.

Nach der Geburt habe ich schnell gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt. Ich war traurig, lustlos und habe meinem Kind gegenüber keine Gefühle gehabt. Ich habe mir einfach nur gewünscht, dass alles wieder so wird wie vorher, als wir noch zu 2 waren. Ich habe das Gefühl gehabt, dass ich mein Leben versaut habe und dass es nie wieder so schön und gut wird wie vorher. Ich hatte nach einigen Tagen furchtbare Angst, konnte nicht schlafen, wollte einfach nur weg. Selbstmordgedanken habe ich nie gehabt, ich wollte einfach nur irgendwo anders sein, ohne Kind. Meinem Kind wollte ich auch nie etwas antun, aber ich habe schon darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn etwas passierten würde und mein Kind nicht mehr da sein würde… Diese Gedanken fand ich furchtbar. :cry:

Mir war dann schnell klar, dass irgendetwas nicht stimmt… Ich habe mit meiner Freundin gesprochen und die sagte mir, dass das was ich ihr erzähle von ihr hätte kommen können. Sie hat die ganzen Gefühle und Gedanken nachempfinden können und die Befürchtung ausgesprochen, dass ich auch eine PPD haben könnte. :?

Ich habe dann auch mit meiner Hebamme und mit meinem Frauenarzt drüber gesprochen, die haben sehr verständnisvoll reagiert und mich zunächst an den Hausarzt verwiesen, der zumindest eine depressive Verstimmung diagnostizierte. Dann bin ich auf Anraten der Hebamme ins Krankenhaus zum Psychiater gegangen, der mir dann die PPD bestätigte. Anfangs wollte ich keine Medikamente, wollte es ohne aushalten. Dachte, es geht vielleicht schnell vorbei. Dann habe ich es nach einigen Wochen eine Zeitlang mit Johanniskraut versucht. Hat nichts gebracht. Da die Angst, Unruhe und Nervosität mich irgendwann so stark im Griff hatten, bin ich wieder zum Arzt der ein AD verschrieben hat (ca. 3 Monate nach der Geburt). Das hat schon nach 10 bis 14 Tagen angefangen zu wirken und nach insgesamt 4 Wochen waren die extreme Unruhe und Nervosität weg, ich konnte auch wieder besser schlafen. Das war schon mal eine riesige Verbesserung, auch wenn Unruhe und Nervosität nicht weg waren. Ich war dann aber trotzdem ganz optimistisch, dass bald auch die stimmungsaufhellende Wirkung des AD einsetzen würde. Das war aber nicht der Fall, eine Verbesserung der Stimmung habe ich nicht wirklich gemerkt. Ich habe das Medikament noch weitere 7 Monate gekommen und es dann langsam wieder abgesetzt, ohne dass ich eine Verschlechterung gemerkt hätte. Ein anderes Medikament habe ich zum dem Zeitpunkt nicht probiert. Mein Arzt hatte mich (ca. 1 Jahr nach der Geburt) für gesund erklärt. Es war nicht mehr so schlimm und gut auszuhalten und ich habe gehofft, dass der Rest von alleine kommt. :?

Ganz happy und „normal“ habe ich mich aber immer noch nicht gefühlt, und deswegen habe ich mich (ca. 16 Monate nach der Geburt) hier bei Schatten & Licht angemeldet. Die Mädels waren alle der Meinung, dass ich noch nicht gesund bin und dass ich eine zweite Meinung einholen sollte. Die neue Ärztin meinte, dass es doch noch nicht ganz überstanden sei und hat ein anderes AD und Therapie vorgeschlagen. Von dem AD habe ich nicht viel gemerkt und auch die Therapie war nicht Richtige für mich. Nach 3 Monaten habe ich das AD wieder langsam ausgeschlichen, wiederum habe ich dabei keine Verschlechterung feststellen können.

Ich war 5 Mal bei der Therapeutin, wir haben uns menschlich sehr gut verstanden, ich fühlte mich gut aufgehoben, aber wir waren beide der Meinung, dass eine Gesprächstherapie mir nicht wirklich weiterhilft, da bei mir keine „Altlasten“ vorliegen aufgearbeitet werden müssten. Außerdem habe ich schon sehr schnell nach der Geburt damit positive Aktivitäten zu unternehmen. Ich habe zumindest im Kopf gewusst, was der richtige Weg für mich ist, auch wenn die Resultate nicht so schnell gekommen sind wie ich gehofft hatte.

Ich hatte schon ziemlich schnell klare Vorstellungen, was mir theoretisch gut tun würde oder was mir mehr zumindest mehr helfen würde, als zuhause ab zu warten bis es vorbei ist. Allerdings haben mich Angst und die Unruhe am Anfang zu arg gelähmt.

Als die ganz schlimme Phase dank AD vorbei war und die Angst und Unruhe mich nicht mehr komplett gelähmt haben – habe ich mich gezwungen raus zu gehen und mich mit Freundinnen zu treffen und „schöne“ (das habe ich damals natürlich nicht als schön sondern nur als anstrengend und belastend empfunden) Sachen zu unternehmen. Es hat mir meistens wenig oder gar kein Spaß gemacht, es war eine selbstauferlegte Pflicht, aber ich wusste, dass es besser war als mich zuhause zu verkriechen. :twisted:

Auch wenn ich wenig Freude an meinen Unternehmungen hatte, war ich zumindest stolz, dass ich es gemacht hatte, zufrieden, dass ich meinem Kind etwas Gutes getan habe und froh eine Ablenkung gehabt zu haben bis mein Mann wieder von der Arbeit nach Hause gekommen ist. Kopfmäßig wusste ich, dass ich das Richtige mache, gefühlsmäßig war es mir komplett egal. Aber da ich schon immer ein Kopfmensch war, hat sich diese Seite durchgesetzt. :mrgreen:

Aus dem gleichen Grund bin ich schon nach 8 Monaten wieder arbeiten gegangen. Ich habe die Zeit für mich und meine Gedanken gebraucht, wollte nicht 24 am Tag gefangen sein und mich mal wieder mit anderen Sachen beschäftigen. Ich hatte eigentlich vor 1 Jahr Elternzeit zu nehmen, aber so war es für mich besser. Ich hatte auch kein schlechtes Gewissen meinem Kind gegenüber, denn ich wusste, dass es in der Krippe gut aufgehoben ist und ich gleichzeitig – durch die Arbeit – tagtäglich an meine Stabilität gearbeitet habe.

Meiner Meinung nach unabhängig von der Therapie (5 Gespräche sind ja eigentlich noch keine Therapie :wink: ) und des AD habe ich seit einiger Zeit (2, 3 Monate) das Gefühl, dass ich seit langem wieder eine leichte Tendenz nach oben spüre. Davor hat sich gefühlsmäßig wenig getan, sowohl in die eine als in die andere Richtung.

Meine neue Ärztin meint, dass die PPD selbst so gut wie weg ist, dass ich mich aber gerade stabilisiere. D.h. ich bin durch die Erfahrung noch sehr nachdenklich und nicht mehr so unbeschwert wie vorher. Bis das weg ist, dass kann noch dauern. Sie meint, dass es ganz normal ist, dass eine lange Zeit vergeht, bis man wirklich wieder komplett die Alte ist bzw. komplett gesund ist. Auch meine beste Freundin sagt, dass sie sich erst nach 4 oder 5 Jahren wieder komplett gesund gefühlt hat. Ihr Sohn wird heute 7 Jahre alt. :shock:

Du sprichst mir oft wirklich aus der Seele… :-) Ich kann heute auch nicht verstehen, warum ich vor der Geburt meinte, dass ein Kind zu haben ein Kinderspiel ist. Es ist im Grunde nicht mehr als normal, dass eine erwachsene Frau die lange ihr eigenes bzw. ein ganz anderes Leben gelebt hat und damit sehr glücklich war, sich auf eine komplett neue Situation erst mal einstellen muss. Es wäre ja wirklich ein Wunder, wenn das von heute auf morgen ohne Probleme geht. Freunde mit Kindern haben mir während der Schwangerschaft schon „gewarnt“, dass sich alles ändern würde, aber richtig geglaubt habe ich das nicht. Ich hatte bis dahin alles mit Links geschafft, das Leben mit Kind würde ich auch leicht packen. Als unser Baby dann da war, habe ich erst gemerkt, wie recht diese Freunde hatte. Es ändert sich wirklich ALLES… :shock: Und ich wollte mein altes Leben zurück. Von heute auf morgen hat sich alles nur noch um das Baby gedreht. Das hatte nichts mit der Idylle und mit der Romantik zu tun, die ich mir ausgemalt hatte. Ich war fix und fertig. Auch ich hatte keine Eltern in der Nähe. Ich bin eine Weile mit Kind zu meinen Eltern und meine Mutter und Schwiegermutter waren auch einige Zeit bei uns. Das war zwar nur eine körperliche Entlastung, aber das war auch schon ganz wichtig.

Meine Schwangerschaft war ebenfalls bilderbuchmäßig. Ich habe mich noch nie so glücklich und voller Vorfreunde gefühlt. Nicht Du, sondern ICH war die glücklichste Schwangere!! :lol: Es war ein Traum, vor allem weil wir uns schon sehr lange ein Kind gewünscht hatte und uns dieser Wunsch mit ärztlicher Hilfe endlich erfüllt worden war.

Ich hatte das große Glück, im Geburtsvorbereitungskurs und bei Pekip Freundinnen kennen gelernt zu haben, die realistisch waren und mir nicht vorgeschwärmt haben, wie toll und perfekt das neue Leben mit Kind ist. Wie bei Deinen Freundinnen waren die im Endeffekt auch froh und glücklich mit ihren Kindern aber für mich war es zumindest gut zu wissen, dass auch normale Mütter genervt, gestresst und erschöpft sind. Ich habe zwar schon gewusst, dass bei mir mehr los ist, weil keine (große) Freund am Kind hatte, aber es war schon beruhigend, dass die übrigen Faktoren auch bei anderen Mütter vorkommen. Darüber musste ich mir dann keine Gedanken machen. Zwei meiner Freundinnen habe ich irgendwann erzählt, was mit mir los ist. Sie waren überrascht, da ich immer so fröhlich und locker gewirkt hatte, aber waren gleichzeitig sehr lieb und verständnisvoll, haben mich ab und zu mal danach gefragt, mich aber nicht damit genervt. Ich wollte und will auch nicht ständig darüber reden mit Frauen die zwar Verständnis haben, aber es trotzdem nicht wirklich nachvollziehen können, da sie es schlicht und einfach selbst noch nicht erlebt haben. Das ist kein Vorwurf es ist eine Tatsache. Ich habe vorher auch gedacht, dass solche Frauen sich anstellen, da es überhaupt keine Gründe gibt, traurig zu sein wenn ein Kind gesund, süß und sonst auch alles in Ordnung ist.

Ich habe nur wenigen erzählt, dass was mit mir los ist. Ich habe das Bedürfnis nicht gehabt und ich war und bin der Meinung, dass das mich persönlich nicht weitergeholfen hätte. Ich habe also auch heile Welt gespielt und so getan, als ob ich mich über mein Kind freuen würde. Heute muss ich nicht mehr so schauspielern. Ich bin zwar noch nicht ganz da wo ich gerne wäre, aber die Diskrepanz dazwischen ist nicht mehr so groß, dass es mir das Gefühl gibt, Leute etwas vorzuspielen. Ich male es vielleicht etwas schöner als es ist, aber eine Lüge lebe ich nicht mehr. :D

Abgesehen von dem AD, welches mich in der akuten Zeit sehr gut gegen Angst, Unruhe und Nervosität geholfen hat, waren bzw. sind für mich persönlich die Erfahrungen anderer Betroffenen am hilfreichsten. Eine Gruppentherapie wäre nichts für mich, deswegen ist Schatten & Licht genau das richtige.

Auch wir denken über ein zweites Kind nach! :wink: Das Gute an der ersten PPD ist, dass ich jetzt schon meine Kontakte und Anlaufstellen habe. Mit meiner Ärztin und Therapeutin habe ich schon vereinbart, dass sie mich im Falle einer erneuten Schwangerschaft bereits während der Schwangerschaft intensiv betreuen und „im Auge behalten“ werden um rechtzeitig eingreifen zu können. Außerdem würden wir schon rechtzeitig vor der Geburt gemeinsam ein Notfallplan ausarbeiten, damit mir schnell geholfen wird und ich nicht mehr auf einer akuten Phase warten muss, sondern proaktiv eingreifen kann. Das ist schon eine enorme Entlastung, denn wenn es einem schlecht geht, möchte man einfach nur dass die Hilfe da ist und sich nicht erst um Hilfe bemühen muss. Es ist in Deutschland ja schwer, kurzfristig einen Therapieplatz zu bekommen.

Ui, das war jetzt aber ein halber Roman… :wink:

Ich sollte mal wieder etwas arbeiten! :oops:

Blöde Frage: wie ist das Wetter bei euch??? Hahaha. 8)

LG
Qwerty
christina

Beitrag von christina »

Hi Qwerty,

Erstmal danke für deinen Roman ;-)!

Das Wetter ist super, mittlerweile schon meistens unter 40 Grad, wird so langsam Winter :-)!
Wir sind in Qatar, die sind sehr liberal, man kann sich als Frau zum Glück ganz normal ohne Kopftuch oder ähnlichem bewegen.
Meine Tochter geht seit September in die Schule (im britischen System geht man mit 5 schon in die erste Klasse).
Ich habe einige deutsche und österreichische Freunde hier.´Es ist noch offen wie lange wir bleiben, vielleicht nochmal 2 oder 3 Jahre, keine Ahnung :-).

Es ist wirklich krass, dass es dir in vielen dingen sehr ähnlich ergeht bzw ergangen ist wie mir!
Ok weil ich ein friedliebender Mensch bin, meinetwegen waren wir eben beide die glücklichsten Schwangeren, aber ich wars zu erst hähä :lol: .
Genau das mit dem alten Leben zurück wünschen, das war bei mir auch so, zum Teil kommt es phasenweise auch jetzt noch manchmal, aber ich bilde mir ein es wird immer weniger.

Ich habe eine Freundin, die mittlerweile schon das dritte Kind bekommt, die auch oft stönt und manchmal verzweifelt wenn die Kinder mal wieder nicht schlafen wollen oder streiten... aber der Unterschied ist halt, dass sie es im großen und ganzen genießt Kinder zu haben und Mutter zu sein. Grundsätzlich bin ich jemand, der immer am liebsten (sprichwörtlich) auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzt, wenn es dinge sind, die mir spass machen, dann ist es zwar stressig, aber diese Art von stress stört mich nicht, im Gegenteil, es ist irgendwie befriedigend, während wenn ich irgendwelche blöden, langweiligen und unangenehme Dinge erledigen muss, ist das eine unangenehme Form von Stress, und ich denke so ähnlich ist das vielleicht auch mit "glücklichen" und "unglücklichen" Müttern. Wenn ich gefühlte 10 mal in der Nacht aufstehe und stillen muss und mich aber an meinem Kind erfreue und ich mich durch sein zufriedenes Lächeln für alle Mühen entschädigt fühle, dann wird es mir sicher leichter fallen die Schlaflosen Tage und Nächte durchzustehen, während wenn ich halb ferngesteuert meiner Verpflichtung nachkomme, die mich nicht im geringsten erfreut, weil ich keine Freude empfinde über das was ich da versorgen muss, dann kann man den ständigen Schlafentzug einfach nicht aushalten.

Ich höre auch immer wieder, dass ich so locker und cool mit meinem Kind umgegangen bin, dabei war garnichts locker, cool könnte man vielleicht sagen, da ich damals nur sehr geringfügig mit meinem Kind mitgefühlt habe, wenn es zum Beispiel hingefallen ist und sich wehgetan hat, hat mich das in erster Linie genervt, anstatt es zu trösten habe ich ihr vorwürfe gemacht, weil sie wo hochgeklettert ist obwohl ich gesagt habe sie soll es lassen, weil dann genau sowas passiert, ich habe das dann als eine Art Niederlage empfunden, weil das Kind nicht auf mich gehört hat (als ob 1-2jährige alles verstehen und befolgen würden was man sagt und gefahren abschätzen könnten), ich habe meistens als erstes mal zu verstehen gegeben, dass sie selbst schuld ist, wenn sie das macht und dann noch diese Anstrengung das Kind beruhigen und trösten, irgendwas das man gerade angefangen hat deshalb unterbrechen zu müssen.Ich finde es gerade total schlimm das zu schreiben und zuzugeben, ich glaube eigentlich spreche ich das zum ersten mal aus.

Ich muss mich mal erkundigen, was es hier für Therapeuten gibt, allerdings ist es nicht gerade optimal, da ich denke es ist schon am einfachsten und angenehmsten das in der Muttersprache zu machen.

Ist dein Mann eher positiv eingestellt was ein zweites Kind angeht oder befürchtet er, dass es dir dann wieder so geht wie beim ersten mal? meiner hat glaube ich ziemlich angst davor nochmal sowas durchmachen zu müssen.

Lg Christina
Qwerty

Beitrag von Qwerty »

Liebe Christina,

na, das hört sich ja wirklich nach einem harten Winter an! :lol: Toll, dass ihr die Gelegenheit genutzt habt, eine Zeit im Ausland zu verbringen, vor allem wenn das solche tollen Nebenwirkungen hat. Klasse, dass Deine Tochter außerdem nebenbei englisch lernt.

Ich hatte auch befürchtet, dass es schwer sein könnte in der gleichen Wohnung in der man eine schlechte Zeit hatte wieder glücklich zu sein. Wir sind zwar seit der Geburt (noch) nicht umgezogen, aber ch kann mir schon vorstellen, dass ein Tapetenwechsel gut tun kann. Wir sind vor 1 Woche aus dem Urlaub zurück gekommen und im Urlaub gind es mir auch ziemlich gut, einfach deswegen, weil ich mal wieder aus der normalen Umgebung war.

Dein Beispiel ist sehr zutreffend! Mein Leben vor der Schwangerschaft war teilweise sehr sehr stressig. Vor allem die Arbeit hat mich sehr in Beschlag genommen, aber das habe ich genossen. Ich habe mich lebendig und stark dabei gefühlt. Nach der Arbeit noch schnell einkaufen und eine Kleinigkeit machen. Oder ich habe mich mit meinem Mann in der Stadt getroffen und zusammen schöne eine Pizza oder Sushi gegessen.
Ich hatte ein erfülltes Leben, hatte alles im Griff. Ich habe ja immer alles gut geplant und organisiert und war mir deswegen sicher, dass ich das auch mit Kind alles gut hinkriege. Pustekuchen!

Meine Gefühle und Gedanken nach der Geburt war sehr widersprüchlich. Einerseits war ich unruhig, nervös, ängstlich und konnte nicht still sitzen. Ich war so ruhelos, selbst wenn der Kleine tagsüber geschlafen hat konnte ich nicht entspannen. Andererseits hat mich alles so gelangweilt, so lustlos, so antriebslos, ich wusste nicht was ich den ganzen Tag mit dem Kind machen sollte, habe jede Minute auf die Uhr geschaut und mich gewundert, dass erst so wenig Zeit verstrichen ist. Ich konnte nichts geniessen, wollte einfach nur das der Tag vorbei geht. Andererseits war ich so nervös, dass ich anfangs nicht in der Lage war, etwas zu unternehmen. Mein Kind hat mich genervt und ich habe keine Liebe, nicht mal Zuneigung empfunden. Auch keine Abneigung... sondern rein gar nichts.

Du hast komplett Recht wenn Du schreibst, dass Mütter die ihr Kind lieben, den ganz normalen Stress viel leichter wegstecken können, weil die Freude über das Kind einfach viel größer ist als der Stress und die Erschöpfung. Es ist ein bisschen wie mit meiner Arbeit: ich habe den Arbeitsstress zwar gemerkt, aber ich habe meine Arbeit geliebt und deswegen hat es mir nichts ausgemacht. Es hat mir eher einen Kick gegeben. Es war zwar immer eine Beruhigung zu merken, dass auch andere Frauen gestresst, genervt und erschöpft sind, aber andererseits habe ich sie beneidet, weil sie eben eine Liebe für ihr Kind spüren die ihnen die Kraft gegeben hat die mir gefehlt hat.

Cool... ja, so hätte man mich auch im Umgang mit meinem Kind bezeichnen können. Mitgefühl nein, genervt... JA
:twisted: Trösten habe ich schon immer gemacht, pflichtgemäß, weil man das eben so macht, weil es sich so gehört. Zumindest nach außenhin wollte ich das richtig machen. Aber vom Herzen kam es nicht, nur aus dem Kopf.

Durch meine Freundin und dieses Forum habe ich gelernt, dass solche Gefühle oder die Abwesenheit solcher Gefühle typisch sind und kein Zeichen dafür, dass ich eine schlechte Mutter war / bin. Obwohl ich mit meinem Mann wirklich über alles sprechen kann habe ich schon immer Hemmungen gehabt, so offen zu sein. Er hat für alles Verständnis und ist eine große Stütze, aber ich weiss, dass er bestimmte Sachen einfach nicht verstehen / nachvollziehen kann, auch wenn er möchte und ich möchte auch nicht dass er Angst hat oder sich Sorgen über mich macht. Ist eigentlich total bekloppt, dass sich die Kranke Sorgen macht, dass es den anderen dabei nicht zu schlecht geht. :roll: Ich denke aber schon, dass es wichtig ist, solche Gedanken auszusprechen damit sie kein Eigenleben führen. Ausgesprochene Gedanken sind irgendwie nicht so bedrohlich, wenn Du verstehst was ich meine :? ?? Dann sind es nur noch zusammengereihte Worte... oder so. :?: :-) Trotzdem möchte ich menem Mann das nicht zumuten (er würde sich furchtbar aufregen, wenn er das lesen würde, weil er wissen möchte, was mit mir los ist, egal wie schlimm!). Andererseits fühle ich mich von Leidensgenossinnen einfach besser verstanden, muss mich nicht schämen, denn ich habe hier oder meiner Freundin noch nichts erzählt was noch keine erlebt oder empfunden hat. Egal wie schuldig oder schlecht ich mich über meine Gedanken gefühlt habe, sie waren immer "normal" für eine Mutter mit PPD. Eine wichtige Erkenntnis, die mir persönlich bislang mehr gebracht hat als die Therapie (mit einer kinderlosen Therapeutin, die noch nie depressiv war!!! :lol:)

Weisst Du was meine Freundin mir am Anfang meiner PPD gesagt hat? Das es für sie am wichtigsten war, dass sie den Humor nicht verloren hat, auch wenn es manchmal ein rabenscharzer Humor war. Das konnte ich damals überhaupt nicht verstehen. Was sollte an einer Depression bitte lustig sein? Sie hat damit aber wahrscheinlich eher gemeint, dass man versuchen soll, es nicht zu verdrängen und einen Weg zu finden, die Krankheit anzunehmen ohne sich von der Krankheit gefangen halten zu lassen. Sie hat das mit Humor gemacht und sich über ihre Gedanken und Gefühle in gewisser Weise lustig gemacht, damit sie ihr keine Angst bereiten. Jeder findet irgendwann seine Art damit umzugehen.

Ich lese gerade "Wer dem Glück hinterher rennt, läuft daran vorbei" von Russ Harris. Darin wird auch diese Akzeptanztheorie beschrieben. Ich denke, dass darin für mich Ansätze enthalten sind, die hilfreich sein könnten um meine Lebenseinstellung und die Art wie versuche Probleme zu lösen zu erweitern oder zu verbessern. Ist sehr witzig geschrieben.

Mein Mann ist natürlich etwas skeptisch was das zweite Kind angeht und er macht sich Sorgen, dass wir wieder so etwas durchmachen müssen. Aber er merkt auch, dass ich zuversichtlich und ohne Angst an das Thema rangehe. Ich weiss, dass die Chance besteht, dass ich wieder eine PPD bekomme, ich gehe aber nicht davon aus, dass es mich wieder (so schlimm) erwischt. ich denke einfach, dass Körper und Geist etwas gelernt haben und sich nicht wieder (in diesem Ausmaß) umhauen lassen. Außerdem ist es ein beruhigendes Gefühl, dass ich bereits ein Fangnetz habe (Ärztin, Therapeutin, Freundin, Schatten & Licht).

LG
Qwerty
christina

Beitrag von christina »

Liebe Qwerty,

Das gute ist, dass es hier nie graue Tage gibt (zumindest rein optisch), immer blauer Himmel und strahlender Sonnenschein, das hat sicher eine kleine antidepressive Wirkung ;-).

Ich bin sicher ein Tapetenwechsel ist keine schlechte Idee, natürlich nicht die Lösung aller Probleme, aber für jemanden der sich auf dem Weg der Genesung befindet, meiner Erfahrung nach absolut eine Überlegung Wert, kann sich logischerweise auch negativ auswirken, z.B: wenn man auf eine einsame Berghütte zieht, obwohl man eher der Sadtmensch ist ;-).

Ich kenne das auch, mit dem ständig auf die Uhr schauen weil der Tag endlos erscheint, das Gefühl der langeweile und der gähnenden Leere, ich hatte ausserdem auch das Gefühl mein Kind zu langweilen.
Am Spielplatz hatte ich immer das Gefühl, ich bin die einzige die ihrem Kind den ganzen Tag hinterher rennt, weil es immer wo anders hin läuft, überall hochklettert und nie sitzen bleibt. Es kam mir immer so vor als ob alle anderen Mamas gemütlich um den Sandkasten saßen und sich unterhielten, während ihre Kinder stundenlang fröhlich und friedlich vor sich hin geschaufelt haben. Ich habe keine Ahnung ob das wirklich so war oder ob ich das nur so gesehen habe. Überhaupt weiss ich kaum noch was, ich hab alles nur so durch einem Nebelschleier mitbekommen, ich finde es auch heute schlimm, wenn mein Mann sich an genaue einzelheiten erinnert, während ich anscheinend garnichts mitnekommen habe. Gestern habe ich mir Filme angeschaut, die wir in den ersten Jahren aufgenommen haben, ich kann es kaum fassen, wie unglaublich süss, lieb, pflegeleicht, lustig und wunderschön mein Kind war und an mir ist das spurlos vorbeigegangen, ich habe das alles nicht gesehen, habe teilweise sogar das Gegenteil empfunden. Ich hätte mich fast übergeben als ich das angeschaut habe.Ich hab so vieles verpasst und würde das alles so gerne nachholen, nochmal erleben mit klarem Verstand und echten Gefühlen, ihr all das zu geben, wozu ich nicht im Stande war.
Ich habe schon irgendwie angst, dass ich diese glücksgefühle beim nächsten mal zu sehr erwarte und wieder nicht bekomme. Weisst du ob es ein vorbeugendes Medikament gibt, dass einem die Glückshormone ausschüttet nach der Geburt und einem eine Bindung zum Kind vortäuscht oder sowas in der art? Ich stelle diese Fragen wahrscheinlich nochmal in einem anderen Themengebiet, passt vielleicht nicht so zur Vortsellungsrunde, ausserdem will ich dich auch nicht damit belasten, immer meine Fragen beantworten zu müssen, sorry.

Alle Einzelheiten meiner Gedanken und Gefühle habe ich meinem Mann bisher auch nicht erzählt und anderen Leuten schon garnicht, es ist echt extrem erleichternd hier im forum darüber zu schreiben, es ist der einzige Rahmen bei dem ich kein schlechtes Gewissen habe, die Dinge auszusprechen, die ich gedacht oder getan habe und es hat irgendwas berfeiendes, wie du schon gesagt hast, es hilft mehr sich mit Leuten auszutauschen, die selbst sowas erlebt haben und dich wirklich verstehen können, als Ratschläge von Leuten zu bekommen, die allenfalls darüber gelesen haben oder Leute die einen Fassungslos anschauen, weil sie nicht mal im Ansatz nachvollziehen können was in einem vorgeht und es mit grosser wahrscheinlich sogar verurteilen.

Das Buch, das du liest klingt interessant. "Akzeptanztheorie", auf was genau bezieht sich das, auf die Krankheit?
Ich muss sagen, dass diese Jahre die schlimmsten meines Lebens waren, dass ich es nie mehr erleben möchte und auch gerne darauf verzichtet hätte, allerdings weiss ich aber auch, dass sich seither auch viele Dinge zum positiven gewendet haben, ich habe grosse Entwicklungsschritte gemacht und viel über mich selbst und auch andere gelernt, was ohne die ganze Schei... höchstwahrscheinlich nicht so sehr der Fall gewesen wäre und das hat in meinem Fall durchaus auch vorteile. Auch wenn ich mir manchmal mein altes Leben zurück wünsche und ich nicht mehr ganz so ein glücklicher Mensch bin wie früher, kann ich dem ganzen irgendwie auch was gutes abgewinnen.

Lg Christina
Qwerty

Beitrag von Qwerty »

Hi Chrissy :mrgreen:

ich war übers WE weg... melde mich morgen wieder.

LG
Qwerty
christina

Beitrag von christina »

Danke Qwertina :D

Ich freu mich drauf!

Chrissy
Qwerty

Beitrag von Qwerty »

So... wie versprochen, hier bin ich wieder.
Das hört sich wirklich gut an und ich bin mir eigentlich sicher, dass das Wetter eine positive Auswirkung auf die Stimmung hat. Mir ging es im Urlaub auch gut und ich glaube ich habe ein bisschen gute Laune mit zurück genommen. Mal sehen, wie lange das anhält, wenn's in Deutschland Winter wird. :wink:
Genau aus dem Grund, dass ich auch meinte, dass mein Kind sich mit mir langweilt, war ich anfangs ständig unterwegs. Damit zumindestens keine Langeweile aufkommt. Wenn mein Kind schon keine Liebe bekommt, dann wenigstens Abwechslung. Und außerdem wird man davon müde und dann schlafen Kinder ja besser und können nicht schreien und mich nerven... :twisted: Also hat es weniger damit zu tun, dass ich meinem Kind etwas gutes tun wollte. Ich habe dabei nur an mich gedacht. :roll:
Ich schaue mir manchmal auch Bilder an und bin einerseits traurig, da ich die Zeit nicht geniessen konnte wie ich es gerne getan hätte. Andererseits kann ich mich aber trotzdem irgendwie daran erfreuen. Ich schaue mir die Bilder quasi als Außenstehende an und erkenne, dass mein Baby glücklich und zufrieden aussieht. Dann überlege ich mir, dass ihr, dass wir es doch ganz gut hingekriegt haben, trotz meiner Krankheit. Das gibt mir dann ein bisschen Mut. Ich sehe mir die Bilder an und kann die Freude im Nachhinein ein kleines bisschen nachempfinden / nachholen. Die Zeit ist zwar vorbei, aber ich habe sie mit meinem Baby
verbracht und das war rein objektiv gut und richtig, auch wenn ich subjektiv keine Freude daran hatte.
Ich bin auch gespannt, wie es bei einer eventuellen 2. Schwangerschaft sein wird. In der 1. Schwangerschaft ging es mir ja blendend. Ich habe so ein bisschen die Hoffnung, dass dieses gute Gefühl wiederkommt.
Mache Dir keine Gedanken wegen Deinen Fragen... dafür ist das Forum ja gerade! Ich kann nicht alles beantworten, aber ich kann zumindest meinen Senf dazugeben :-)
Was die Medikamente angeht... Das richtige AD sorgt dafür, dass Ängste gemindert und die Stimmung verbessert wird. Man muss "nur" das richtige Medikament und die richtige Dosierung finden. Es kann gleich beim ersten Versuch einen Volltreffer sein, aber manche Mädels müssen verschiedene ADs durchprobieren, bis das Richtige gefunden ist. In meinem Fall werde ich mich mit meiner Ärztin schon während einer evt. Schwangerschaft schon Gedanken machen, wie wir im Notfall vorgehen. Obwohl es stillverträgliche ADs gibt, werde ich wohl nicht anfangen zu stillen. Werde ich aber vorher mit der Ärztin besprechen. Ich werde aber auf jedem Fall nicht so lange warten wie beim ersten Mal und sofort Medis nehmen wenn ich sie brauche. Die Angst vor Medikamente habe ich durch die Krankheit verloren, da ich gemerkt habe, dass sie helfen, dass man nicht abhängig wird und man keine andere Person davon wird. Vor allem im Akutfall ist es eine große Erleichterung wenn man merkt, dass sich endlich etwas tut.
Die Akzeptanztheorie bezieht sich ganz allgemein auf negative Gedanken und Gefühle. Das Buch beschreibt, dass andere Therapien versuchen solche Gedanken und Gefühle entweder mit guten Gedanken und Gefühlen zu überdecken oder eine Technik zu entwickeln sie gewissermaßen auszuschalten.
Die Akzeptanztheorie geht davon aus, dass solche Therapien auf lange Sicht nicht funktionieren, da man solche Gefühle durch Verdrängung und Bekämpfung nicht los wird sondern verstärkt. Nach dem Motto: wenn Du versuchst NICHT an einem blauen Elefanten zu denken, dann kommt sofort der Gedanke an einem blauen Elefanten. Die Akzeptanztheorie versucht zu vermitteln, dass es Gedanken und Gefühle immer da sind und dass es darum geht sie anzunehmen, auch wenn man sie nicht gut findet. Es geht eher darum, Techniken zu erlernen um Gedanken und Gefühle die nicht hilfreich sind, weniger Aufmerksamkeit zu schenken und sie nicht als mehr zu sehen als sie tatsächlich sind, nämlich lediglich eine Reihe von Wörtern. Wenn Gedanken nicht hilfreich sind, ist nicht wichtig, ob sie stimmen oder nicht und man muss sein Verhalten nicht danach ausrichten. Im Buch werden verschiedenen Techniken beschrieben, die angewendet werden können, um zu versuchen, sich seine Gefühle und Gedanken quasi als Aussenstehender interessiert anzusehen und zu betrachten ohne mit diesen Gefühlen und Gedanken eins zu werden. Hoffe, dass war einigermaßen verständlich.
Ich habe Deinen Beitrag im "normalen" Forum auch gelesen und musste schmunzeln. Ich hatte mich damals mit genau dem gleichen Anliegen hier angemeldet... Bin ich normal oder bin ich doch noch krank? Mir ging es zu gut um mich richtig krank zu fühlen und zu schlecht um mich richtig gesund zu fühlen. Ich wusste auch nicht genau, ob ich hier richtig in. Aber aufgrund der gleichen Geschichte und weil hier sowohl kranke als gesunde Frauen unterwegs sind, habe ich mich dann doch gut aufgehoben gefühlt.
Ich bin keine Ärztin und auch keine Psychologin (wäre auch überhaupt nichts für mich! :P) aber ich denke, dass Du "ziemlich normal" bist. :mrgreen:
Im Ernst: ich denke, dass die Krankheit selbst bei Dir vorbei ist, aber dass diese Krankheit hat logischerweise Spuren hinterlassen hat. Alles andere wäre komisch, denn es war die schwerste Zeit Deines Lebens.
Es ist nur die Frage, wie tief die Spuren heute noch sind und ob sie dich an einem erfüllten Leben bzw. an einem Weiterkommen im Leben hindern
Ich denke auch, dass ich glücklicher sein könnte als ich bin, aber wahrscheinlich bzw. sicherlich geht es vielen gesunden Menschen auch so. Im Grunde läuft mein Leben so wie ich es mir vorstelle und viel mehr kann man nicht verlangen und schon gar nicht erzwingen.
Obwohl ich ja keine "echte" Therapie bekommen habe, sind durch die Gespräche mit der Therapeutin bei mir natürlich schon Gedanken in Gang gesetzt worden, die ich als positiv oder besser gesagt als hilfreich einstufe. Ich bin nicht kopflos und grundlos glücklich, aber ich bin heute bewusst und aus guten Grund mit meinem Leben zufrieden. Darauf versuche ich mich zu konzentrieren und daraus Kraft zu schöpfen. Count your blessings not your problems, fällt mir dazu ein. Ich habe mittlerweile für mich persönlich festgestellt, dass es in meinem Leben nicht darum geht, eine Lösung für ein Problem zu finden, sondern das Leben so wie es ist anzunehmen und mich weniger mit dem Kopf und mehr mit dem Herzen mit dem Leben zu beschäftigen. Mitten im Leben stehen und alles war darin passiert sehen und erleben anstatt über das Leben nachzudenken und es in gewisser Weise von einer Entfernung zu betrachten, ohne daran richtig teilzunehmen.
Wie Du mittlerweile weisst, bin ich relativ kopflastig und habe das was ich oben beschrieben habe noch (lange) nicht erreicht, aber ich arbeite dran... :lol: Der Weg ist das Ziel. Man muss natürlich sagen, dass ich schon längst über meine schwere Phase hinweg bin. Frauen die mitten in einer solchen Phase stecken, sind mit solchen Ansätzen nicht geholfen. Denn dort ist Erste Hilfe angesagt!
Schlaf schön!
LG
Qwertinchen :mrgreen:
christina

Beitrag von christina »

Schön, dass du so zuverlässig bist ;-), das ist etwas, dass die hier in diesem Land so garnicht kennen, von Pünktlichkeit, klaren Ansagen und dass man Versprechen normalerweise hält haben die hier noch nix gehört, das bringt mich manchmal zur Verzweiflung :-)!

Ich schreib dir mal ein PN, vielleicht heute noch, ansonten hoffe ich morgen, hatte heute einen Guten Tag und nutze die gute Stimmung weiterhin produktiv zu sein.

Bis später Qwentinchen,
Lieber Gruss Christinchen
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