Und auf einmal geht mir ein Licht auf...
Verfasst: 15:01:2011 20:24
Durch eine Fernsehdoku über Wochenbettdepression bin ich gestern im Forum gelandet. Habe 2 Stunden gelesen und denke mir immer wieder:“Bingo! Mensch warst Du blind“.
Aber von vorne:
Ich bin 32 und mein Leben ist perfekt.
Im Oktober 2009 kam unsere Tochter zur Welt. Ein absolutes Wunschkind, auf das wir 1 ½ Jahre „hingearbeitet“ haben. Sie ist gesund, gut gelaunt, fröhlich und unkompliziert. Mein Mann ist liebevoll, meine Mama unterstützt mich mit Babysitten wann immer ich sie brauche, Freunde sind auch da. Wir haben eine schöne Wohnung mit Garten, finanziell reicht´s, wenn man ein bisschen drauf achtet und ich kann dank meines tollen Chefs sogar flexibel arbeiten, auch von zu Hause aus.
Wie gesagt, mein Leben ist perfekt. Ich hab´s super gut. Und bin kreuzunglücklich.
Schon in der Schwangerschaft hatte ich viele Heultage, war sooo unglücklich und wusste doch gar nicht warum – ich hatte mir das doch so gewünscht! Wohl die Hormone, dachte ich mir. Zwar extrem, aber zum Glück ja zeitlich begrenzt. Zudem hatte ich Probleme mit viel Wasser, ständig Sodbrennen und extreme Gewichtszunahme. Aber das war ja auszuhalten.
Unsere Maus kam dann per Kaiserschnitt, nachdem sie schon 11 Tage überfällig war und Einleiten nicht funktionierte. Ich hatte den „Baby Blues“ aber nur ein paar Tage, danach war ich etwas nah am Wasser gebaut, aber ich bin sowieso ein emotionaler Mensch. Dachte ich mir also auch nichts dabei.
Von außen betrachtet passt alles, auch mein Umfeld bestätigt mich. Aber ich habe schon seit Monaten immer wieder extreme Stimmungstiefs. Weine viel, bin verzweifelt, fühle mich überfordert und unfähig. Bin müde und doch ständig unter Strom. Tagsüber mal ein bisschen schlafen fast unmöglich, nachts liege ich oft wach und grüble.
Ich liebe meine Tochter, schaffe es auch, sie zu versorgen, bin aber sehr unglücklich darüber, dass es vom Gefühl her oft eine Belastung für mich ist, ich das alles als „Arbeit“ empfinde. Sollte ich nicht Freude dabei haben? Ich rede und spiele mit ihr, aber oft quasi aus Verpflichtung heraus, weil ich weiß, dass es für sie wichtig ist. Und abends bin ich gottfroh, wenn sie im Bett ist, aber komme doch nicht zur Ruhe.
Sie ist mit dem Krabbeln spät dran gewesen, weshalb uns der Kinderarzt zur Krankengymnastik geschickt hat. Alle beruhigen mich, aber immer wieder kommen diese Gedanken “Oh Gott, was hast Du falsch gemacht, Dein Kind ist entwicklungsverzögert und Du bist schuld“. Jetzt beobachte ich ihre Fortschritte in Richtung Aufstehen und Laufen und die Sorgen melden sich wieder...
Ich habe kein Problem damit, meine Tochter abzugeben, damit ich arbeiten oder meinen Haushalt erledigen kann. Aber es fällt mir schwer, andere um Betreuung meiner Tochter zu bitten, damit ich Freizeit habe. Ich komme mir egoistisch vor und habe ein schlechtes Gewissen, weil das doch mein Job ist als Mama. Als würde ich sie abschieben.
Zwischendurch habe ich schon Freizeit, gehe abends mit einer Freundin aus oder mit meinem Mann ins Kino. Mein Umfeld ermutigt mich auch dazu und bietet mir die Gelegenheit. Aber ich erlaube es mir selten und fühle mich auch nicht erholt nach diesen Auszeiten. Die bringen mir grad nur soviel Kraft, dass ich weitermachen kann.
Auch meine sexuelle Unlust macht mich sehr unglücklich.
Die letzten Wochen war ich in einem Zustand der Resignation. Man funktioniert halt. Ich habe keine Selbstmordgedanken, aber mein Gemütszustand lässt sich vielleicht so beschreiben: Du gehst über die Strasse, ein Auto kommt. Naja, entweder es bremst oder es bremst nicht und überfährt Dich. Egal eigentlich.
Das macht mir Angst. Ich will nicht so sein, mich nicht so fühlen. Ich war immer ein Kämpfer.
Letzte Woche habe ich mit der Frauenärztin gesprochen. Habe von einer Freundin den Tip bekommen, vielleicht mal die Pille zu wechseln. Die Ärztin meinte, dass sie nicht denkt, dass das nutzen würde. Ich sollte mir einfach mehr Auszeiten gönnen, damit ich zu Kräften komme. Die Sprechstundenhilfe hat mich angesprochen, man würde mir ansehen, dass es mir nicht gut geht, ob ich nicht mal mit einem Psychologen sprechen möchte? Wenn jemand Anteil nimmt und nett zu mir ist, bringt mich das gleich zum Weinen. Ätzend.
Vorgestern habe ich mich mehrfach ausgeheult, bei meiner Mutter, meinem Mann, einer Freundin. Es hat mich erleichtert. Habe immerhin den Kopf aus meinem Loch gesteckt und beschlossen, dass ich jetzt was tun muss, tun WILL. Gestern dann diese Dokumentation, das Forum.
Ich habe mir das einfacher vorgestellt, Kind und Partner, Haushalt und Beruf. „Alles eine Frage der Organisation“ dachte ich, das kann ich doch. Bin doch gut im Organisieren und Planen, bin Perfektionist und ehrgeizig, schaff ich schon. Aber ich hechel immer hinterher, habe immer mehr zu tun als ich schaffen kann und bin dann von mir selber enttäuscht. Habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich dann mal hinsetze statt meine Sachen zu erledigen und komme doch nicht zur Ruhe. Ich glaube, ich stehe mir selber viel im Weg.
Und ich habe mich oft gefragt, ob ich denn die Einzige bin die damit nicht klar kommt? Stimmt was nicht mit mir? Oder spielt die Allgemeinheit nur heile Welt und gibt nicht zu, dass es manchmal einfach zu viel wird?
Aber vielleicht bin ich doch keine dumme überdrehte Gans, die es einfach nur nicht schafft sich zusammen zu reißen. Vielleicht ist es eine Depression und ich muss einfach nur ganz anders an die Sache dran gehen? Ich will mein Leben wieder in den Griff kriegen, egal wie. Jetzt bin ich auf der Suche. Das Forum ist vielleicht der erste Schritt in die richtige Richtung.
Zu erfahren, dass es nicht nur mir so geht, ist unwahrscheinlich tröstlich.
Auch wenn ich durch Familie und Freunde viel Unterstützung erfahre, ist der Austausch mit Betroffenen doch noch einmal eine andere Liga.
Ich sitze hier, lese die lieben Wort, mit denen Neuankömmlinge begrüßt werden und muß die ganze Zeit weinen. Ich habe riesigen Respekt vor Euch allen, Eurer Offenheit, Eurer Hilfsbereitschaft. Es war schwer, mir das hier von der Seele zu schreiben, aber notwendig. So dringend notwendig.
Jetzt kann ich dem Problem endlich einen Namen geben. Ich habe PPD.
Diese einfache Erkenntnis gibt mir irgendwie Kraft. Zeit zu kämpfen.
Als nächstes muß ich den Mut finden, zum Arzt / Psychologen zu gehen.
Habe Angst vor Ablehnung. Angst davor, nur zu hören „Gönnen Sie sich mehr Ruhe.“
Aber den Mut werde ich finden. Bald.
p.s. sorry für das viele Gefasel. Aber wenn der Damm erst mal gebrochen ist...
Aber von vorne:
Ich bin 32 und mein Leben ist perfekt.
Im Oktober 2009 kam unsere Tochter zur Welt. Ein absolutes Wunschkind, auf das wir 1 ½ Jahre „hingearbeitet“ haben. Sie ist gesund, gut gelaunt, fröhlich und unkompliziert. Mein Mann ist liebevoll, meine Mama unterstützt mich mit Babysitten wann immer ich sie brauche, Freunde sind auch da. Wir haben eine schöne Wohnung mit Garten, finanziell reicht´s, wenn man ein bisschen drauf achtet und ich kann dank meines tollen Chefs sogar flexibel arbeiten, auch von zu Hause aus.
Wie gesagt, mein Leben ist perfekt. Ich hab´s super gut. Und bin kreuzunglücklich.
Schon in der Schwangerschaft hatte ich viele Heultage, war sooo unglücklich und wusste doch gar nicht warum – ich hatte mir das doch so gewünscht! Wohl die Hormone, dachte ich mir. Zwar extrem, aber zum Glück ja zeitlich begrenzt. Zudem hatte ich Probleme mit viel Wasser, ständig Sodbrennen und extreme Gewichtszunahme. Aber das war ja auszuhalten.
Unsere Maus kam dann per Kaiserschnitt, nachdem sie schon 11 Tage überfällig war und Einleiten nicht funktionierte. Ich hatte den „Baby Blues“ aber nur ein paar Tage, danach war ich etwas nah am Wasser gebaut, aber ich bin sowieso ein emotionaler Mensch. Dachte ich mir also auch nichts dabei.
Von außen betrachtet passt alles, auch mein Umfeld bestätigt mich. Aber ich habe schon seit Monaten immer wieder extreme Stimmungstiefs. Weine viel, bin verzweifelt, fühle mich überfordert und unfähig. Bin müde und doch ständig unter Strom. Tagsüber mal ein bisschen schlafen fast unmöglich, nachts liege ich oft wach und grüble.
Ich liebe meine Tochter, schaffe es auch, sie zu versorgen, bin aber sehr unglücklich darüber, dass es vom Gefühl her oft eine Belastung für mich ist, ich das alles als „Arbeit“ empfinde. Sollte ich nicht Freude dabei haben? Ich rede und spiele mit ihr, aber oft quasi aus Verpflichtung heraus, weil ich weiß, dass es für sie wichtig ist. Und abends bin ich gottfroh, wenn sie im Bett ist, aber komme doch nicht zur Ruhe.
Sie ist mit dem Krabbeln spät dran gewesen, weshalb uns der Kinderarzt zur Krankengymnastik geschickt hat. Alle beruhigen mich, aber immer wieder kommen diese Gedanken “Oh Gott, was hast Du falsch gemacht, Dein Kind ist entwicklungsverzögert und Du bist schuld“. Jetzt beobachte ich ihre Fortschritte in Richtung Aufstehen und Laufen und die Sorgen melden sich wieder...
Ich habe kein Problem damit, meine Tochter abzugeben, damit ich arbeiten oder meinen Haushalt erledigen kann. Aber es fällt mir schwer, andere um Betreuung meiner Tochter zu bitten, damit ich Freizeit habe. Ich komme mir egoistisch vor und habe ein schlechtes Gewissen, weil das doch mein Job ist als Mama. Als würde ich sie abschieben.
Zwischendurch habe ich schon Freizeit, gehe abends mit einer Freundin aus oder mit meinem Mann ins Kino. Mein Umfeld ermutigt mich auch dazu und bietet mir die Gelegenheit. Aber ich erlaube es mir selten und fühle mich auch nicht erholt nach diesen Auszeiten. Die bringen mir grad nur soviel Kraft, dass ich weitermachen kann.
Auch meine sexuelle Unlust macht mich sehr unglücklich.
Die letzten Wochen war ich in einem Zustand der Resignation. Man funktioniert halt. Ich habe keine Selbstmordgedanken, aber mein Gemütszustand lässt sich vielleicht so beschreiben: Du gehst über die Strasse, ein Auto kommt. Naja, entweder es bremst oder es bremst nicht und überfährt Dich. Egal eigentlich.
Das macht mir Angst. Ich will nicht so sein, mich nicht so fühlen. Ich war immer ein Kämpfer.
Letzte Woche habe ich mit der Frauenärztin gesprochen. Habe von einer Freundin den Tip bekommen, vielleicht mal die Pille zu wechseln. Die Ärztin meinte, dass sie nicht denkt, dass das nutzen würde. Ich sollte mir einfach mehr Auszeiten gönnen, damit ich zu Kräften komme. Die Sprechstundenhilfe hat mich angesprochen, man würde mir ansehen, dass es mir nicht gut geht, ob ich nicht mal mit einem Psychologen sprechen möchte? Wenn jemand Anteil nimmt und nett zu mir ist, bringt mich das gleich zum Weinen. Ätzend.
Vorgestern habe ich mich mehrfach ausgeheult, bei meiner Mutter, meinem Mann, einer Freundin. Es hat mich erleichtert. Habe immerhin den Kopf aus meinem Loch gesteckt und beschlossen, dass ich jetzt was tun muss, tun WILL. Gestern dann diese Dokumentation, das Forum.
Ich habe mir das einfacher vorgestellt, Kind und Partner, Haushalt und Beruf. „Alles eine Frage der Organisation“ dachte ich, das kann ich doch. Bin doch gut im Organisieren und Planen, bin Perfektionist und ehrgeizig, schaff ich schon. Aber ich hechel immer hinterher, habe immer mehr zu tun als ich schaffen kann und bin dann von mir selber enttäuscht. Habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich dann mal hinsetze statt meine Sachen zu erledigen und komme doch nicht zur Ruhe. Ich glaube, ich stehe mir selber viel im Weg.
Und ich habe mich oft gefragt, ob ich denn die Einzige bin die damit nicht klar kommt? Stimmt was nicht mit mir? Oder spielt die Allgemeinheit nur heile Welt und gibt nicht zu, dass es manchmal einfach zu viel wird?
Aber vielleicht bin ich doch keine dumme überdrehte Gans, die es einfach nur nicht schafft sich zusammen zu reißen. Vielleicht ist es eine Depression und ich muss einfach nur ganz anders an die Sache dran gehen? Ich will mein Leben wieder in den Griff kriegen, egal wie. Jetzt bin ich auf der Suche. Das Forum ist vielleicht der erste Schritt in die richtige Richtung.
Zu erfahren, dass es nicht nur mir so geht, ist unwahrscheinlich tröstlich.
Auch wenn ich durch Familie und Freunde viel Unterstützung erfahre, ist der Austausch mit Betroffenen doch noch einmal eine andere Liga.
Ich sitze hier, lese die lieben Wort, mit denen Neuankömmlinge begrüßt werden und muß die ganze Zeit weinen. Ich habe riesigen Respekt vor Euch allen, Eurer Offenheit, Eurer Hilfsbereitschaft. Es war schwer, mir das hier von der Seele zu schreiben, aber notwendig. So dringend notwendig.
Jetzt kann ich dem Problem endlich einen Namen geben. Ich habe PPD.
Diese einfache Erkenntnis gibt mir irgendwie Kraft. Zeit zu kämpfen.
Als nächstes muß ich den Mut finden, zum Arzt / Psychologen zu gehen.
Habe Angst vor Ablehnung. Angst davor, nur zu hören „Gönnen Sie sich mehr Ruhe.“
Aber den Mut werde ich finden. Bald.
p.s. sorry für das viele Gefasel. Aber wenn der Damm erst mal gebrochen ist...