Hab das Gefühl es wird schlechter..

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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JuliMami2010

Hab das Gefühl es wird schlechter..

Beitrag von JuliMami2010 »

Hallo!

So.. nun schreibe ich mal. Warum weiß ich gerade selbst nicht so recht. Vielleicht, weil ich glaube das ihr es am besten versteht. Irgendwie.

Die letzten Wochen habe ich das Gefühl es wird täglich schlechter und das ärgert mich, weil ich es nicht verstehe. Ja, vielleicht ist es etwas viel auf einmal im Moment, aber andere schaffen das doch auch.
Seit 3 Monaten verletze ich mich (wieder) selbst. Ich hatte damit aufgehört, als ich meinen Mann kennengelernt habe. Es war mir unangenehm ihm gegenüber. Ich wollte ihn nicht vergraulen. Jetzt ist es mir irgendwie egal und es macht mir Angst das es mir egal ist.

Ich komm nicht mehr ausm Bett :( ich hab so ein schlechtes Gewissen deswegen! Jeden Morgen lieg ich bis 9.30/10 Uhr im Bett. Mann und Tochter stehen schon um 7 auf.. ich fühle mich schuldig für die Depression meines Mannes, fühle mich schuldig dafür das es wieder schlechter wird. Ich schieb unsere Tochter viel zu viel zu ihm zur Zeit.

Und gerade die letzten Tage nervt mich alles. Das macht mich teilweise richtig agressiv :( wenn die Kleine nachts aufwacht schimpf ich vor mich hin, fange vor lauter Wut an zu weinen und wünschte es wäre alles wie früher (aber das ist doch unfair! Sie kann doch nichts dafür, sie hat eben Bedürfnisse! Wie kann ich nur so etwas denken?? Wie kann ich nur so eine schlechte Mutter sein??!?!)
Tagsüber gehts etwas besser. Dann wirds nur schwierig wenn ich sie nicht beruhigt bekomme.. aber dafür nervt mich mein Mann tagsüber ungemein. Manchmal nervt mich schon seine bloße Anwesenheit und wenn er dann auch noch anfängt zu sprechen... *explosionsgefahr* (wie blöd eigentlich, weil ICH ja immer will das er mit mir spricht. ICH kanns nicht ertragen, wenn er schweigt)

Im Moment ist es so ein hin und her bei mir... aber eben immer extrem.. extrem traurig oder extrem genervt. Die letzten tage wieder genervt, davor einfach soo unglücklich, innerlich abgestorben. Jetzt, wo ich wieder so genervt und teilweise agressiv bin (niemals handgreiflich oder so, einfach nur innerlich oder eben auf mich bezogen was selbstverletzung betrifft) fühl ich mich nicht so schlimm abgestorben. Erst am Abend, wenns ins Bett geht, dann werd ich traurig, wünsche mir manchmal ich schlafe ein und wache nicht mehr auf. Alles ziemlich wirr..

Wenn ich ins Bett gehe, kann ich nicht schlafen. Ich habe Angst vor der Nacht. Angst, das sie aufwacht, wieder schreit.. und Angst vorm Morgen.
Solche dämlichen Kleinigkeiten, wie ihre Fläschchen putzen, fallen mir super schwer.

Hab das Gefühl ich bin eine mieserable Mutter und eine mieserable Ehefrau :(

Irgendwie warte ich jetzt schon ziemlich sehnsüchtig auf die Tagesklinik.. aber ich habe mal wieder viel zu hohe Erwartungen.. Wunder können die auch nicht vollbringen.

Lg, JuliMami
vergissmeinnicht

Beitrag von vergissmeinnicht »

Liebe JuliMami !

Komm sei nicht so traurig, ich umarm dich mal ganz lieb!
Du hast bestimmt keine zu hohen Erwartungen in der Tagesklinik, da wird dir geholfen, ganz bestimmt sogar.
Die sind vom Fach und wissen was dir gut tut, was dir fehlt, was du ändern kannst und vorallem bekommst die richtigen Medikamente.
Ich versteh dich so gut, wenn alles rund um einen schwarz erscheint fällt es so schwer an ein Licht zu glauben...
Mach dir nicht soviele Vorwürfe, du bist NICHT an der Krankheit deines Mannes Schuld, eventuell die Umstände und Krankheiten kommen ohne dass wir das beeinflussen können..
Mit dem Selbstverletzen..das Gefühl kenne ich leider sehr gut, tu dir ein Gummiband ans Handgelenk und immer wenn du das GEfühl hast du hälst den innerlichen Schmerz nicht mehr aus, zupfst du daran.
Es hilft ein wenig und hält dich vom ritzen ( ? ) auf weil es auch ein ungutes Gefühl ist dass du spürst.
Kopf hoch , es wird wieder..versprochen!
Ich wollte das letzte Jahr sooft sterben...lebe immer noch und bin froh drüber :)

Auch du wirst das mal von dir behaupten können, du bist eine starke junge Frau, der halt leider zur Zeit zuviel auf den Schultern geladen wird...
Und wenn es deinen Mann so gut geht dass er mit dem Baby aufsteht..warum nicht? Er ist der Vater und somit teilt ihr euch eben die Verantwortung, jeder kann nur das machen was er auch kann!
Sofern man sich hilfe holt wird alles gut!
Shatura

Beitrag von Shatura »

ich schließ mich vergissmeinnicht an und drück dich auch mal :-)

hab doch kein schlechtes gewissen, wenn dein mann mit deiner maus aufsteht und du noch liegen bleibst. sei doch froh, dass er das tut und gönn dir in ruhe noch die zeit. dann bist du vielleicht auch erholter und kannst nachmittags eure tochter übernehmen, damit dein mann ein bisschen ruhen kann.

ich habs jetzt net im kopf, wann steht tagesklinik an?
Leuchtkäfer

Beitrag von Leuchtkäfer »

Hallo JuliMama,

Du hast selbst schon im ersten Satz den Schlüsse zu allem geschrieben: Du VERLETZT Dich wieder selbst. Anscheinend bist Du eine Person, die mit Ihrer Wut nirgends hin kann und sich dann selber etwas antut.

Ich kann Dich sehr, sehr gut verstehen. Vor der PPD kannte ich solche krassen Wutgefühle gegen mich selbst nicht. Ich war schon immer ungeduldig und aufbrausend, aber nicht so. Bei mir stand die Wut ganz lange an erster Stelle der Symptome. Genau wie Du war ich wütend auf mein schreinendes Kind, meinen Mann, deswegen dann auf mich undundund.
Für mich war ausschlaggebend, in die Klinik zu gehen, als ich Angst bekommen habe, vor Wut meinem Kind etwas zu tun und weil ich das nicht wollte, lieber mir selber.

Wie wäre es gegen die Wut zu Laufen? Ich meine das ganz Ernst. Ich war und bin nie eine leidenschaftliche Joggerin gewesen, aber in dieser Zeit bin ich sozusagen um mein Leben gelaufen. Einfach raus ohne Ziel und Plan und so hart gegen den Boden treten, daß Du glaubst, Deine Füße sprühen Funken. Dann stell Dir vor mit jedem Schritt explodiert ein kleines bißchen Wut in Dir und kommt aus Dir raus.
Versuch es mal, im Ernst. Nimm alles Kraft zusammen und geh morgens mal los. Dann eine heiße Dusche und alles sieht anders aus.

Mir ist klar, daß das eine Depression nicht heilt, aber in mir brannte die Wut dann immer nicht mehr ganz so heiß.

Ich habe mich auch so für die Wut geschämt. Das ist eben eine Eigenschaft, die nicht gesellschaftlich akzeptiert ist. Als Mutter soll man snaft wie ein Lämmchen sein und lieb das Kind anlächeln.
Wut kann aber auch eine unheimliche Antriebsfeder sein. Das kennst Du sicher auch. Wenn man richtig wütend auf etwas ist, möchte man diese Situation ändern.
Versuch die Wut vielleicht auf die PPD umzumünzen und nicht auf Dich. Das hast Du nicht verdient, Du bist nicht Schuld daran.

Auch jetzt noch gehe ich ab und zu Laufen, wenn mir der Kragen fast platzt. Das sind dann keine schlimmen Sachen, aber die SUmme aus einem nervigen Tag, einem quengelden Kind und dann z.B. kein Salz mehr im Küchenschrank lassen es in mir kochen und ich renne dann los.

Ansonsten wird die Tagesklinik natürlich keine Wunder vollbringen, aber Entlastung bestimmt.

Grüße von Leuchtkäfer
JuliMami2010

Beitrag von JuliMami2010 »

Ich danke euch für die tollen Antworten!

Vergissmeinnicht: Ich weiß nicht, warum ich so ein schlechtes Gewissen dabei habe, wenn mein Mann mit ihr aufsteht. Er hat mal gesagt, das er das doof findet, weil morgens die einzige Zeit ist wo er mal was in Ruhe machen kann, ohne Babygeplärre und so.. :( hab halt Angst das es ihm dann wieder schlechter geht, wenn er keine Zeit für sich hat.

Shatura: Die Tagesklinik beginnt am 7.2. also ists nicht mehr sooo lange hin. Egal wie lange oder kurz ich schlafe, ich bin am Morgen nie erholt zur Zeit :( jeden Tag bin ich schon nachm aufstehen wieder völlig im Eimer.. aber einschlafen kann ich am Abend dann trotzdem nicht. Hab das Gefühl ich bin völlig übermüdet.
Fürchte mich schon davor wie es in der Tagesklinik werden soll. Da MUSS ich morgens aufstehen und hin gehen, sonst versau ichs mir selbst.

Leuchtkäfer: Ich kannte SO starke Wutgefühle auch noch nicht. Es ist "beruhigend" zu hören, das ich nicht die einzige bin. Ich habe keine Angst meiner Tochter etwas anzutun. Ich habe keine Angst irgendjemandem etwas anzutun. Ich habe schon immer mich selbst verletzt wenn ich wütend auf jemand anderes war.

Ich bin auch überhaupt nicht der sportliche Typ, aber vielleicht klappt das mit dem Laufen ja tatsächlich. Wenn ich mich denn dazu aufraffen kann. Fühl mich teilweise echt gelähmt :( aber ich werds probieren. Irgendwann muss ja mal was passieren!


Off Topic: Unsere Kleine dreht sich seit gestern aus einer Tour vom Rücken auf den Bauch :D Ich bin so stolz!

Lg, JuliMami
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