
erstmal möchte ich sagen, dass ich mich sehr freue dieses Forum gefunden zu habe. Da ich augenscheinlich in meinem Umfeld wohl nur von "normalen" Müttern umgeben bin ist es ein schönes Gefühl zu wissen, dass es auch Mütter gibt die "anders" sind, so wie ich.
Jetzt aber zu mir, hm, wo fange ich bloß an?!
Ich bin 34 Jahre alt und mein Sohn (erstes Kind), jetzt ein Jahr alt, war ein absolutes Wunschkind. Die ersten zwei Trimester der Schwangerschaft verliefen wunderprächtig. Ich hatte kaum Beschwerden und auch der Zwerg war gesund. Im letzten Drittel wurde dann eine Schwangerschaftserkrankung festgestellt. Lt. Ärzte eine sehr seltene Erkrankung über deren Verlauf man zwar irgendwie bescheid weiß, aber dennoch nicht wirklich. So ging es also los, dass ich ca. 3 Monate vor ET krank geschrieben wurde. Ich war mehr im Krankenhaus und beim Arzt als sonst wo (Blutabnahmen, CTG's, U-Schall's). Es war eine sehr stressige und nervenaufreibende Zeit. Ich hatte gar keine Zeit mehr meine Schwangerschaft zu genießen und mich auf die Geburt zu freuen. Meine Blutwerte fuhren Achterbahn und immer wieder wurde mir gesagt, dass ein intrauteriner Tod meines Babys eintreten kann. In der 36. Woche wurde erfolglos eingeleitet (der absolute Horror!!). Dann ET +1 wurde wieder eingeleitet. Von der Einleitung bis zur Geburt hat es 36 Stunden gedauert bis mein Zwerg endlich in meinen Armen lag. Die Geburt war (trotzt PDA) einfach grausig und zwischendurch dachte ich, ich schaffe das alles nicht mehr. An dieser Stelle möchte ich noch erwähnen, dass ich meinen Sohn vom ersten Augenblick an geliebt habt. Ein Gefühl der Ablehnung hatte ich nie. Ca. 18 Stunden nach der Geburt bekam ich Brechdurchfall (Folge der PDA oder ein Virus). Ich war so schwach und dehydriert, dass ich mich kaum um einen Zwerg kümmern konnte. GsD habe ich einen ganz tollen Partner, der die ersten zwei Tag im KH alles gemacht und getan hat. Infolge dessen, wurde auch direkt zugefüttert und mein "Traum vom stillen" ging nicht wirklich erfolgreich los.
Nach 4 Tagen waren wir dann zuhause und ich merkte, dass sich dieses allseits "besungene" Hochgefühl des endlich Mama seins nicht einstellte. Ich war einfach nur total neben der Spur. Nichts war so wie ich es mir erträumte hatte. Keine spontane Geburt nach dem Motto "Schatz, wir müssen fahren ich glaube es geht los" und das stillen hat mir ehr Unbehagen als tonnenweise Endorphiene beschert. Meine Hebamme war auch keine große Hilfe in der Zeit. Sie ist eine total "Pro-stillen-Fundamentalistin" und die Flasche ist quasi Teufelswerk. So vegetierte ich vor mich hin. Hatte immer wieder Heulkrämpfe und haderte mit meinem Schicksal. Irgendwann schlichen sich dann Zwangsgedanken in mein Hirn. Ich war dermaßen schockiert darüber, dass hat mich dann noch mehr runtergezogen. Ich fragte mich die ganze Zeit was mit mir los ist. Wo blieb nur dieses Hochgefühl?! Ich hatte doch alles was ich wollte, einen wundervollen kleinen Jungen einen fürsorglichen Partner. Aber jeder Tag war ein Kampf. Ich machte alles irgendwie mechanisch und hatte Angst vorm stillen. Ganz besonders schlimm war die Angst, dass meinem Partner etwas passieren könnte. Er musste sich jeden Morgen melden wenn er zur Arbeit fuhr, dass er gut angekommen ist. Wenn die SMS mal etwas verzögert kam, bin ich direkt in Panik ausgebrochen.
Bei der Nachsorge fasste ich mir ein Herz und schilderte meiner Gyn was mit mir los ist. Sie erkannte die Lage und gab mir die Nummer einer Therapeutin bei der ich (oh Wunder!) auch direkt einen Termin bekam. Das ist jetzt 10 Monate her und es hat sich auch schon einiges gebessert. Meine Zwangsgedanken treten so gut wie gar nicht mehr auf und der Alltag fällt mir leichter. Aber wirklich gut geht es mir nicht.
Ich bin immer wieder sehr reizbar. Ich geh bei Nichtigkeiten an die Decke. Ich erwische mich immer wieder dabei wie ich an die Zeit ohne Kind denke. Ich war so schön schlank, habe viel unternommen und Freude am Leben gehabt. Hinzu kommt noch das Schlafverhalten meines Sohnes. Die ersten Monate war das irgendwie kein richtiges Problem. Aber umso älter er wurde, um so schlimmer wurden die Nächte. Er schrie oft 1-2 Stunden am Stück und nichts konnte ihn beruhigen. Sogar die Nachbarn sprachen mich an, ob ich "irgendetwas" mit meinem Kind anstellen würde. Er würde ja schreien, als ob man ihm bei lebendigem Leib die Haut abziehen würde. Dieses Geschrei in der Nacht ging über Wochen und Monate. Wir haben uns die Nächte geteilt, denn alleine kann man das einfach nicht stemmen. Zur Zeit ist es wieder etwas besser. Er wacht im Schnitt "nur" 3-7 Mal in der Nacht auf und muss kurz beruhigt werden. Aber auch das schlaucht einfach ohne Ende. Wir waren jetzt in der Schreiambulanz und er hat wohl eine sog. frühkindliche Regulierungsstörung, d.h. er kann sich nachts nicht selbst beruhigen. Dafür gebe ich mir die Schuld, irgendwie. Denn wenn ein Baby eine psychisch kranke Mutter hat, muss ja auch bei ihm diesbezüglich "was hängen bleiben".
Ich frage mich 24 Stunden am Tag, was ich bloß falsch gemacht habe oder falsch mache. Ich bin nicht in der Lage einfach mal abzuschalten. Ich kann nicht weggehen ohne den Gedanken dann eine schlechte Mutter zu sein die sich nicht kümmert. Ich habe sogar ein schlechtes Gewissen, wenn der Lütte mal für einige Zeit bei der Oma ist.
Meine Beziehung leidet auch sehr unter meinen Launen und Depriphasen. Ich weiß, dass ich mich meinen Partner gegenüber nicht korrekt verhalte und habe Angst, dass die Beziehung wegen mir in die Brüche geht. Aber trotz dieses Wissens bin ich nicht in der Lage etwas zu ändern. Das macht mich einfach nur fertig.
Mein Sohn ist ein wahrer Sonnenschein, aber sehr aktiv. Sogar die Kinderärztin meint, dass ich da ja ein ganz besonders eifriges Früchtchen hätte. Wenn er nachts wenigstens schlafen würde, dann wäre ich am Tag nicht so ausgelaugt. Ich brülle daher oft mal rum wenn er beim 20. nein nicht hört und gerate generell schnell aus der Fassung. Eine Sekunde später tut mir mein Verhalten sofort wieder leid. Aber befreien kann ich mich davon nicht.
Ich habe wirklich viel Hilfe und Unterstützung in meinem Umfeld. Aber ich komme dennoch nicht wirklich klar. Meine Therapeutin sagt, ich wäre zwangskrank, Kontrollzwang. Wir arbeiten daran, aber oft denke ich, dass ich einfach nicht weiterkomme und gar nichts besser wird. Es gibt mal gute Tage da denke ich, ja es geht weiter. Aber die schlechten Tage überwiegen leider noch. Ich bekomme in unregelmäßigen Abständen immer wieder soetwas wie Nervenzusammenbrüche. Ich habe so gut wie jeden Abend Panik vor den Nächten, da ich ja nicht kontrollieren kann wie und wann mein Kind schlafen wird.
Stellt euch mal vor, ich habe sogar oft Angst mit meinem Sohn irgendwo hin zu fahren denn er könnte ja im Auto weinen (was er leider oft mal macht). Wie besch.... ist das denn?

Ich komme mir oft so schlecht vor, so "unnormal". Ich denke dann immer, andere Mütter schaffen das doch auch alles und zwar ohne Depris und rumgeheule.
Ich habe mir damals alles so schön ausgemalt und jetzt ist alles ganz anders. Ich frage mich, ob ich jemals wieder "normal" sein kann. Ich habe Angst, dass mein Kind spürt, dass ich so neben der Spur bin und mein Verhältnis dadurch zu ihm gestört wird.
Oje, dass ist ja jetzt doch arg lang geworden.

Für alle, die es bis hierher geschafft haben spendiere ich mal ne virtuelle Runde Donauwelle und Kaffee. Danke, dass ihr mir "zugehört" habt

Liebe Grüße,
der Nachtschatten