Schon fast ein Jahr..

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Meli2299
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Schon fast ein Jahr..

Beitrag von Meli2299 »

Hallo ihr,
Die letzten Monate habe ich oft hier im Forum gelesen, um mir Mut und Kraft abzuholen.
Die Geburt meines zweiten Sohnes ist nun fast 1 Jahr her und ich bin immer noch nicht übern Berg :( das macht mich fertig. Ich bekam nach der Geburt eine schwere WB-Depression mit Depersonalisation und Derealisation und dann bekam ich Fluoxetin, welches ich aber nach Wochen einfach nicht wirklich vertragen habe. Als Ansprechpartnerin habe ich eine super liebe Ärztin in der Psy. Institutsambulanz. Als ich Fluoxetin absetzen musste weils einfach nicht mehr ging, verschrieb sie mir Escitalopram in Tropfen, die ich dann selber dosieren konnte. Ich sollte auf erstmal 10 mg kommen meinte sie. Gut, es hat einige Wochen gedauert, bis ich endlich bei 10 mg ankam. Ich hatte einige Nebenwirkungen und auch leider eine deutliche Erstverschlimmerung. Ich hielt durch. Das war jetzt bestimmt 6-8 Wochen her, wo ich bei 10 mg angekommen bin. Aber ich fühle mich einfach nicht gut 😔. Ich merke zwar schon, dass ich keine heftigen Panikattacken mehr bekomme aber ich habe immer noch so viel Angst und bin einfach depressiv und ohne jegliche Freude. Habe ich zu wenig Geduld? Nach fast einem Jahr dachte ich, könnte ich wieder langsam glücklich sein aber dem ist nicht so. Mein Mann unterstützt mich wo er nur kann, aber er versteht psychische Erkrankungen nicht und kann es nicht nachfühlen. Er meint oft "es ist doch alles gut, wir haben alles....." aber ich bin todunglücklich und ich kann langsam nicht mehr. Nach fast einem Jahr zuhause fällt mir auch immer mehr und mehr die Decke auf den Kopf. Ich habe überlegt im Januar wieder für einen Tag arbeiten zu gehen aber ob das eine gute Idee ist?
Wann wird es denn je besser ? Was ist, wenn ich nie wieder glücklich sein kann? 😢😢
Hinzu kommt, dass ich in diesem Jahr eine schlimme Hypochondrie entwickelt habe. Ich habe plötzlich unglaubliche Angst davor schlimm krank zu werden, habe richtig schlimmen Grübelzwang, beobachte meinen Körper extrem und male mir ständig aus, dass ich Krebs habe aufgrund einiger Symptome die auch von der Psyche kommen können (übelkeit zb).
Achman😔😔😔

Vielleicht hat jemand einen Tipp für mich. Ist Escitalopram vielleicht auch nicht das richtige für mich? Brauche ich mehr Medikamente?

Ganz liebe Grüße
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Marika
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Re: Schon fast ein Jahr..

Beitrag von Marika »

Hallo Melli!

Es ist wie du sagst bzw. vermutest: du brauchst tatsächlich noch sehr viel mehr Geduld. 6 - 8 Wochen klingt lange, ist aber bei einer PPD erst der Anfang. Du bist erst jetzt bei 10 mg Escitalopram und merkst Verbesserungen, das ist super. Aber ein AD braucht deutlich länger um richtig wirken zu können. Die Reparatur Mechanismen im Gehirn sind oft so komplex, dass man mir mehreren Monaten locker rechnen muss.

10 mg Escitalopram ist die erste wirksame Dosis, da ist noch Luft nach oben. Ob du erhöhen sollst, muss dein behandelnder Arzt nach einer gewissen Zeit entscheiden. Jetzt aber musst du den 10 mg erstmal die Chance geben ihre Wirkung zu entfalten. Bei Escitalopram kann das sogar bis zu 12 Wochen dauern, bis die gesamte Bandbreite der jeweiligen Dosis erreicht ist. Und auch dann ist nicht plötzlich alles gut. Gute und schlechtere Phasen wechseln sich ab. Aber die Tendenz geht dann in die Richtung, dass die guten Phasen immer mehr werden und die schlechten weniger. Und das dauert... da musst du dich echt auf mehrere Monate einstellen.

Versuch bitte noch Geduld zu haben, es geht leider bei einer PPD länger, bis man wieder gesund ist. Wichtig ist gut mit deinem Arzt in Verbindung zu bleiben um ggf. die Dosis anzupassen.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Meli2299
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Re: Schon fast ein Jahr..

Beitrag von Meli2299 »

Hallo Marika,

Danke für deine schnelle Antwort!
Es ist einfach so deprimierend. Ich will wieder glücklich sein und lachen aus vollstem Herzen. Aber aktuell ist es eher ein "Überleben". Wird das jemals wieder besser sein? 😢
Ich merke bei den Tiefs immer so viele Symptome die mir Angst machen wie Übelkeit, Magenschmerzen, Durchfall, Schwitzen usw, ist das denn normal? 😥
Ich habe am 19.09. Einen Termin bei meiner Ärztin und dort werden wir über die Medikation sprechen. Vielleicht reicht Escitalopram alleine einfach nicht aus...
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Marika
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Re: Schon fast ein Jahr..

Beitrag von Marika »

Vielleicht muss Escitalopram einfach nur erhöht werden. Du nimmst es auch noch nicht lange. Ich habe ja das selbe AD und bin damit gesund geworden. Aber es brauchte 3 Erhöhungen und 1,5 Jahre bis ich endlich stabil war. Das soll die keine Angst machen, sondern einfach zeigen, dass man sehr viel Geduld braucht.

Ich hatte in dieser langen Zeit viele Tiefs mit all den schlimmen Symptomen. Meine Therapie hat mir geholfen, durchzuhalten. Eine PPD ist eine schwere Erkrankung und die Heilung dauert. Das ist oft sehr frustrierend, ich weiß. Aber du wirst gesund werden, ganz sicher. Das einzige ist: Geduld haben und gut in Kontakt mit deiner Ärztin bleiben. Machst du auch eine Therapie?
Liebe Grüße von
Marika

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schwere PPD 2005
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alibo79
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Re: Schon fast ein Jahr..

Beitrag von alibo79 »

Hallo meli, ich melde mich auch kurz bei dir, ich hatte in den tiefs auch immer ganz komische körperliche Probleme. Übelkeit, Bauchschmerzen und Durchfall war mein ständiger Begleiter. Dann komisches kribbeln wie stromstösse im Körper, Benommenheit und benebelt sein, Schwindel und noch vieles anderes mehr. Ich kann mich Marika nur anschließen, es dauert oft einfach Zeit und auch höhere Dosen an Medikamenten. Das würde ich auf jeden Fall beim nächsten Termin mit dem Arzt besprechen. Und wegen der Nebenwirkungen, da gibt es viele gut wirksame Medikamente, die diese Nebenwirkungen milder machen oder auch im tief dich ein bisschen auffangen können. Auch danach kannst du deinen Arzt fragen!
Liebe Grüße
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Meli2299
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Re: Schon fast ein Jahr..

Beitrag von Meli2299 »

Das schlimme ist, ich würde so gerne erhöhen bis zu der Dosis die mir hilft, aber jede Erhöhung bringt bei mir eine Verschlimmerung und das auszuhalten, jedes mal, ist die Hölle für mich.. hattet ihr bei jeder Dosiserhöhung auch Probleme? Ich habe mich wirklich von Tropfen zu Tropfen gekämpft. Ich reagiere da wirklich sehr sensibel auf jeden Tropfen mehr.
Ich weiß nur nicht mehr woher ich die Geduld nehmen soll. Man fühlt sich so in der Schwebe in der man nicht weiß, wann das endlich ein Ende hat. Psychotherapie mache ich schon seit ein paar Monaten, das hilft mir grundsätzlich schon. Es sind viele Themen aufgekommen aus meiner eigenen Kindheit (habe ein inneren Konflikt mit meiner Mama, meine Mama war nie liebevoll, oft Strafen erhalten usw) sprich wir arbeiten auch am inneren Kind von mir und das ist auch harte Arbeit für mich. Ich weiß ja grundsätzlich, worin meine Probleme bestehen und wo man ansetzen soll aber diese Angstgefühle sind so unangenehm und das ständige Grübeln auch.
Ich bin so dankbar für dieses Forum, ich hole mir hier so oft etwas Liebe und Trost ab, weil man hier einfach verstanden wird!!! Danke ❤️‍🩹
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Marika
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Re: Schon fast ein Jahr..

Beitrag von Marika »

Ich freue mich sehr, dass du dich hier verstanden fühlst. Das Wissen,.nicht alleine zu sein mit der Erkrankung und den Folgen hat mir auch immer geholfen. :-)

Das Erhöhen habe ich bei Escitalopram schon auch immer gemerkt, aber es hat sich sehr in Grenzen gehalten. Es gibt dafür auch Medikamente die man vorübergehend dazu nimmt, um diese Symptome zu lindern. Da könntest du deine Ärztin beim nächsten Mal fragen. Alibo hat das eh auch erwähnt. Ich habe damals so ein Medikament bekommen, es hat mir geholfen, die schlimme Zeit zu überbrücken. Ich brauchte es aber nur im.unteren Bereich bis 10 mg Escitalopram. Die Erhöhungen darüber gingen dann viel besser.
Liebe Grüße von
Marika

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alibo79
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Re: Schon fast ein Jahr..

Beitrag von alibo79 »

Ich kann dir auch nur ans Herz legen, dass du bei deinem nächsten Termin nach einem bedarfsmedikament fragst, dann kannst du das mit deinem Arzt besprechen. Diese Medikamente können auch helfen diese ganze spirale aus grübeln zu durchbrechen. Das grübeln ist auch bei mir eins der Haupt Symptome gewesen und es hat dazu geführt, dass ich immer wieder in eine heftige abwärts spirale geraten bin. Mir wurde zb zusätzlich ein Neuroleptika verschrieben, dass beruhigend wirkt.
Ansonsten ist Therapie oft anstrengend, aufreibend und schmerzhaft. Das war bei mir jedenfalls so, ich habe einige Jahre Therapie hinter mir, es hat mir aber nachhaltig geholfen schädliche Gedanken, Ansichten,oder auch schwierige Verhältnisse zu erkennen und an denen und an mir selbst zu arbeiten!
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
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