Plötzlich ist sie da - die Angst!

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

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meiki

Plötzlich ist sie da - die Angst!

Beitrag von meiki »

Ja, leider :(
Irgendwie haben sich bei mir die Symptome verschoben.
Nachdem ich das gesamte erste Lebensjahr meiner jüngsten Tochter gegen die Gedanken gekämpft habe, wie schlimm es ist, das sie da ist und wie negativ sich mein Leben verändert hat durch sie, habe ich 3 Tage (drei!!!) erleben dürfen, in denen ich mich nur an ihr erfreut habe. Es war so schön, sie positiv zu sehen, sie zu geniessen!
Seit einer Woche aber ist die Angst da. Sie hat sich einfach so eingeschlichen und ist immer stärker geworden.
Ich meine, ich war schon immer etwas ängstlich, bin nicht gerne nachts durch die Straßen gelaufen, mochte nicht abens alleine daheim in unseren Haus sein und solche Sachen eben. Aber das war "normale" Ängstlichkeit, die so nicht weiter aufgefallen ist oder mich belastet hätte. (Solche Situationen sind ja auch leichter zu umgehen).

Jetzt habe ich existentielle Ängste, die meine Familie betreffen. Dauernd habe ich im Kopf, was der Kleinen alles passieren kann bei ihren ersten Gehversuchen und ihrer Kletterei. Wenn die Großen unterwegs sind, möchte ich ihnen am liebsten ein Walkie-Talkie mitgeben. Das alles ist verbunden mit Bildern (möchte ich jetzt nicht weiter ins Detail gehen).

Ja, und jetzt am Freitag fahren wir in den Urlaub mit dem Auto. Die Autofahrt an sich macht mir schon Angst. Wegen der Kinder wollen, müssen wir nachts fahren - an die Nordsee, bedeutet ca. 8 Stunden Autofahrt. Ich habe so eine Angst davor. Ich habe Angst, weil ich in letzter Zeit immer wieder dieses Bild vor Augen habe, wie ich auf der Beerdigung meiner Familie stehe. Es ist furchtbar, das aufzuschreiben und ich würde es niemals aussprechen.

Weiß nicht, was ich noch dazu sagen soll. Was kann ich tun? Wie soll ich das aushalten?

meiki
snoopy

Beitrag von snoopy »

Hallo meiki,

ich habe ja auch eine PPD mit hochgradiger Angst-und Panikstörung.Die Angst und Panikstörung hab ich mittlerweile gut im Griff wenn die Depri nicht grade meint sie müsse auch wieder mal zeigen, daß sie noch da ist oder der Streß wieder mal zu groß wird.
Das gemeine an der Angst bei mir ist, daß es sich so echt anfühlt. Und daß ich mir nicht vorstellen kann daß das was ich in diesem Moment fühle oder vor meinem geistigen Auge sehe NICHT eintreten wird.
Mein Thera hat es mir so erklärt.
Meinem Angstgefühl geht ein Gedanke vorraus. Ich bleibe daran hängen und dann kommt das Gefühl. Und das fühlt sich eben nicht gut an und macht einem noch mehr Angst.
Ich habe in der Therapie gelernt, mir wenn mich so ein Angstgefühl überkommt, mir vor Augen zu führen, daß es ein ganz einfacher Gedanke war (ich mein jeder macht sich Gedanken wenn die Kleinen bei den ersten Gehversuchen haarscharf an der Schrankkante vorbeisausen oder wie bei mir der Kleine weil der Große die Tür offen lassen hat voller Stolz auf der obersten Steinstufe steht und gerade am runterfallen ist und ich ihn gerade noch erwische), der das Angstgefühl ausgelöst hat und daß es NICHT der Realität entspricht. Das schlimmste wäre, wenn du vor lauter Angst, anfängst Situationen zu vermeiden. Zum Beispiel bei uns steht jetzt auch der Italienurlaub an und ich hab die gleich Angst wie du, daß uns etwas passiert und ich am liebsten gar nicht fahren würde. Aber, und da bin ich eben nicht der Meinung vieler hier im Forum ,muß ich mir einen Ruck geben und mich GEGEN diese Angst stellen und trotzdem fahren, daß ich wieder mal und wieder mal bewiesen bekomme daß es nur die Angst ist und nur in meinem Kopf und nicht in der Realität existiert.Und das kostet mich einfach viel überwindung. Das wichtigste bei mir ist, daß ich mich nicht in dieses Angstgefühl fallen lasse und dann reinstrudle sondern bewußt sage "Es ist nur das Gefühl, es ist nicht die Realität.". Und liebe meiki ich war eine wandelnde Angst-und Panikattacke und bei mir ist es auch schleichen angegangen so wie bei dir und war fast nicht mehr auszuhalten und mit dieser Taktik bekam ich langsam wieder Boden unter die Füße.
Heute kann ich sagen ich bin stärker als die Angst obwohl sie mir immer noch das Gegenteil beweisen möchte.
Ich wünsche die ganz viel Kraft und vielleicht konnte ich dir ein kleines bisschen weiterhelfen
Snoopy
meiki

Beitrag von meiki »

Hallo snoopy!
Danke für deine Antwort!
Den Satz werde ich mir einprägen: "Es ist nur das Gefühl, es ist NICHT die Realität"!
Das,was du geschrieben hast, klingt für mich sehr einleuchtend, aber es ist schwer, umzusetzen, denke ich.
Ein Gedanke geht dem Gefühl der Angst voraus. Ist da dann wieder ein Zusammmenhang zu ZG? Warum habe ich diesen Gedanken? Warum kann meine Freundin mit dem Messer unbeschwert hantieren, während ihr Baby unter ihr am Boden liegt und ich sehe nur dieses Bild, wie das Messer runterfällt, u.ä.? Warum "Muß" ich so daran hängenbleiben, daß auf der Fahrt was passiert, warum kann ich nicht denken: es könnte etwas passieren, aber es wird schon nicht sein?
Vielleicht sollte ich das alles nicht so hinterfragen, ich hatte bisher ZG, die auch meine Tochter betroffen haben, aber es waren "nüchterne" Gedanken, die mich tief erschreckt, aber nicht betroffen und kaum geängstigt haben. Geht einer Angststörung ZG voraus?

Ich bin auch der Meinung, daß ich mich der Angst stellen muß, ich werde nicht mit dem Zug fahren und auch nicht zu Hause bleiben. Aber trotzdem: warum sollte nichts passieren? Ja, ich habe sogar Angst davor, daß grade durch diese blöden Vorstellungen etwas passiert, Stichwort "selffulfilling prophecy" (wenn man das denn so schreibt... :lol: )

Grüblerische Grüße
meiki
snoopy

Beitrag von snoopy »

Hallo meiki,

Du hast geschrieben:
Das,was du geschrieben hast, klingt für mich sehr einleuchtend, aber es ist schwer, umzusetzen, denke ich

Ich mache jetzt seit 1,5 Jahren Verhaltenstherapie und am Anfang dachte ich stehe das niemals durch weil ich angehalten wurde ,gegen mein Gefühl zu handeln. Aber ich dachte mir schlimmer als es war kann es nicht mehr werden. Also befolgte ich diesen Rat aber es total komisch weil der Erfolg sich ja nicht gleich einstellte. Es war vom Gefühl her als ob ich mir Einreden sollte "Rot ist nicht Rot sondern Blau" denn das was ich fühlte war ja so reell. Aber ganz langsam und unmerklich änderte sich etwas in
meiner Denkweise und es gelang auch nicht immer gleich gut . Es ist heute noch nicht weg, aber ich kann mit der Angst leben und sie wird immer leiser. Manche Tage sind wie "früher".
Ich dachte auch oft ich stehe Situationen nieeeeeee im Leben durch und durchlebte Panikattacken die sich gewaschen hatten und ich dachte dann ich muß da durch -egal wie. Und es hat geklappt. Ich hätte es auch nicht für möglich gehalten. Wenn es mir schlecht geht, denke ich ganz fest an die Situationen die ich geschafft habe.
Mein Mann,meine Mutter und meine Freundin helfen mir auch auf eine gute Weise.
Wenn ich die Panik kriege bleiben die alle cool.
Ich darf jammern, daß ich die Situation nicht packe und daß ich bestimmt gleich einen Herzinfarkt kriege oder es mich umhaut oder andere schlimme Dinge, aber sie stehen die Situation mit mir durch. Und irgendwann kommt die Sicherheit wieder.

Ich wurde von den ZG´s auch ganz kalt erwischt, als ich allein zu Hause war. Ich dachte ich drehe durch. Ich konnte auch kein Messer mehr anfassen und das Spülmaschine ausräumen war die Hölle. Ich war mir meiner nicht mehr sicher.
Es ist einfach ein Zeichen der Krankheit, daß wir an diesen Gedanken hängen bleiben und nicht mehr loskommen davon.
Seit es mir besser geht habe ich auch so gut wie keine ZG´s mehr.
Irgendwie hängt das alles zusammen.
Es war auch für mich hilfreich von meinem Thera zu hören daß es wieder "nur Gedanken" sind, und ich niemals etwas tun werde.

Ich habe mich auch oft gefragt warum sollte nichts passieren?

Ich konnte mir auch nicht vorstellen als ich in meiner Dauerangst drin war, das nichts passieren konnte. Und was in meinen Gedanke alles sein konnte !!!!!! Aber ich hatte nur 2 Möglichkeiten . Entweder ließ ich dieses Kopfkino zu oder ich setzte mich dagegen.
Und so wie dein Hirn auf alle Gefahren hin gepolt ist, kann es auch wieder umgepolt werden.

Hab keine Angst vor der selbsterfüllenden Prophezeiung oder so ähnlich, denn wenn das funktionieren würde gäbs mich schon seit 5 Jahren nicht mehr und ich hätte auch keine Kinder denn dann hätte ich die erste Geburt schon nicht überlebt. Und den Krebs, dan ich schon seit mindestens 15 Jahren in meinen Gedanken habe habe ich bis heute nicht bekommen. Aber ich konnte mich auch noch nicht so ganz festlegen, ob Gehirntumor oder Lymphdrüsenkrebs.
Im Ernst, es sind wirklich nur die Gedanken die dir Angst machen.

Ich drücke dich ganz fest, und hab Geduld,du packst das

Sabine
Blancanieves

Beitrag von Blancanieves »

meiki

Beitrag von meiki »

Ja, Blanca, das ich auf die Bachblüten nicht selber gekommen bin... werde mir gleich morgen die Mischung holen. Meine Apothekerin kennt sich da auch ganz gut aus - Danke dir!

@ Snoopy: Meine Therapeutin macht auch Verhaltenstherapie, leider ist sie im Urlaub und diese Angst-Gedanken sind neu bei mir, also muß ich mir erst mal selber helfen.
Damit ich das richtig verstanden habe: wenn wieder so ein Strudel kommt, mache ich mir klar, daß es nur Gedanken sind (damit habe ich ja Übung :roll: :( )und es NICHT der Realität entspricht...

Schon komisch: Über ein Jahr lang habe ich Probleme damit, mein Kind anzunehmen, wünsche sie mir weg und will mein altes Leben zurück. Und jetzt, wo das (hoffentlich) beendet ist, habe ich panische Angst davor, daß sie mir genommen werden könnte, daß ihr was passiert ...
So nach dem Motto: du brauchst nicht glauben, daß sich dein Leben jetzt beruhigt, liebe meiki, ich habe mir was anderes ausgesucht...

Danke für eure Hilfe!
meiki
Lena75

Beitrag von Lena75 »

Hallo Meiki.

oh weia, ja, Angstattacken sind was ganz Grausames. Deshalb wünsche ich dir erstmal 'ne Menge Kraft für diese Zeit.

Ich habe bzgl. Panikattacken zwar leider keine so hilfreichen Tipps meiner Therapeutin parat, aber noch zwei weitere Ideen.

Zum einen eine ganz pragmatische: Medikamente.
Es gibt sehr gute angstlösende Medikamente, die man zwar auf keinen Fall über einen längeren Zeitraum nehmen darf (machen abhängig), die aber für den NOTFALL sehr gut geeignet sind. Mir hat bei meinen heftigen Panikattacken nach der Geburt (die mich vor allem abends und nachts überfallen haben) unglaublich geholfen, allein schon nur zu wissen: Ich habe die Medikamente, ich KÖNNTE sie jetzt nehmen. Und damit konnte ich in den allermeisten Fällen einschlafen. Du kannst ja vielleicht mal deine/n Arzt/Ärztin fragen, ob sie Dir solche Tabletten als NOTFALLmedikament verschreiben würde - falls du sowas überhaupt willst.

Und die zweite Idee ist mehr ein Gedanke von mir als ein Tipp:
Ich hatte vor kurzem auch wieder solche Angstattacken, auch mit dem Inhalt: Mein Sohn fällt von einem Berg und stirbt, oder es passiert dieses oder jenes; Ende der Geschichte war immer, dass der Kleine nicht überlebt. Das hat mich völlig aus der Bahn geworfen. Aber als ich wieder etwas klarer war, habe ich für mich gemerkt (das muss für dich auf keinen Fall genauso sein, aber ich möchte es doch erwähnen für den Fall, dass es bei dir ähnlich sein könnte): Ich war innerlich unglaublich aggressiv, war in diesen besagten Tagen völlig genervt von seinem Geschreie, hatte keinerlei Gelegenheit, mal zur Ruhe zu kommen und etwas für mich alleine zu machen und einfach mal Abstand von ihm zu bekommen. Und das hatte sich bei mir innerlich so aufgebauscht, dass diese Aggressionen dann über diese fürchterliche Angstanfälle "raus" kamen - wirklich aggressiv werden darf man ja nicht :? Und seit ich danach wieder mehr darauf geachtet habe, dass ICH mir auch mal Pause gönnen darf, seitdem hatte ich keine einzige dieser Attacken mehr.

Ich wünsche dir ganz bald wieder Boden unter den Füßen und grüße dich herzlich,

Lena
Nora

Beitrag von Nora »

Hallo Meiki,

ich habe hin und wieder auch solche Angstgefühle, dass meiner Familie etwas passieren könnte. Bei mir hängt das mit meiner ergangnheit zusammen - ich hatte schon immer sehr große Verlustängste. Ich habe dann angefangen, meine Ängste bei meinem Mann ganz offen anzusprechen und siehe da: er hat diese Ängste auch manchmal. Das hat mich schon etwas beruhigt. Außerdem wissen wir mittlerweile von vielen Eltern, das sie solche Ängste auch haben und das hat mir gezeigt, dass diese Angstgefühle ein Stück weit "normal" sind. Das hat mich auch wieder beruhigt.
Wenn ich wieder solche scheußlichen Ängste und Gedanken habe, dann versuch ich, sie zu ende zu denken und sage mir, das das alles hypothetisch ist. Dann versuche ich, mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Das klappt in letzter Zeit immer besser.
Außerdem ist mir aufgefallen, dass ich solche Ängste immer dann habe, wenn es besonders streßig war, etwas vorgefallen ist und ich schlecht geschlafen habe.

Die Idee mit den Bachblüten finde ich sehr gut. Versuch das auf jeden Fall mal.

LG,
Nora
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