Mal was leicht positives.....und dann wieder negativ

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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susi69

Mal was leicht positives.....und dann wieder negativ

Beitrag von susi69 »

Hallo an alle,

ich schreib es einfach mal. Vielleicht interessiert es Euch, für mich ist es auch was "von der Seele schreiben".

Gestern ging es mir mal streckenweise wieder richtig gut, ja sogar abends wie in alten Zeiten, als wäre nix gewesen. Hurra.

In solchen Momenten frage ich mich natürlich - soll ich wirklich Medis nehmen? Es ist ja doch um ein vieles besser geworden, als es am Anfang war.

Heute morgen sieht das allerdings wieder total anders aus....

Beim Aufstehen hatte ich ein leichtes Spannungsgefühl (keine direkte Angst), habe dann die Nachrichten gehört - ua. Thema: Verurteilung Kinderschänder u. entführte Frau im Irak. Plötzlich schoß es mir in den Kopf.... sowas wie "na und - kein Mitleid mit den Opfern, ja sogar das haben sich die Opfer verdient". Oh Gott bitte, das ist verrrrrüüückt! Ich hatte doch in diesem Moment keine Angstzustände! Und habe trotzdem sowas gedacht. Ich wollte in dem Moment unbedingt meine Angstzustände wieder haben...... Jetzt habe ich sie. Warum? Vielleicht habe ich mich hineingesteigert, damit sie kommen udn da sind sie auch schon da.

Oder ist das so, wenn man anhand der Konfrontationstherapie Fortschritte erzielt? Bei uns liefen seit meinem "Ausbruch" nie mehr Krimis oder Gewaltsachen im Fernsehen.

Ist das bei Euch auch so?`Wenn mir solche Gedanken keine Angst mehr machen? Ach Mensch, ich bin im Moment total verwirrt. So ein "Mischzustand" ist auch blöd. Keine extremen Angstzustände aber auch noch nicht richtig die Angst weg.
Das war bei mir halt immer so:

Angstempfindung = Zwangsgedanken, Wut, Neid

Heute früh:

Spannungsgefühl - so eine Art Streßanspannung (keine Angst) = Zwangsgedanken, Neid ******* die richtige Angst blieb aus.


Ihr müßt glaub ich bald verzweifeln an mir.... :-)

Vielleicht kann mir doch jemand auf den Wirrwarr antworten.
Danke.

lg Eure Susi [/b]
InaK

Beitrag von InaK »

Liebe Susi,

mir ging es das letzte Jahr auch so ... 1-2-3 Tage alles super und man denkt, daß man doch gesund ist und dann ein Absturz. So ist die PPD! Und irgendwann geht dann garnichts mehr ...
Ich habe es ja selbst in der letzten Woche gemerkt, daß man es nicht ohne Arzt/Medikamente schafft (ich jedenfalls nicht), obwohl es mir vorher recht gut ging. Zwar war nichts himmelhochjauchzend, aber auch nicht absolut besch... . Ich schaffe es aber allein nicht, denn alles wird nur noch schlimmer.

Dieses "nichts denken - kein Mitleid" habe ich auch. Dann ist mir alles piepegal, es interessiert mich nicht. Sie sind alle selbst Schuld! Aber andererseits denke ich mir dann genaso wie Du, daß es doch schlimm war und man Mitleid haben müßte - aber man ist ja krank und da ist diese ganze Gefühlswelt und alle Gedanken total verwirrt.

Liebe Grüße, Ina
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Marika
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Beitrag von Marika »

Liebe Susi!

Was ich bei dir merke, wenn ich deine Zeilen so lese ist, dass du dich unglaublich selber kontrollierst. Jeder Gedanke wird zerpflückt und auf dessen "Zulässigkeit" geprüft. Kommt einer, der deiner Meinung nach "schlecht" ist, kommt natürlich die Angst!

Liebe Susi, ich kenne all das auch. Das ist ganz typsiche für die ZG (aber auch für alle anderen Zwangserkrankungen), die unsere PPD begleiteten. Ich denke, auch die Konfrontations Übungen tragen etwas dazu bei, was aber im Laufe der Zeit bei mir sich komplett abgeschwächt hat. Denn später lernt man, diese Gedanken nicht mehr zu bewerten und zu zerpflücken, sondern sie kommen und auch wieder gehen zu lassen und sich nicht mehr zu kontrollieren bzw. zu bewerten - denn DAS ist der ZWANG!

Und nochmal: JEDER Mensch hat "seltsame" Gedanken ins seinem Gedankenfluß - das gehört zur menschlichen Natur. Nur die "gesunden" bewerten oder kontrollieren sie nicht. Daher nehmen sie sie auch niemals in solchem Maße wie wir war, sie kommen dann nur selten vor und werden somit nicht zum Zwang! Alles verstanden in "MEINEM Wirrwarr"??? ;-)

Auch ich konnte lange nichts ansehen oder hören, das Gewalt enthielt. Aber trotzdem zog ich solche Meldungen magisch an. Ich erinnere mich an eine Meldung, in der eine Frau ihren 4 jährigen Sohn erstochen hatte - ich bekam schlagartig eine Angstattacke vom feinsten. Und die ZG waren in ihrer vollen Blüte.

Schau doch mal, ob du das Buch "Der Kobold im Kopf" bekommst, da wird es dir wie Schuppen von den Augen fallen.... was die ZG anbelangt.

Hoffe, ich konnte dir einwenig helfen!

Ganz liebe Grüße
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
susi69

Beitrag von susi69 »

Hallo Marika,

danke für Deine liebe Antwort.

Ich weiß, ich bin ein schwieriger Fall. Ich will alles 100%ig absichern (auch ein Zwang :-) ).

Du hast recht. Manchmal merke ich das dann selber, daß ich alles zu doll bewerte.

Wenn ich mich recht besinne :-), dann hatte ich vor meiner Krise ja auch mal solche Gedanken wie: "der blöde Ar.... hat mich heute aufgeregt" oder war manchen Menschen ggüber sehr neidvoll ohne daß ich darüber nachgedacht oder Angst wg. dieser Gedanken bekommen hätte.

Aber jetzt reichen einfach banale Dinge aus (z.B. ich höre ein Lied oder es fällt mir ein Foto vom Kleinen in die Hand - wg. der negativen ZGedanken ihm ggüber), um einen Angstschub zu bekommen. Weil ja ganz einfach alles auf Hypersensibel gestellt ist im Moment.

.... und so wie heute früh und auch jetzt im Moment - es geht mir schon wesentlich besser als am Anfang, aber es ist noch nicht gut. Ich habe im Gefühl immer noch Spannungen und noch kein Gefühl des totalen Entspanntsein oder "nix denken" (weiß schon gar nicht mehr, wie sich das anfühlt). Das führt dann sicherlich dazu, daß ich bei ankommenden ZG mir einen Kopf mache aber nicht mehr so richtig panisch werde. Worüber ich mir dann auch wieder Gedanken mache............. und so weiter und so weiter.........

Ich habe viel nachgedacht und bin darauf gekommen, daß ich solche Phasen schon immer (seit meiner Kindheit) hatte, nur nicht so schlimm und nicht so arg überbewertet. Zum richtigen Ausbruch brachte es halt die arge Angstsituation im Urlaub.

Ich bin eben ein Sensibelchen.

Puh ist wieder lang geworden...sorry.

lg Eure Susi
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Marika
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Beitrag von Marika »

Liebe Susi,

musste grad wegen dem "Sensibelchen" schmunzeln - genau das sagte ich auch mal zu meinem Therapeuten. Da sagte er: Sensible Menschen haben viele wunderbare Gaben. Sie können sich sehr gut in andere hinein versetzen, nehme Dinge oft schon war, bevor sie passieren, sind feinfühlig und viels mehr. Sensibel zu sein ist etwas besonderes und hat absolut nicht nur Nachteile sondern bei weitem sehr viele Vorteile. Das solltest du dir mal genau überlegen - wir Sensible müssen unser Seelenkostüm nur mehr schützen als die anderen Menschen. Denn wir sind sicher anfälliger für "Erschütterungen".

Aber so einen Schutz kann man erlernen - z.B. Autogenes Trainig. Und die negative Denkweise, die den Zwangsgedanken zu Grunde liegt, wirst du in deiner Therapie wieder verlernen. Bevor ich meine Therapie angefangen habe, dachte ich mir immer - was soll mir so ein Gelaber helfen. Es ist kein Gelaber - im Gegenteil, ich habe so unendlich viel über mich und meine Seele gelernt. Schritt für Schritt hat mich mein Psychiater an so viele Erkenntnisse heran gefüht, dass ich heute ein neuer Mensch bin, wenn auch noch nicht ganz gesund.

Ich weiß, du leidest sehr unter ZG. Auch ich hatte sie in den unterschiedlichsten Situationen - und zwar solange, bis ich es geschafft hatte, sie zu AKZEPTIEREN!!! Das mögen die Biester nämlich gar nicht, ist ja klar, denn dann können sie einen nicht mehr erschrecken. Ich habe meinen ZG einen Namen gegeben: meine ZG heißen Franz und meine Angst heißt Agathe. Ich habe richtig mit den "Beiden" komuniziert, sie "eingeladen" wenn sie mal wieder "vor der Türe" standen. Es dauert einwenig, bis man das schafft, aber es funktioniert. Du brauchst dich nicht vor den "Beiden" zu fürchten, denn sie können dir NICHTS anhaben.

Ich hoffe, wenn du deinen Termin im Jänner hast, dass du dich für eine Therapie entscheidest. Denn sie wird dir helfen, diese fiesen ZG zu besiegen. Bis dahin, nicht aufgeben, vielleicht mal das Buch lesen (wenn du magst, kannst du meines haben - ich schick es dir gerne) und frag doch mal die "Beiden" nach ihren Namen.... ;-)

Liebe Grüße
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
susi69

Beitrag von susi69 »

Hallo Marika,

ist immer wieder schön, wenn ich Deine Zeilen lese. Du gibst mir immer so viel Mut und Kraft. Das Buch habe ich mir schon gekauft (trotzdem danke) und vielmals in den Zeilen wiedergefunden.

Ich habe auch Probleme damit, keine Angst vor all diesen Horrorgedanken zu haben. Wenn ich keine Angst mehr davor habe......, dann.....
Ich glaube jetzt werde ich noch zur Nervensäge. :-))))))

Aber wie wird man diese besch.... Angst los? Damit hatte es bei mir angefangen (1 Tag lang Angstzustände) den nächsten Tag kamen die Zwangsgedanken, einfach so.

Danke, danke liebe marika und all Ihr Anderen.

PS. Wie lange geht das bei Dir schon und hättest Du es ohne Medi geschafft? Hast Du Tiefenpsycho gemacht? Ab welchem Zeitpunkt hast Du Medi genommen?

.....jetzt höre ich auf :-))))))))))
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallöchen Susi!

Zuerst mal zu deinen Fragen: Also ich bin seit nun 7 1/2 Monaten krank und fast genso lange in einer tiefenpsychologischen/Verhaltenstherapie und mit Medis eingstellt. Bei mir begann es mit einem Alptraum (ich träumte, ich würde mein Kind ins Gesicht beissen) und als ich aufwachte, hatte ich meine erste Panikattacke und von da an ZG. Von heute auf morgen war mein Leben im wahrsten Sinne des Wortes ein Albtraum geworden. Da war Noah 3 Wochen alt. Genau 2 Wochen später war ich ein seelisches Wrack und ging zum Arzt. Gott sei Dank, denn ohne Medis hätte ich mich selber in eine geschlossene Anstalt einliefern lassen, weil ich überzeugt war, ich werde verrückt. Ich bin sehr froh, dass mir meine Ärzte so schnell so gut helfen konnten. Zur Zeit "arbeite" ich an der "Angst vor der Angst" - ist auch nicht ohne. Die ZG kommen hin und wieder mal auf, ich kann aber gut damit umgehen - sie kommen eh selten.

Es ist wirklich so: Wenn du KEINE Angst mehr vor den ZG hast, wirst du merken, wie absurd sie sind und du wirst, wenn mal einer kommt, genau wissen, dass du DAS NIE tun könntest oder möchtest. Das ist der Trick an der Sache - du erlangst die Erkenntniss, dass du es NICHT deinen Wünschen entspricht, sowas zu tun. Die Folge davon ist: die ZG verschwinden langsam. Klingt irgendwie vielleicht widersprüchlich, ist aber genauer betrachtet absolut logisch. Ich kann es nur bestätigen, denn genau so fühlt es sich bei mir an. Aber wie gesagt, auch ich arbeite noch daran, aber ich bin sicher, dass wir BEIDE wieder gesund werden!!!!

Ach ja, Bachblüten nehme ich auch noch - ich finde sie helfen toll!!!

Liebe Grüße
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
susi69

Beitrag von susi69 »

Hallo Marika,

klar schaffen wir das!!!

Ich habe auch schon sehr viel über mich gelernt in der Zeit.

klingt zwar jetzt vielleicht auch irgendwie komisch, aber ich habe damals, als mir eine 1. Erkenntnis kam gesagt, daß wir irgendwo doch auch Glückspilze sind - mit unserer Erkrankung.......weil wir die Chance haben uns richtig zu erkennen, wie wir wirklich sind und das Leben voll in die Hand nehmen können. Sonst lebt manch einer so dahin und weiß nicht mal wer er selber ist.

Ich habe mal irgendwo gelesen, daß unsere Erkrankung starke Parallelen zu dem Tourette-Syndrom hat. Das halte ich mir auch oft vor Augen. Bei diesen Leuten schießt auch spontan was in den Kopf und sie sind total friedfertig.

Ganz liebe Grüße
Susi
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