Wie ist es jetzt genau?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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valentina

Wie ist es jetzt genau?

Beitrag von valentina »

Hallo an alle Leidensgenossinnen
Mein Arzt hat mir gesagt, dass die PPD hormonell bedingt sei. Deshalb ist es ja auch kaum möglich, alleine wieder rauszukommen. Jetzt lese ich aber immer wieder, man müsse seine Situation ändern, sein Verhalten ändern, weil man sich immer überfordert. Aber eigentlich ist es doch so, dass man eben wegen der PPD völlig überfordert ist. Ein neugeborenes Kind braucht viel Zuwendung und Kraft und raubt einem den Schlaf. Gerade die Umstellung von keinem zu einem Kind ist sehr einschneidend. Aber es geht vielen Müttern so, dass sie sich zuerst an die neue Rolle gewöhnen müssen, sich zuerst einleben müssen in die Situation. Aber deswegen werden noch lange nicht alle depressiv. Oder Mütter, wie ich zum Beispiel, die schon Kinder hatten, alles lief normal, und plötzlich nach einer Geburt wirst du von dieser Krankheit in den Griff genommen. Ich war mit meinem Leben zufrieden. Klar war nicht alle Tage nur eitel Sonnenschein, aber wo ist das schon. Aber ohne PPD schafft men seinen Alltag doch ohne lange nachzufragen. Es ist die Krankheit, die einem jegliche Kraft raubt, einen an sich selbst zweifeln lässt und einem das Gefühl gibt eine schlechte Mutter zu sein. Eine Depression, die aus einer Situation heraus entsteht ist doch eine reaktive Depression, die sich bessert, wenn man seine Situation ändert. Aber die PPD ist doch eine endogene Depression, das heisst sie kommt von innen, und man kann alleine fast nichts dagegen tun, weil sie eben hormonell ist. Man kann die Symptome mit Medikamenten lindern. Aber eigentlich ist es die Zeit, die für uns arbeitet. Es braucht Zeit und Geduld, dann wird es besser, und irgendeinmal auch wieder gut. Oder habe ich das jetzt immer falsch gesehen? Ich bin jetzt etwas verunsichert, weil ich eigentlich keinen Grund sehe, der mich in diese Krankheit getrieben hat. Was sagen eure Ärzte und Therapeuten? Liebe Grüsse , bin gespannt auf eure Antworten! Valentina :D
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Marika
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Beitrag von Marika »

Liebe Valentina!

Ich glaube, dass hormonelle Umstände aber auch die neue Situation mit einem Baby eine PPD auslösen können. Mit den Hormonen ist es ja wohl bei jeder Frau ähnlich nach der Geburt - sie sausen in den Keller und es kommt in den meisten Fällen zum Baby Blues. Vielleicht ist es bei uns, die wir ja eine PPD entwickelt haben so, dass wir einfach empfindlicher auf diese Achterbahn der Hormone reagieren. So wie manche Frauen PMS haben und manche wieder nicht. :roll:

Mein Arzt sieht das auch so und er meinte auch, dass wohl auch eine ehrbliche Komponente besteht. Er hat mir das so erklärt: Es gibt Menschen, deren "Nervenkostüm" einfach empfindsamer ist, so wie Menschen mit einer hellen Haut eher einen Sonenbrand bekommen. Das ist einfach so, weil Menschen verschieden sind. Er sagt auch, dass es immer verschiedene Faktoren sind, die eine Depression auslösen, oder begünstigen und wohl bei jedem etwas anders. Auch Erfahrungen in der Kindheit spielen eine Rolle. Das ist vorallem bei Zwangserkrankungen - also den lästigen ZG - entscheidend. Ängste graben sich über eine lange Zeit tief ein und Verhaltensmuster werden erlernt. Und dann bekommt man ein Baby - eine unglaubliche Leistung unseres Körpers und unserer Seele. Und da bricht dann so einiges auf.

Komplizierte Geschichte, gell! Also bei mir gibt es eine ehrbliche Sache und Ängste aus frühester Kindheit, sowie eine leichte erlernte Zwanghaftigkeit. Und dann die Hormone - das war wohl zu viel für mich.

Generell ist es wohl bei jeder Frau anders - daher hilft wohl auch jeder eine ganz individuelle Form der Therapie!

Ich schick dir ganz liebe Grüße!!!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
kathrin66

Beitrag von kathrin66 »

hallöchen,

mein doc sagt was ähnliches wie marikas.

ich habe ppd nach dem dritten bekommen. ich wußte also was kommt. nur haben mich die hormonschwankungen und die umstände der geburt in einer angeschlagenen lebenssituation erwischt. beides getrennt von einander hätte ich vielleicht allein bewältigt.

allerdings weist die ppd mir meine grenzen auf, die ich vorher ständig überschritten habe und keine rücksicht auf mich genommen habe. das ist jetzt anders.

ich brauche auch keine thera sagt mein doc, da ich weiß was ist und ich mit den tabs sehr gut voran gekommen bin. es braucht halt seine zeit.

er war am dienstag auch der meinung, ich könnte schon weiter sein, als ich aber erzählte, was die letzte woche so bei uns los war, inclusive meiner periode, sagte er, dass er es dann versteht.

auch beim 2. oder 3. kind verändert sich vieles. mein leben als solches ist völlig in ordnung, nur gibt es ausserhalb sachen, die mir so sehr zu schaffen gemacht haben, dass ich durch die ppd begriff, dass muß ein ende haben. und seit dem so ist, geht es bergauf, langsam, schritt für schritt. leider auch mal einen zurück, aber geduld, geduld und nochmals geduld.

liebe grüße kathrin
P.S.: auch das meine kindheit ziemlich blöd gelaufen ist, ermöglicht der ppd zuzuschlagen
valentina

Beitrag von valentina »

Hallo ihr zwei!
Ja, vielleicht ist es wirklich auch so, dass ein Mensch,der sonst hart im Nehmen ist, Phasen hat, wo er ein nicht so gutes Nervenkostüm hat. Ich neige dazu, es immer allen recht machen zu wollen, (kommt auch aus meiner Kindheit, weil ich immer mit Liebesentzug bestraft worden bin). Ich wehre mich immer dagegen die Kindheit für alles verantwortlich zu machen, weil mein Motto eigentlich ist, der Mensch muss auch irgendeinmal Eigenverantwortung übernehmen können. Da ich auch viel belastbarer bin als mein Mann, ist meine Bereitschaft immer alles unter Kontrolle zu haben auch sehr gross. Na ja, man funktioniert ja im Allgemeinen einfach so, ohne gleich alles zu hinterfragen. Und es gibt halt einfach die Gebertypen. Ich sorge auch sehr gern für jemanden, das empfinde ich nicht als Last. Aber dass ich auch zu mir etwas besser schauen muss, ist mir schon bewusst geworden.
Was ich hier auch oft lese ist, dass häufig die PPD bei Frauen ausbricht, deren Baby schon ziemlich früh krank geworden ist, zum Teil sogar mit Krankenhausaufenthalt. Das belastet natürlich auch sehr stark. Am ersten Tag, als ich mit meinem jüngsten Kind vom Krankenhaus kam, fiel mein Zweitjüngster(damals eineinhalb Jahre alt) die ganze Kellertreppe hinunter. Ich musste hilflos zusehen und hatte einen gewaltigen Schock. Er hatte zum Glück nicht die kleinste Verletzung. Aber ich habe mir schon oft überlegt, ob dieses Erlebnis auch etwas mit meiner PPD zu tun haben könnte. Ihr denkt jetzt bestimmt, was will die eigentlich, ist doch egal, warum! Aber für mich war es so schlimm, es hat mein inneres Gleichgewicht so durcheinander gebracht, und ich hatte so jeden Glauben an mich verloren, ich möchte halt schon eine Erklärung finden.
@Kathrin, mir hat der Arzt auch gesagt, ich brauche keine Psychtherapie, weil es einfach die Hormone sind. Ich habe das auch immer gedacht, aber manchmal denkt man schon darüber nach.
Danke fürs Lesen, es ist schön, wenn man irgendwo Gedanken austauschen kann, die sonst keiner verstehen kann! Valentina :!:
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Valentina!

Ehrlich gesagt, denke ich, dass wohl niemand so ganz genau weiß, warum Depris entstehen. Das ist sicher total vielfälltig. Das sieht man auch an den Aussagen der Ärzte. Man weiß ja z.B. auch nicht 100 % wie AD wirken, nur DASS sie wirken!

Und ich kann es gut verstehen, dass du wissen willst, warum du eine PPD bekommen hast. Ich will es ja auch wissen und habe für mich schon einige Antworten mit Hilfe der Therapie bekommen. Ich bin einfach generell ein Mensch mit "schwachem Nervenkostüm" und habe eine in der Kindheit erlernte Grundangst. Aber ich habe - und tue es noch immer - gesagt, ich hatte eine absolut schöne Kindheit. Nur wurden mir unbewusst auch eine bestimmte Verhaltensweise angelernt - nämlich die, mit extremer Angst zu reagieren. Mein Verstand weiß zwar, dass die Kindheit vorbei ist und ich keine Angst zu haben brauche. Aber das Erlernte ist so tief im Unbewussten eingegraben, dass immer noch solche "Blitze" in mein Leben dringen und ich zu ganz falschen Situationen in Panik ausbrechen. So hat es mir auch mein Psychiater erklärt. Und: Ein Baby ist auch einfach Stress - auch wenn man schon mehrere hat. Grad am Anfang kommt oft der Schlafmangel dazu und man ist total gefordert.

Dass eines deiner Kinder gleich an dem Tag, als du heim kamst, einen Unfall hatte, ist ja ein Schockerlebniss. Und man ist da einfach auch noch angeschlagen von der SS und Geburt - körperlich und seelisch. Da braucht es nicht mehr viel, um "eine Sicherung zum durchbrennen" zu bringen.

Ich hoffe, dass war jetzt nicht zu wirr!

Schicke euch ganz liebe Grüße
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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