Mal wieder down...

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Muschelkalk

Mal wieder down...

Beitrag von Muschelkalk »

Hallo, ihr Lieben!

Ich wende mich heute an Euch, weil es mir schlecht geht. Dummerweise kann ich fast gar nicht damit umgehen. Ich hatte in den letzten Tagen viele Momente, in denen ich mich (fast) gesund gefühlt habe. Die ZG's waren sehr leise, das depressive Zeugs war ebenfalls "plopp" weg...
Und jetzt habe ich eine Krise und kann nicht damit umgehen. Ich verstehe einfach nicht, wieso es mir jetzt nochmal schlecht geht. Ich war so sicher, dass ich es gepackt habe...(OK, ich gebe zu, das habe ich schon öfter gedacht; es ist irgendwie jedesmal so, dass ich denke, geschafft!...und dann fühle ich mich wie ein absoluter Frischling, wenn die schwarzen Gedanken nach mir greifen). Warum kann mein Gehirn nicht abspeichern: Es wird schon wieder besser. Warum kapiert es nicht: Es kann auch mal wieder schlechter werden.

Heute finde ich das echt sehr hart. Es tut mir auch so leid, weil mein Mann das sofort gemerkt hat. Und er hat schon so viel mit mir ausgehalten. Wieso kann ich jetzt nicht endlich gesund werden? Ich wünsche es mir so sehr!

Wie geht Ihr mit solchen Durchhängern durch (Ihr wisst schon, wenn man denkt, jetzt ist alles sinnlos...Abgrund, ich komme....(bildlich gemeint :!: ). Wie schafft Ihr es, Euch von dieser Klippe wieder wegzubewegen?

Von Herzen Danke für Eure Antworten


Muschelkalk
Petra

Beitrag von Petra »

hallo muschelkalk!

das tut mir leid, dass es dir schlechter geht! ich weiß solche rückschläge machen einen wieder ziemlich down! aber sie gehören zum leben dazu!
versuche mal, dir nicht zu denken du hast einen durchhänger der mit deiner depression zusammenhängt, sondern schau ganz genau auf den oder die auslöser! hattest du weniger schlaf, mehr streß, etwas trauriges, belastendes hinter dir?
mir hilft es immer sehr die gefühle die mich durchströmen genauer zu benennen, denn nicht alles ist angst und verzweiflung. es gibt soviele abstufungen wie aufgeregtheit, gereizt sein usw...alles der depression "zuzuschieben" demotiviert!
dann finde ich noch sehr hilfreich in sich zu hören was man jetzt braucht damit es einem besser geht. das ist eine der schwersten lösungen überhaupt, denn im moment kann man sich nichts vorstellen was einem wieder herauszieht aus dem schwarzen loch. da muß ich mich echt am riemen reißen und mich zwingen etwas zu tun! ein spaziergang, friseurbesuch, eine liebe freundin besuchen, eine ausstellung ansehen, neue bücher kaufen usw...
ganz wichtig ist auch jeden tag an die frische luft zu gehen, vielleicht magst du auch sport? ausdauersport wie walking, laufen, schwimmen usw. regen die körpereigenen glückshormone an! und bewußt ernähren, viel obst, gemüse, kohlehydratreiche mahlzeiten, ausreichend trinken!

ich wünsch dir dass die helleren tage bald wieder da sind!

lg petra
Issa

Beitrag von Issa »

Liebe Muschel,

ich weiß aus eigener Erfahrung, dass diese Aufs und Abs sehr anstrengend sind. Wie gerne würden wir für uns selbst und für unsere Familien immer ausgeglichen sein; aber das ist nicht machbar;es liegt nicht in unserer Macht. Ich habe gelernt, seufzend ja zu sagen zu meinen Grenzen und auch meine dunklen Phasen anzunehmen. Das heißt nicht, dass ich nicht trotzdem alles versuche, um auch die dunklen Zeiten abzufedern und erträglicher zu machen - da hat dir Petra bereits viele wertvolle Tipps gegeben. Mir hilft der Gedanke, dass auch die dunkle Phase wieder vorbei geht. Sie bleibt so wenig, wie die gute Phase geblieben ist. Nichts ist beständig. Alles ist vergänglich - besonders traurige Gefühle und belastende Gedanken.

Ich wünsche dir viel Kraft und grüße dich lieb

Issa
Carlotta

Beitrag von Carlotta »

Hi Muschel,
es klingt sooo einfach und ist doch so schwer: akzeptiere die Tiefs nach Möglichkeit. Und denke dran: auch "normale" Leut haben mal schlechte Tage, sie bewerten sie nur nicht gleich so dramatisch wie wir. Mir hat mein Thera mal was gutes gesagt: man kann nur voran kommen, wenn man Rückschläge auch annehmen kann. Klingt bissi wie eine leere Worthülse, ist aber echt was wahres dran. Kein Mensch ist immer gut drauf. Und es muss Dir auch nicht leid tun, dass Dein Mann Dein Tief bemerkt, sicher hat auch er mal seine Durchhänger. Ich habe meinen Thera auch schon 100 mal gefragt, was ich machen muss, damit ich keine Rückschläge mehr habe, und er antwortete: einfach davon ausgehen, dass sie wieder kommen, sich aber nicht mehr so aus der Bahn werfen lassen. Ich kenne jetzt nach 1,5 Jahren genau meine Auslöser, also warum ich wann die Panik schiebe und wenn dann mal wieder der Gaul mit mir durchgeht, dann setze ich mich bewusst ruhig hin und gucke, was denn jetzt los ist: Stress, ein komischer Blick von meinem Freund (den ich dann immer mit "Er verlässt mich gleich" interpretiere usw). Lange Rede, quäle Dich nicht so sehr mit dem WARUM, sondern nehme die Tiefs einfach an und Du weisst ja, dass es danach auch wieder aufwärts geht. LG Carlotta 8)
Muschelkalk

Beitrag von Muschelkalk »

Vielen Dank, ihr Drei!

Ich hätte das ja echt nicht für möglich gehalten (da ich ja sonst immer gut im Trösten bin), dass mir Euer Trost auch so guuut tut! Das waren sehr hilfreiche Anmerkungen (ich meine: kein Blabla).

Aaalso: Ja, ich hatte in den letzten Tagen Stress. Das war mir aber nicht so bewusst, ist aber so. War aufgeregt vor der Thera und irgendwie ist es auch nicht so gut gelaufen. Und "Ja", ich kenne auch dieses "da kommt ein komischer Blick, und meine Interpretationsmaschine läuft an". Scheibenkleister. Heute bin ich ganz früh aufgewacht und habe wie ein Brett im Bett gelegen. Und was machen wir dann? Klar, wir stehen auf, da nix Schlimmer ist, als im Bett zu bleiben. Ran an die Arbeit, aber das ging auch irgendwie nach hintern los, da meine Gedanken mich fest im Griff hatten. Jetzt ist es ein bisschen besser, aber jede kleine Dissonanz wirft mich aus der Bahn! Hoffe sehr, dass es morgen wieder besser ist; und übermorgen noch a bitzli besser. (Wenn ich nur daran glauben könnte, wäre die Krankheit nicht mehr so bedrohlich)

Liebe Grüsse
Muschelkalk
valentina

Beitrag von valentina »

:-) Hallo Muschelkalk
Das ist etwas, das ich auch nicht verstehen kann. Der Kopf weiss ganz genau, so sollte es nicht sein, ich sollte keine Angst haben, ich atme einfach ganz normal und ersticke nicht dabei, und all sowas. Aber es nützt nichts, wenn man wieder mal ein Tief hat. Mit der Zeit kennt man die Symptome ja ganz genau. Man kann auch irgendwie damit umgehen und doch, wenn man eine Schwankung hat, nützt einem der Verstand nur bedingt. Das ist mir immer noch ein Rätsel. Es war sehr beängstigend für mich, am Anfang, als es ganz schlimm war, dass da etwas mit mir geschieht, das ich nicht beeinflussen kann. Ich bin ein Mensch, der sich gerne unter Kontrolle hat. Ich denke, dass Leute, die nichts von meiner PPD nichts davon bemerkt haben. Mir gings zwar so schlecht, wie noch nie in meinem Leben. Gegen aussen hatte ich mich immer im Griff. Vielleicht ist das gar nicht so gut. Vor allem bei Menschen, die uns nahe stehen, sollte man die Möglichkeit haben, sich auch mal fallen zu lassen. Und dein Mann steht ja zu dir. Du kannst ja nichts dafür, dass es dir schlecht geht, und das weiss er auch. Wenn man sich noch dauernd zusammenreissen muss, braucht das zusätzliche Kräfte. Man kann nicht immer nur stark sein. :!: Liebe Grüsse Valentina
Muschelkalk

Beitrag von Muschelkalk »

Hoi Valentina,
weisst du, du hast das genau richtig erkannt. Diese Krankheit trifft ja nicht die, die dumdidumdidum durchs Leben schlingern. Nein, sie sucht sich die aus, die immer funktionieren wollen, immer alles unter Kontrolle haben wollen (im Übrigen auch so Zeugs, das kein Mensch der Welt kontrollieren kann... :roll: )

Hier ein paar Anmerkungen aus meinem Lieblingsbuch z. Thema "Zwanghafte Persönlichkeit":

Diese Menschen sind...

- übertrieben gewissenhaft und sehr wenig flexibel
- konzentrieren sich sehr auf Details und Einzelvorschriften
- stehen sich mit ihren überzogenen Ansprüchen oft selbst im Weg :wink:
- räumen der Arbeit einen zu hohen Stellenwert ein
- messen bestimmten Gedanken eine zu hohe Bedeutung bei
- wollen ihre Gedanken kontrollieren
- überschätzen die Gefährlichkeit von Situationen
- wollen immer alles perfekt machen, um vor Kritik sicher zu sein
- glauben, sie seien für alles verantwortlich


Oh, ja, im Moment kann ich mich selbst ganz gut durchschauen...das ändert sich jedoch leider von Minute zu Minute.

Jedenfalls bin ich mir sicher, dass da draussen auf der Datenautobahn jetzt ein paar von euch hektisch mit dem Kopf nicken und sagen: "Eee, das kenn ich! Das bin ja ich!"


EBEN! Deswegen sind wir ja auch alle krank bzw. ein bisschen aus der Bahn gerutscht...

Ich drücke euch alle und danke euch nochmals für dieses Fallnetz, dass mich Akrobatin gestern und heute aufgefangen hat...na ja, bin schon hart aufgeprallt, aber ihr habt Schlimmeres verhindert...


Muschelkalk
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallöchen...

... wollte nur kurz sagen: Hey, das kenne ich! Das bin ja ICH!!!! :wink:

... Ja, ich bin wohl eine Zwanghafte Persönlichkeit :wink:

Aber liebe Muschelkalk, es gelingt mir schon sehr gut, das etwas mit Humor zu nehmen... (kennst du "Monk" :wink: ). Ne, im Ernst, ich schreibe mir jetzt immer auf, wenn ich was leicht zwänglerisches an mir bemerke und versuche dann im Alltag das bewußt NICHT mehr zu machen. Das ist eine ganz interessante Erfahrung, muss ich sagen. :wink:

Vor der PPD und den ZG, habe ich nicht im Entferntesten gedacht, dass ich eine leicht Zwanghafte Persönlichkeit bin. Nun gut, ich bins.... :oops: aber ich kann es schon gut in mein Leben "lassen" und wie gesagt, versuche daran zu arbeiten!

Vielen Dank für den Denkanstoss und liebe Grüße!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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