Welche Erwartungen an Medis?

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Bommel

Welche Erwartungen an Medis?

Beitrag von Bommel »

Hallo zusammen,

ich bin grad mal wieder verwirrt: Gerade im letzten Thread stand ja wieder, dass die Depression "in Wellen kommt", es einem also phasenweise schlechter geht. Trotz Medikamente? Aber ich dachte, die sind doch da, damit sowas nicht passiert?! Habe ich da zu hohe Erwartungen an die Medis?

Mir geht es phasenweise auch nicht so gut und dann überlege ich immer, ob vielleicht doch noch was an meiner Medikamentierung geändert werden muss. Es gehört natürlich schon zu einem normalen Leben, dass man manchmal einen schlechten Tag hat. Aber ich fühle mich dann oft so furchtbar traurig...

Bald beginnt auch meine Therapie (Analyse), und natürlich wird dort auch einiges aufgearbeitet. Aber ich bin wie gesagt immer verwirrt, was für Erwartungen genau ich an die Medikamente, und was für welche ich an die Therapie haben kann/darf.

Vielleicht können mich ja die "alten Hasen" ;) hier im Forum aufklären! Wäre seeeeehr dankbar dafür :)

Liebe Grüße von
Bommel
Bommelchen

Beitrag von Bommelchen »

Hallo Bommel,

also, ich kann Dir nur aus meiner Erfahrung berichten: Als ich mit Trevilor begonnen habe, bin ich relativ schnell aus meinem schwarzen Loch herausgekommen. Irgendwann ging es dann jedoch auch mal wieder ein wenig bergab. Und danach wieder bergauf. Die schlechten Phasen wurden mit der Zeit immer kürzer und immer weniger, und irgendwann war ich nur noch "oben", und es gab keine Talfahrten mehr.

Ich hatte 2008 meine erste Depression. Damals war es so, dass ich etwa zwei Wochen, nachdem ich mit dem AD begonnen hatte, nach oben "geschossen" bin, und es kamen keine Abstürze mehr. Das ist wohl aber eher die Ausnahme. Die Regel ist, dass es anfangs trotz AD immer mal wieder Einbrüche geben kann.

LG Bommelchen
tasi

Beitrag von tasi »

hallöchen..

ein antidepressivum ist kein zaubermittel.. es ist eine unterstützung!! eine sehr große..
ohne AD wäre es bedeutend schwieriger eine depression erfolgreich zu therapieren..
es ist also ganz normal, dass es einem auch mal wieder etwas schlechter geht.. deshalb ist es wichtig begleitend auch eine psychotherapie zu machen und alles was einem sonst noch gut tut.. es dauert meistens seine zeit.. denn die genesung ist ein langsamer prozess..
natürlich kann es auch sein, dass man mal nicht auf ein AD anspricht und ein anderes probieren muss.. oder die dosierung ändern muss.. aber man sollte dem ganzen, denke ich, etwas zeit geben..
aber du wirst es schaffen.. denn du hast ja schon genau die richtigen ansätze.. ein antidepressivum UND eine psychotherapie, die ja bald beginnt..
und übrigens.. auch menschen ohne depression geht es immer mal schlecht.. also.. man darf auch wenn man gesund ist mal schlecht drauf sein.. ;) ist natürlich was anderes als dieses richtig schlecht.. angst, ZG.. usw.. aber du weißt sicher was ich meine.. :)

also - es wird wieder aufwärts gehen :)

liebste grüße
tasi
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Bommel,

es ist wirklich so, dass gerade am Anfang Tiefs trotz AD kommen können. Aber diese sollten dann immer kürzer und weniger werden, bis keine mehr kommen. Denn das AD reguliert den Botenstoffwechsel - das ist die eine Seite. Erlernte negative Verhaltensweisen aber kann es nicht auslöschen, das muss die Therapie übernehmen. Daher sind diese BEIDEN FATKOREN ZUSAMMEN so wichtig und gleichzeitig so effektiv. Und deswegen macht das AD alleine meist auch nicht stabil, weil es eine Seite übernimmt, die 2. aber in der Therapie gelöst werden muss und das dauert eben auch.

Natürlich sind Dosisanpassungen oft nötig. Daher meine Frage: Wie lange nimmst du dein AD schon und was nimmst in welcher Dosis? Hast du das Gefühl dass deine "Tiefs" milder und weniger lange dauern? Wenn ja, dann stimmt der Trend, wenn nein wäre evlt. an der Dosis was zu machen. Und Therapie - wie siehts damit aus? Sorry, hab grad deine Geschichte nicht mehr im Kopf.

Zum Vergleich: Ich mußte mein AD damals 3 x erhöhen, bis ich merkte - das ist der gewünschte Effekt - gerade was meine ZG anging. Aber es vergingen nochmal 1,5 Jahre mit Therapie, bis ich wirklich keine Tiefs mehr hatte. Ich setzte dann mein AD langsam ab und war sogar 9 Monate ohne stabil. Dann kam leider ein Rückfall - aber hier half mir diesmal das AD alleine - ich war innerhalb von 3 Wochen wieder völlig stabil und hatte bisher keinerlei Tiefs mehr. Das ist der Unterschied: Bei der ersten Erkrankung hatte ich noch keine Therapie gemacht, daher dauerte es auch mit AD länger, ums stabil zu werden. Beim 2. Mal war ich schon in der Therapie, hatte als diesen Teil schon intus - nur mein Botenstoffwechsel kann sich ohne AD (trotz Therapie) nicht mehr von alleine regulieren. Daher hat mich aber dann das AD sofort wieder stabil gemacht, weil nur dieser Teil (das AD) gefehlt hatte. Meine Depressin wäre immer wieder kehrend, wenn ich kein AD nehme. Allerdings brauch ich nur noch eine kleine Dosis, von ehemals 3 Medis in Höchstdosis. Das ist ein großer Erfolg - dank Therapie.

Das war jetzt viel von mir, aber ich wollte dir anschaulich machen, warum es anfangs zu Tiefs kommt trotz AD und später wie z.B. bei mir, das AD alleine einen völlig stabil halten kann. Das heißt jetzt aber nicht, dass du auch für immer ein AD brauchst - das war nur meine Geschichte um es verständlicher zu machen.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Bommel

Beitrag von Bommel »

Vielen lieben Dank für Eure Antworten, so langsam sehe ich klarer. Ich war nach der ersten Gesengsphase so euphorisch, dass ich die ADs tatsächlich als ein Wundermittel gesehen habe. Schade eigentlich..;)

Ich habe über diese Tiefs nachgedacht und es stimmt, dass ich keine der für mich typischen Anzeichen der Depression habe. Also ich bin weder verwirrt, noch habe ich diese extremen Konzentrationsstörungen. Ich bin einfach furchtbar traurig. Das ist dann wohl die Therapie-Seite, die es noch zu bearbeiten gibt. Ahhh, muss man da wirklich durch!!!??!!?

@Marika: Ich habe zur Zeit auch drei Medis: Venlafaxin, Seroquel und Zyprexa. Diese Kombi nehme ich aber erst wieder seit knapp zwei Wochen weil der Psychiater vorher das Zyprexa ausschleichen wollte - das ging daneben und ich hatte einen leichten Rückfall. Und zwei Wochen sind vermutlich wirklich zu wenig, um stabil zu sein. Ich erwarte, galub' ich, wirklich Wunder von diesen Pillen :oops: Eine analytische Therapie werde ich demnächst beginnen, nachdem eine VT mich zwar sehr weit gebracht hat, bestimmte "Knoten" aber nicht lösen konnte.

Liebe Grüße von
Bommel
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