Nach langer Zeit wieder zurück

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Sheego

Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Sheego »

Hallo Ihr Lieben,

ich stelle mich einmal kurz vor:

Im Juni 2005 bin ich nach der Geburt meines Sohnes an schweren PPD erkrankt. Durch Marika bin ich damals auf dieser Seite gelandet und habe mir hier durch die Ärzteliste professionelle Hilfe geholt. Es folgten eine 2jährige Therapie und Einnahme von Antidepressiva. Ich bin damals durch die Hölle gegangen, so wie viele hier. Ich konnte meinen Sohn damals lange nicht annehmen, wollte einfach nur noch mein altes Leben zurück. Neben den Depressionen bestand ich aus Panikattacken, Hoffnungslosigkeit, Traurigkeit bis hin zu den Gedanken, nicht mehr leben zu wollen, allerdings ohne konkrete Suizidgedanken.

Damals stand mir zum Glück meine Mutter rund um die Uhr bei. Um es nicht zu lang werden zu lassen: irgendwann war mein Leidensweg vorbei. Dank Therapie und Antidepressiva. Meine Therapeutin sagte damals zu mir, wenn ich es da raus geschafft habe, wird es zukünftig nichts mehr geben, was ich nicht schaffen würde. Das hat sich bewahrheitet. Zu dem damaligen Zeitpunkt ging leider auch meine Ehe kaputt, was die Situation nicht gerade einfacher machte. Vor zwei Jahren hatte ich die Kraft, die Ehe zu beenden. Heute, zwei Jahre später, bin ich rundum glücklich. Mein ganzes Leben hat sich seitdem zum Positiven geändert. Ich habe von Minijob auf Vollzeitarbeit durchgestartet. Habe meinen absoluten Traumjob gefunden. Habe zwei tolle Kinder (mein Großer ist 21). Und ich habe mittlerweile die Liebe meines Lebens gefunden. Im April wird geheiratet. :lol:

Ich werde zwar wohl noch viele Jahre Antidepressiva nehmen müssen, denn ganz ohne geht es nicht, da mein Serotonin- und Noradrenalin-Haushalt nicht richtig funktioniert, aber das stört mich in keinster Weise. Ich habe all die Jahre schon verschiedene Antidepressiva genommen und hatte nie mit Nebenwirkungen zu kämpfen. Ich bin unendlich dankbar, dass es solche Medikamente gibt, die mir mittlerweile eine grenzenlos hohe Lebensqualität ermöglichen. Ab und an gibt es auch mal wieder psychische Tiefs aber ich habe keine Angst mehr davor. Sie beherrschen mich nicht mehr. Ich sehe sie mehr als vorübergehendes lästiges Übel und schüttel diese relativ schnell wieder ab. Ich lasse einfach nicht mehr zu, dass sie mich beherrschen. Ich habe gelernt, die Depressionen zu akzeptieren, wenn sie mal wieder auftauchen. Sie gehören zu meinem Leben dazu aber haben keine großen Auswirkungen mehr. Sie haben ihren Schrecken verloren.

Wenn ich die letzten 8 Jahre Revue passieren lasse kann ich sagen, dass die Hölle der PPD von damals mich hat unglaublich stark werden lassen. Ich habe gelernt zu kämpfen in meinem Leben. Ich habe Dinge erreicht, die ich vielleicht ohne diesen Kampfgeist nie geschafft hätte. Und ich habe selbst nach 8 Jahren immer noch den Satz meiner Therapeutin ständig vor Augen: "wenn du das geschafft hast...schaffst du alles im Leben". Chaka. :D

Ich habe mich in letzter Zeit gedanklich viel mit den PPD von damals auseinandergesetzt. Ich kann tatsächlich die Gefühle und Gedanken von damals noch genau abrufen. Ich habe immer mal wieder auf dieser Seite vorbeigeschaut und mitgelesen und tiefes Mitleid empfunden mit denen, die jetzt genau das oder ähnliches durchmachen wie ich früher. Deshalb habe ich mich jetzt hier wieder angemeldet und mir vorgenommen, der Einen oder Anderen von Euch vielleicht Mut machen zu können mit meinen Erfahrungen. Denn eines ist sicher....es mag bei jeder unterschiedlich lange dauern...aber eines Tages wird jede von Euch dort wieder herauskommen!! Soviel ist sicher :D

Kleiner Tipp von mir: ich habe damals, in meiner schlimmsten Zeit einen Kalender geführt in dem ich täglich eingetragen habe, wie es mir geht. Ich hatte die Zahlen 1-10 benutzt. Eins war "mir geht es sehr gut"...10 bedeutete "mir geht es grottenschlecht. Zusätzlich schrieb ich dazu, wann ich Panikattacken etc hatte. Denn.....oftmals ist einem irgendwann in der grenzenlosen Hoffnungslosigkeit gar nicht mehr richtig bewusst, dass man vielleicht einmal einen Tag dazwischen hat, der gar nicht soooo schlecht war. Nach anfänglichen täglichen 10, Panikattacken, 10, 10, 10 kam dann mal nach zwei Wochen eine 6, eine 8, dann vielleicht wieder eine 10 dann wieder drei Tage mal eine 5 und drei Tage keine Panikattacken etc. Dann konnte ich am Sonntag sehen: "Mensch, diese Woche hattest du nur 3 x eine 10 aber 4 x eine 5 und nur 2 x Panikattacken". Das machte mir Mut. Das hatte ich oft unter der Woche gar nicht so wahrgenommen. Und mit den Wochen sah der Kalender irgendwie immer toller von den Zahlen her aus :lol: :lol: ich hatte buchstäblich vor Augen, dass es mir langsam besser ging.

Und ein kleiner Apell von mir an Euch: scheut Euch nicht, Antidepressiva zu nehmen. Habt keine Angst davor. Wir können einfach nur unendlich dankbar sein, dass es diese Medikamente für uns gibt. Nutzt diese Möglichkeit!!

So, nun ist es doch mehr geworden, als ich eigentlich schreiben wollte :roll:

Ich freue mich auf einen regen Austausch mit Euch!

Viele liebe Grüße

Sheego
Inga

Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Inga »

Hallo!
Deine Geschichte muntert mich sehr auf. Ich kämpfe nun schon 15 Monate mit meiner PPD und manchmal habe ich das Gefühl ich schaffe es nicht mehr.
Ein Glück habe ich auch meine Mutter die mir sehr unter die Arme greift. Im Moment geht es mir wieder schlechter, da wir jetzt umziehen und ich glaube ich habe mich damit etwas überfordert.
Wie lange hat bei dir die PPD gedauert? Ich bin auch in Therapie und nehme Cipralex ein. Fühle mich aber immer noch nicht richtig stabil. Es ist einfach hart, wenn die Krankheit so lange geht. Momentan bin ich total angespannt und kämpfe mit innerer Unruhe, aber ich denke das hängt auch viel mit dem Umzug zusammen.
Ich wünsche mir so sehr wieder gesund zu werden, aber manchmal verliere ich die Hoffnung, das es mit mir mal wieder was wird.
Viele Liebe Grüße
Inga
kadisha

Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von kadisha »

Danke für deine Worte!! Sie haben mich echt berührt! Und ich finde es wirklich toll, dass du dich jetzt hier angemeldet hast!

Du schreibst du hast mehrere Antidepressiva genommen. Wie kam es, dass du mehrere versucht hast und wie hast du gemerkt, dass es nicht das richtige AD ist? Welche ADs waren das?

Und woher weißt du, dass dein Serotonin-Haushalt nicht richtig arbeitet? Wurde das irgendwie getestet oder weil es mit dem Absetzen nicht geklappt hat?

Und lieben Gruß aus der Marzipanstadt im Norden :wink:
Sheego

Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Sheego »

@ Inga: Liebe Inga, das Gefühl niemals da wieder herauszukommen war so ziemlich bis zum Schluss mein ständiger Begleiter. Dieses Gefühl ist wohl mit das Schlimmste dabei. Aber JEDER kommt da raus. Zum Glück. Bei mir war der Spuk nach ca. 2 Jahren vorbei. Du siehst also, eine lange Zeit. Allerdings ging es mir nicht die ganzen 2 Jahre gleich schlecht. Das letzte halbe Jahr zeichnete sich schon eine deutliche Besserung ab und ich hatte wieder das Gefühl zu leben und schöpfte endlich Hoffnung. Es wurde dann wirklich von Woche zu Woche besser. Und irgendwann merkt man...upps...ich hatte gar keinen Rückfall mehr. Und dann ist der Spuk vorbei. Da Du mit 15 Monaten auch schon recht lange unterwegs damit bist, denke ich mal, dass Deine Zeit auch mit großen Schritten näher rückt. Auch wenn Du jetzt noch nicht das Gefühl hast. So ein Umzug ist natürlich ein großer Stressfaktor und Stress verschlechtert definitiv das Krankheitsbild etwas. Das ist unter den Umständen "normal". Schön finde ich, dass Du auch Deine Mutter als Unterstützung hast. Das ist soooooo viel Wert. Ich weiß nicht, wie ich das ohne meine Mutter durchgestanden hätte. Kopf hoch Inga....auch wenn Du jetzt noch nicht dran glaubst...Du bist bald durch. Du hast es so lange durchgehalten, den Rest schaffst Du auch noch!! Diejenigen, die wie ich damit schon durch sind, können es Dir alle bestätigen. Wir hatten die gleichen Gedanken. Die gleiche Hoffnungslosigkeit. Das gleiche Gefühl, niemals gesund zu werden. Und bald sitzt Du am PC und machst anderen Mut, die gerade tief drin stecken, weil Du damit durch bist! Ich finde, jede Frau, die das durchmacht wie wir, verdient einen Orden....das auszuhalten zeigt, zu wie viel Kraft und Stärke ein Mensch überhaupt fähig ist :D

@ kadisha: ich hatte zu Beginn der PPD Amitriptyllin bekommen...erst 20 mg...dann bis auf 120 mg rauf. Über ein Jahr lang. Wirkung gleich Null. Dann wurde Citalopram ausprobiert und unterstützend gegen die Schlaflosigkeit zur Nacht Mirtazepin. Das schlug recht gut an. Ich habe es bis Anfang letzten Jahres genommen. Dann habe ich es abgesetzt. Nach 9 Monaten bekam ich wieder mittlere Depressionen, welches aber wohl durch meine Lebensumstände (Trennung und Scheidung) bedingt war. Nach 9-monatiger Pause hat mir die Ärztin dann wieder Citalopram verschrieben. Ich hatte zu dem Zeitpunkt oft Panikattacken. Nachdem ich die Citalopram einige Zeit genommen hatte, steigerten sich meine Panikattacken dahingehend, dass ich sie rund um die Uhr hatte. Plus Depressionen. War ein blödes Gefühl. Ich konnte mich kaum noch auf die Arbeit konzentrieren und jetzt, Anfang Februar, ging ich zu der Ärztin und sagte, dass ich so nicht mehr kann. Sie überwies mich ins Krankenhaus, weil die mich dort auf ein anderes AD einstellen sollten. Ich bin also auf die psychiatrische Abteilung. Mulmiges Gefühl. Dort wurde Citalopram sofort abgesetzt und mir wurde gesagt, dass es dieses Mal nach hinten losging und, obwohl ich es sonst gut vertragen hatte, es dafür verantwortlich war, dass sich meine Panikattacken so verstärkten. Ich bekam dort Venlafaxin, welches speziell auch gegen Ängste und Panik ist. Nach einer Woche merkte ich die Wirkung schon. Alle Beschwerden waren komplett wieder weg. Ich bin nach 5 Tagen wieder aus der Klinik raus. Seit der Einstellung auf Venlafaxin geht es mir wieder richtig gut. Keine Depressionen. Keine Panikattacken. Keine Ängste. Nichts. Die Ärztin im Krankenhaus sagte mir, dass Venlafaxin im Gegensatz zu Citalopram ein Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer sei. Sie sagte, ohne das es jetzt klinisch getestet wurde, dass dieses bei mir gestört sei. Scheint wohl so zu sein, sonst hätte das Venlaxin nicht so perfekt und schnell angeschlagen. :D
Charlotte

Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Charlotte »

Liebe Sheego,

Wie schön zu hören, dass es Dir wieder so gut geht. Deine Geschichte hat mich auch sehr berührt und gibt Hoffnung, dass es früher oder später alle hier schaffen werden. Meine Tochter ist jetzt 4 jahre alt und so lange kömpfe ich jetzt schon, aber es hat lange gedauert, bis ich überhaupt wusste, was ich habe. Es geht furchtbar langsam voran und manchmal denke ich auch, dass ich nie wieder die alte und gelassener und unbeschwerter werde. Aber vielleicht muss man das auch akzeptieren?

Liebe Grüsse und weiterhin alles Gute für Dich,

Charlotte
Charlotte

Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Charlotte »

Noch ein kleiner Nachtrag zum Messen von Serotonin und Noradrenalin: bei mir in der Klinik wurde eine Studie zusammen mit dem Stresszentrum in Trier durchgeführt und ich kam glücklicherweise in die Studie rein. Da wurden die ganzen Stressparameter bestimmt. Eine feine Sache, denn bei mir kam raus, dass ich eben keinen Serotoninmangel habe, sondern wahnsinnig überhöhte Cortisolwerte. Das war auch der Grund, weshalb bei mir die SSRI nicht wirken. Die Ergebnisse helfen auf jeden Fall beim Finden des richtigen Medikamentes. Die Studie heisst Neuropattern, da findet man auch im Internet etwas zu und ich glaube, manche Hausärzte führen diese auch durch. Richtet sich zwar mehr an die Burnout-Leute, aber letztlich ist das ja auch eine Form der Depression.

Liebe Grüsse

Charlotte
Sheego

Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Sheego »

Hallo Charlotte,

wenn Du sagst, Du wusstest erst sehr spät, was Du hattest, dann gehe ich davon aus, dass Du auch relativ spät erst mit entsprechenden Dingen wie Therapie und/oder Medis anfangen konntest, oder? Dann verzögert sich natürlich alles etwas nach hinten. Glaub mir, Du wirst wieder unbeschwert werden. Definitiv. Es ist ein langer und zermürbender Weg. Ich weiß. Aber mit jedem Tag der vergeht, bist Du einen Tag näher daran, dass der Spuk vorbei ist. :D Ich würde Euch am liebsten alle in den Arm nehmen und Euch versichern, dass Ihr es bald geschafft habt. Ich weiß so sehr, wie Ihr Euch fühlt. Was genau machst Du denn dagegen? Therapie? AD´s? Schaffst Du es, mit Deiner Tochter viel zu unternehmen oder bist Du eher motivationslos?

Lieben Gruß

Sheego
Sheego

Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Sheego »

zu Deinem Nachtrag Charlotte: ich überlege darauf hin gerade...bei mir hatten die im Krankenhaus bei der Aufnahme ja Blut abgenommen. Vielleicht haben die dann automatisch solche Parameter nachgeschaut? Könnte natürlich sein, wenn die Ärztin letztendlich zu mir sagt, dass das momentan bei mir nicht in Ordnung ist. Habe ich gar nicht nach gefragt...ich war einfach nur froh, dass es mir wieder gut ging :lol:
Charlotte

Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Charlotte »

Vielen Dank für die mutmachenden und lieben Worte, ich glaub, das brauche ich heute. Ich war zweieinhalb Jahre nach der geburt meiner Tochter für 10 Wochen in einer Klinik und das war der Durchbruch für mich. Danach sind wir in die Schweiz gezogen und ich musste mir erst einen Therapeuten suchen, aber hier sind zum Glück die Wartezeiten nicht so schlimm und so fand ich schon bald einen. Er ist nicht so gut wie meine Therapeutin in der Klinik, aber er hat dann nocheinmal andere Aspekte bei mir gefunden. In der Klinik wurde mir aufgrund meines Cortsolüberschusses Trimipramin verschrieben und das hilft wunderbar. Ich brauche nicht viel davon, aber es fährt mich ein bisschen runter und macht mich ruhiger. Und ich schlafe meistens wieder ganz gut. Allerdings kämpfe ich auch mit einigen Extrakilos. War immer total der Hungerhaken, aber das bin ich nicht mehr, seitdem ich dieses Medikament nehme. Ist nicht toll, aber diese Nebenwirkung nehme ich trotzdem gerne in Kauf umd ist besser als die Depression. Im Moment fühle ich mich in der Tat etwas antriebslos, aber ich versuche trotzdem ein Minimalprogramm mit meiner Tochter zu fahren, auch wenn es schwer fällt. Zudem habe ich momentan draussen immer wieder Panikattacken und zuhause fühle ich mich einfach am sichersten. Das ist schon blöd. Aber es gab auch schon andere Momente und insgesamt geht es mir ja auch schon besser. Und Du glaubst nicht, wie froh ich nach zweieinhalb Jahren war, als ich endlich wusste, was mit mir eigentlich nicht stimmte. Ich habe ja bis dahin gedacht, ich hätte irgendeine schlimme körperliche Krankheit.

Viele liebe Grüsse

Charlotte
Sheego

Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Sheego »

Ja, die lieben Extrakilos. Ich habe damals durch die AD´s 20 kg zugenommen :shock: :shock: :shock: Aber wie bei Dir war mir das damals relativ egal, Hauptsache mir ging es besser. Im letzten Jahr hatte ich mich bei Weigh Watchers online angemeldet und habe schon 13 kg wieder runter :D :D Hast Du denn die Möglichkeit, Dir Freundinnen mit Kindern nach Hause einzuladen? Geht Deine Tochter in den Kindergarten? Ich kann die Erleichterung gut nachvollziehen, als Du erfahren hast, was mit Dir los war. Als mein Großer vor 21 Jahren geboren wurde, hatte ich auch schon leichte bis mittlere PPD. Nur wusste ich das damals nicht. Ich hatte noch nie davon gehört. Ich war traurig, konnte mich über das Kind nicht freuen, Ängste, viel geweint. Auch fast zwei Jahre lang. Ohne Hilfe, weil ich mir keinen Rat wusste. Mein Frauenarzt meinte immer, ich solle mich nicht so anstellen und etwas Schönes mit dem Kind unternehmen. Tolle Nummer. Letztendlich bin ich dann bei einem anderen Frauenarzt gelandet, der in seiner Mittagspause noch psychologische Sprechstunden abhielt. Ich bin dann da hin in der Hoffnung auf Hilfe. Er gab mir Spritzen zur Unterstützung der Psyche und ich bekam Gesprächstherapie bei ihm. 1 x die Woche in seiner Mittagspause, wie gesagt. Bei der dritten Therapiestunde passierte dann folgendes: er fragte mich etwas und ich gab eine längere Antwort. Ich hatte nach unten geschaut. Als ich keine Gegenantwort bekam und nur ein komisches Geräusch hörte, schaute ich hoch. Und dann das: er saß auf seinem Stuhl und SCHNARCHTE!! Er war EINGESCHLAFEN!! :shock: :shock: :evil: Ich erzähl mir dort ein Wolf und weiß weder ein noch aus vor PPD und Verzweiflung und der Typ schläft ein. Damals war ich entsetzt und bin natürlich nie wieder hin. Heute kann ich mich wechlachen darüber :lol: :lol: :lol: Irgendwann, so nach 2 Jahren, wurde es langsam von selbst besser. Hätte ich damals schon gewusst, was mit mir los war, hätte ich mir entsprechende Hilfe geholt und mein Leidensweg wäre sicher kürzer gewesen. Vor 8 Jahren hat mich dann die PPD wieder erwischt. Aber dieses mal richtig schlimm. Kein Vergleich zum vorigen mal. Aber da hatte ich das Glück, im Vorfeld schon einmal etwas darüber gelesen zu haben
Charlotte

Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Charlotte »

Das mit dem eingeschlafenden Frauenarzt ist ja echt der Hammer, aber schön, dass dann wenigstens einer entspannt war :wink: . Da wäre ich auch nicht mehr hingegangen! Als es mir ganz ganz schlecht ging und ich das dann meinem Frauenarzt gesagt habe, hat er mir auch gesagt, dass ich mich zusammenreissen solle, das wäre manchmal das beste. Da bin ich dann auch nicht mehr hingegangen, denn genau wegen diesem ewigen Sich-Zusammenreissens ging es mir ja von Woche zu Woche schlechter. Das ist echt traurig, wie unsensibel und wenig aufgeklärt manche Frauenärzte, aber auch andere Ärzte sind. Bei mir war es letzten Endes die HNO-Ärztin, die sich dafür stark gemacht hat, dass ich ganz schnell in die Klinik kam. Und ich war gleichzeitig schon bei einem Psychologen und Psychiater gewesen :oops: . Und ich denke, das Thema PPD müsste in jedem Geburtsvorbereitungskurs angesprochen werden. Ich hatte ganz tolle Hebammen, aber mit dieser Krankheit kannten sie sich auch nicht aus.

Meine Kleine geht hier von Montags bis Donnerstags ein paar Stunden in die Krippe, der staatliche Kindergarten beginnt für sie erst im Sommer. Das verschafft mir ein paar Freiheiten und ich kann einfach mal durchatmen, denn unsere Familien wohnen weit weg und da hab ich keine Unterstützung. Aber so ist es gut und der Kleinen tut das auch ganz gut. Ansonsten habe ich schon ein paar Freundinnen, mit denen ich mich regelmässig treffe. Eine weiss auch Bescheid, das ist also kein Problem und ich weiss auch, dass sie jederzeit einspringen würde, wenn ich sie brauche. Ich versuche schon, offen mit der Krankheit umzugehen, das hilft mir sehr. Aber bei noch relativ neuen Freundschaften bin ich noch etwas zurückhaltend, das kommt dann vielleicht mit der Zeit.

Weight watchers ist eine gute Idee, vielleicht sollte ich das auch einmal in Angriff nehmen. Vorerst habe ich mir abends ein Süssigkeitenverbot erteilt :D .

Viele Grüsse und ganz lieben Dank (Du hast mir heute den Tag gerettet, war so depri heute morgen und jetzt geht es schon besser :D ),

Charlotte
Sheego

Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Sheego »

Ohh...das freut mich sehr, wenn ich etwas zu einer besseren Stimmung beitragen konnte :D :D :D

Das finde ich eine sehr gute Idee von Dir, dass dieses Thema schon während der Schwangerschaft bei den werdenden Müttern angesprochen werden sollte. Es ist noch viel zu sehr Tabu-Thema. Ich bin da gleich ganz offen mit umgegangen. Ich war da völlig schmerzfrei :lol: Ich habe jedem erzählt, der mich fragte wie es mir geht, egal ob Verwandtschaft, Freunde oder irgendwelche Nachbarn: "mir geht es total schlecht. Ich habe schwere Wochenbettdepressionen." Egal ob die Leute das hören wollten oder nicht. Ohne Rücksicht auf Verluste :D Die Leute waren total erstaunt, wie offen ich damit umgegangen bin. Viele sagten auch zu mir, dass sie sich darüber wundern, dass ich so frei heraus erzähle, weil doch Depressionen so ein Tabu-Thema sind. Normalerweise will man doch gar nicht, dass andere das wissen. Doch...ich wollte das! Ich wollte mich nicht verstellen wenn mich jemand gefragt hat. Depressionen war und ist für mich absolut kein Tabu-Thema. Es ist eine Krankheit wie jede andere auch. Punkt. Da gibt es nichts zu verheimlichen. Mir hat diese Offenheit viel Verständnis eingebracht. Und Rücksichtnahme. Und Unterstützung. Klar geht da jeder anders mit um, aber es war eine Art Befreiungsschlag für mich :D

Schade, dass Deine Familie so weit entfernt lebt. Aber schön, dass Du Freundinnen hast. Die sind soooo wichtig. Wenn Deine kleine Maus ab Sommer täglich in die Kita kommt, ist dass doch super. Dann hast Du Zeit für Dich. Das wird Dir mit Sicherheit gut tun. Und Deine Kleine hat reichlich Spielkameraden. :D :D Als mein Sohn mit 4 Jahren für 4 Stunden täglich in die Kita ging, war das eine riesige Erleichterung für mich. Ich konnte zwischendurch mal aufatmen. Endlich mal Dinge ohne Kind tun. Shoppen...relaxen...ohne Stress in die Badewanne....usw. Ich habe es sehr genossen. Vielleicht wird es auch für Dich ein Wendepunkt. Wo ich gerade "Badewanne" erwähne. Ich weiß noch, wo ich mir früher mein altes Leben ohne meinen Sohn permanent zurückgewünscht habe. Da sagte ich meiner Psychologin heulend, dass ich endlich mal wieder in die Badewanne will ohne das ich nebenbei auf ein Kind achten muss. Das gehörte für mich schon zu den Übeln des Mütterdaseins. Grins. Sie sagte mir, dass sie das nun überhaupt nicht nachvollziehen könne. Ich kann doch auch baden, wenn ein Kind in der Wohnung anwesend ist. Nee, das was etwas anderes als ohne Kind. Lach wech...damals war das so. Da war ich überzeugt, dass es einem Weltuntergang glich. Heute bade ich wieder mit Vorliebe trotz der Anwesenheit eines 8-jährigen. :P Da kann man mal sehen, wie verquer man denkt, wenn es einem schlecht geht.

Ich hoffe, Deine bessere Stimmung hält den Abend über an :D :D :D
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Marika
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Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Marika »

Hallo zusammen!

Vielen Dank für deinen tollen Beitrag Sheego!!!! Ich kann mich dem 100 % anschließen. Und wir habe haben viel gemeinsam: vor 8 Jahren die PPD, einmal komplett abgesetzt und nach 9 Monaten einen Rückfall, jetzt mit dem AD aber völlig stabil und so als wäre nie was gewesen. Nur dass ich Cipralex nehme - aber genau eben auch diese super Lebensqualität dadurch bekommen habe. Natürlich hatte auch die Therapie einen sehr, sehr wichtigen Anteil daran. Auch gleich ist, dass ich meine kleine AD-Dosis wohl für immer nehmen muss, damit mein Botenstoffwechsel stabil bleibt.

Interessant finde ich auch diese Studie, von der du schreibst Charlotte. Hoffentlich etabliert sich das noch mehr, damit könnte man wirklich viel schneller und gezielter mit dem richtigen AD helfen.

Toll, dass du da bist, Sheego!!!! :D
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Sheego

Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Sheego »

Hallo Marika,

vielen lieben Dank! :D

Ich freue mich sehr, hier zu sein. Es kommt einen irgendwie in gewisser Weise familiär vor. Obwohl man sich privat nicht kennt, liegt man einander sehr am Herzen. Es tut gut, so eine Gemeinschaft haben. Auch wenn es mir heute gut geht finde ich es sehr schön hier. Ich sag ja....dieses Thema begleitet einen wohl ein Leben lang. Wenn auch jetzt nicht mehr in negativer Hinsicht sondern in positiver. Ich hätte damals NIE gedacht, dass die PPD und die Hölle, durch die ich ging, einmal etwas Gutes haben werden. Doch dadurch bin ich, wie ich schon geschrieben haben, sehr stark geworden. Ich fühle mich so ziemlich jedem Kampf im Leben gewappnet. Ich bin unglaublich gestärkt daraus hervorgegangen. :D

Ja, wir haben wirklich viel gemeinsam :D Es ist total schön, Dich noch aus "alter Zeit" hier zu treffen. Und zu sehen, dass sich auch Dein Leben so sehr zum Positiven verändert hat. :D :D

So lieb wie ich hier aufgenommen werde, kommt es mir glatt so vor, als wäre ich "nach Hause" gekommen :D :D :D
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Re: Nach langer Zeit wieder zurück

Beitrag von Marika »

Ja, genau so fühlt es sich für mich auch an. Dass ich einmal so viel Stärke durch eine so schreckliche Erkrankung bekommen kann, war undenkbar vor 8 Jahren.

Ich fühle mich hier auch wie Daheim mittlerweile. Sonst bin ich nirgends zu finden im WWW, aber hier bin ich täglich. Schön, dass unsere Familie hier nun durch dich wieder ein Stückchen gewachsen ist! :D
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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